# taz.de -- Reaktionen auf #allesdichtmachen: Schauspieler in die Notaufnahme
       
       > Während sich einige Schauspieler*innen von ihren Videos distanzieren,
       > schwurbeln andere Rechtfertigungen. Im Netz nimmt die Kritik weiter zu.
       
 (IMG) Bild: Ärztin Carola Holzner empfiehlt den Schauspieler*innen mal 'ne Schicht im Rettungsdienst
       
       BERLIN/ESSEN epd/dpa/afp | In der Debatte um die [1][Internetaktion
       #allesdichtmachen] wird die Kritik an den prominenten Teilnehmern immer
       lauter. Unter #allemalneschichtmachen kritisierten zahlreiche Nutzer im
       Netz die Aktion als zynisch und nicht konstruktiv. Die Notärztin und
       Bloggerin Carola Holzner – im Netz bekannt als „Doc Caro“ – rief die an der
       Aktion beteiligten Künstler dazu auf, mal für eine Schicht im
       Rettungsdienst oder auf einer Intensivstation mitzuarbeiten.
       
       „Ihr habt eine Grenze überschritten“, sagte Holzner, Leitende Oberärztin am
       Universitätsklinikum Essen, zur Aktion #allesdichtmachen am Samstagabend in
       einem Instagram-Video. „Und zwar eine Schmerzgrenze all jener, die seit
       über einem Jahr alles tun.“
       
       Kritik kommt auch von Menschen, die selbst Satire machen und die Aktion,
       die häufig als Satire verteidigt wird, nicht als solche sehen: es sei
       „immer besser, die Komödie erst dann zu machen, wenn die Tragödie hinter
       einem liegt“, sagt Schriftsteller Thomas Brussig. Eine Mauerkomödie zu
       machen, solange die Mauer steht, sei „heikel, danach kann man es machen“,
       so Brussig, der unter anderem mit dem satirischen Roman „Helden wie wir“
       über den Fall der Berliner Mauer bekanntgeworden ist: „Mit Corona ist es
       ähnlich.“
       
       Brussig sagt weiter: „Ich glaube, es war als Satire gemeint und geplant, es
       ging dann aber in die Hose“. Er sei zugleich froh, dass es noch keine
       vergleichbare Aktion von Schriftstellern gegeben habe, betonte der Autor:
       „Das wäre vermutlich noch peinlicher geworden.“
       
       ## Brüggemann macht weiter
       
       Dem Fernsehregisseur Dietrich Brüggemann scheint hingegen nichts peinlich.
       Dieser hat die umstrittene Video-Aktion #allesdichtmachen gerechtfertigt,
       aber auch Verständnis für die Kritik geäußert. Die Aktion sei
       missverstanden worden, womit er aber auch gerechnet habe, sagte Brüggemann
       am Wochenende zu „ntv.de“. „Unser Land ist momentan so zwiegespalten, dass
       die Aktion von einem Teil der Leute überhaupt nicht verstanden werden kann.
       Sie fühlen sich davon ungeheuer vor den Kopf gestoßen, ins Gesicht
       geschlagen und so weiter.“
       
       Brüggemann verwies darauf, dass es neben viel Kritik auch Zuspruch gebe.
       „Die E-Mail-Adresse der Seite wird überschüttet mit Nachrichten, 98 Prozent
       davon sagen ‚Danke‘“, sagte Brüggemann, der bei vielen ARD-„Tatorten“ Regie
       führte. Er kritisierte den Umgang mit dem Coronavirus in Deutschland
       grundsätzlich. „Das, was wir mit Corona machen, können wir mit allem
       machen“, sagte er. „Wir können den Autoverkehr komplett einstellen, dann
       haben wir keine Verkehrstoten mehr.“ Und „wir könnten alle möglichen
       drakonischen Maßnahmen treffen, damit niemand mehr Krebs kriegt“.
       
       Dem Fernsehregisseur zufolge gebe es „keine großartige Korrelation zwischen
       Maßnahmen und Pandemieverlauf“. „Da kommen immer mehr Studien, die sagen,
       Lockdown bringt wenig bis gar nichts.“ In der Presse stehe wenig davon.
       „Aber wenn man ein paar internationalen Wissenschaftlern auf Twitter folgt,
       dann sieht man da schon einiges. Wenn man das in Deutschland sagt, wird man
       wieder gleich als Querdenker beschimpft.“
       
       ## Ulrich Matthes ist „einigermaßen fassungslos“
       
       Die Protest-Aktion hatte am Freitag vielfach Empörung ausgelöst. Den
       Beteiligten wurden unter anderem fehlende Empathie und Zynismus
       vorgeworfen. An der Kampagne hatten sich mehr als 50 Schauspieler und
       Schauspielerinnen beteiligt, darunter Jan Josef Liefers, Heike Makatsch und
       Meret Becker. Zuspruch erhielt die Aktion aus dem rechten Lager, von
       AfD-Politikern und aus der „Querdenker“-Szene. Einige Künstlerinnen und
       Künstler distanzierten sich inzwischen von der Aktion und löschten ihre
       Beiträge.
       
       Der Präsident der Deutschen Filmakademie, Schauspieler Ulrich Matthes,
       sagte, er sei nach Bekanntwerden der Kampagne „einigermaßen fassungslos“
       gewesen: „Ich empfinde sie nur als zynisch.“ Manche der Beiträge seien
       „absoluter Querdenker-Szene-Jargon“. Dass danach Applaus aus dieser
       Richtung komme, „das liegt auf der Hand“. Die Beteiligten hätten sich
       deutlichen Gegenwind „mit ihrer Aktion wirklich verdient“, sagte Matthes
       dem NDR.
       
       Die Schauspielerin Ulrike Folkerts erklärte inzwischen auf Instagram, ihre
       Teilnahme an der Aktion sei „ein Fehler“ gewesen. Die als
       Diskussionsbeitrag gedachten Videos seien „vielleicht falsch zu verstehen“.
       
       25 Apr 2021
       
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