# taz.de -- Kollateralschaden in der Kunst: Auf und hinter der Bühne > Klaus Dörr ist als Intendant der Volksbühne Berlin zurückgetreten. Die > Kunst kann ein Haus nicht vor dem Fehlverhalten im Betrieb schützen. (IMG) Bild: Szene aus der Inszenierung der „Metamorphosen“ von Claudia Bauer an der Volksbühne Dass Klaus Dörr, der Interimsintendant der Volksbühne, wenige Tage, nachdem die [1][taz Vorwürfe der Übergriffigkeit] gegen ihn in der Wochenendausgabe erhoben hatte, [2][zurücktrat,] bringt auch Erleichterung. Die Volksbühne ist seit der Berufung von Chris Dercon als Intendant und seinem Rücktritt 2018 nach wenigen Monaten, in denen er sein Konzept gegen den öffentlichen Gegenwind nicht erfolgreich verteidigen konnte, ein gebeuteltes Theater. Es ist gut, dass ihr nun keine längere Hängepartie bevorsteht. Auch der Berliner Kultursenator Klaus Lederer, an dessen Haus die Untersuchung der Vorwürfe noch nicht abgeschlossen ist, gewinnt mit dieser schnellen Entscheidung. Von männlicher Macht, sexualisierter Gewalt und Übergriffigkeit erzählte an der Volksbühne eines der wenigen Stücke, die im Februar als Premiere online herauskamen, [3][die „Metamorphosen“ nach Ovid von der Regisseurin Claudia Bauer]. Während der Text mit großer Emphathie von der Jagd der Götter auf junge Frauen und Nymphen berichtete, die sich eben nur mit einer Verwandlung in Pflanzen oder Tiere retten konnten, sah man auf der Bildebene eher Szenen aus einem Arbeitsalltag, von männlichen Chefs und weiblichen Untergebenen, die bedrängt wurden. ## Schlechtes Betriebsklima, überall Ein Machtspiel zwischen den Geschlechtern und der Machtmissbrauch, sei er göttlich und menschlich, war in vielen Szenen gegenwärtig. Sozusagen ein schlechtes Betriebsklima, überall. Es geht jetzt nicht darum, die Inszenierung rückblickend zu einem Kommentar zum Arbeitsklima an der Berliner Volksbühne selbst hochzustilisieren. Das Stück sprach viel allgemeiner über gesellschaftliche Verhältnisse. Vielmehr kann diese Koinzidenz davon erzählen, dass der kritische Blick, den die Künstler:innen am Theater auf Gegenwart und Geschichte werfen, die Institution Theater und seine Betriebsstrukturen nicht vor Machtmissbrauch und Verfehlungen am eigenen Haus schützt. Das nagt an der Glaubwürdigkeit der Kunst, ein Kollateralschaden neben den realen Verletzungen. Das ist jetzt keine sehr originelle Erkenntnis. Sie auszusprechen ist aber doch ein Bedürfnis in dem Moment, in dem der konkrete MeToo-Fall an der Volksbühne ein düsteres Schlaglicht auf die ganze Branche des Theaters wirft. 16 Mar 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Vorwuerfe-gegen-Berliner-Intendanten/!5757744 (DIR) [2] /MeToo-an-der-Berliner-Volksbuehne/!5758018 (DIR) [3] /Theaterstueck-nach-Ovid/!5746966 ## AUTOREN (DIR) Katrin Bettina Müller ## TAGS (DIR) Schwerpunkt #metoo (DIR) Berliner Volksbühne (DIR) Intendant (DIR) Rücktritt (DIR) Kulturpolitik (DIR) Inszenierung (DIR) Armin Petras (DIR) Justiz (DIR) taz Plan (DIR) René Pollesch (DIR) Schwerpunkt #metoo (DIR) Schwerpunkt #metoo (DIR) Schwerpunkt #metoo (DIR) Anklage ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Rassismus-Skandal am Theater Düsseldorf: Schinder auf der Bühne Schauspieler Ron Iyamu wirft dem Schauspielhaus Düsseldorf Rassismus vor. Die Debatte über seine Diskriminierung zieht weite Kreise. (DIR) Gerichtsreportagen von Gabriele Tergit: Ein Stoß ins Herz Unlängst wurde ihr Roman „Effingers“ wiederentdeckt. Nun lohnen die Gerichtsreportagen von Gabriele Tergit die Lektüre. (DIR) Theatertips der Woche: Feuchtgebiet Berlin In Berlin: mattheäi & konsorten auf barocken Spuren, Lucia Bihler inszeniert die „Iphigenie“. In München: Die Kammerspiele afrofuturistisch. (DIR) #MeToo an der Berliner Volksbühne: Drei Männer, eine Debatte Intendant Dörr zog schnell die Konsequenz aus den Vorwürfen. Aber auch sein Nachfolger und der Kultursenator profitieren von einer leisen Aufklärung. (DIR) Nach dem #MeToo-Fall an der Volksbühne: Dämmerung der Patriarchen Wird jetzt über neue Leitungsstrukturen an den Theatern nachgedacht? Auf jeden Fall hat das bisherige Modell des allmächtigen Intendanten ausgedient. (DIR) MeToo an der Berliner Volksbühne: Das Schweigen ist vorbei Die Enthüllungen über den Machtmissbrauch Dörrs sind auch infolge von MeToo möglich geworden. Gemeinsam zu handeln macht die Betroffenen stark. (DIR) #MeToo in der griechischen Theaterszene: „Wir haben ein Gewicht“ Einem Intendanten wird Vergewaltigung vorgeworfen. Schauspielerin Antriana Andreovits und Regisseur Prodromos Tsinikoris über #MeToo in Griechenland. (DIR) Vorwurf der Vergewaltigung: Anklage gegen Dieter Wedel Der Regisseur Dieter Wedel muss sich bald vor Gericht verantworten. 1996 soll der heute 80-Jährige eine Schauspielerin vergewaltigt haben.