# taz.de -- Gespräche zwischen Deutschland und China: Angespannt wie lange nicht
       
       > Am Mittwoch kommen Berlin und Peking virtuell zu Regierungskonsultationen
       > zusammen. Die lange Liste an Streitthemen erschwert das bislang gute
       > Verhältnis.
       
 (IMG) Bild: Chinas Premier Li Keqiang und Bundeskanzlerin Merkel bei einer Videokonferenz im Juni 2020
       
       PEKING/BERLIN dpa | Kanzlerin Angela Merkel und Chinas Premier Li Keqiang
       kommen am Mittwoch gemeinsam mit ihren Ministern virtuell zu
       Regierungskonsultationen zusammen. Die Gespräche werden überschattet von
       Problemen der deutschen Wirtschaft und wachsenden politischen Spannungen.
       Es ist die sechste Auflage der seit 2011 alle zwei Jahre in diesem großen
       Format stattfindenden Gespräche – diesmal gibt es wegen der Pandemie
       erstmals nur eine Videokonferenz. Auch ein direktes Gespräch zwischen
       Merkel und Li Keqiang ist geplant. In Peking kommen ferner
       Unternehmensvertreter zu einem Wirtschaftsforum zusammen.
       
       Im Vorfeld warnte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag,
       Norbert Röttgen (CDU), vor zu viel Vertrauensseligkeit im Umgang mit China.
       „China verfolgt in Deutschland und anderen Teilen der Welt eine
       strategische Softpower-Politik“, sagte er dem Redaktionsnetzwerk
       Deutschland (RND). „Vieles geschieht subtil“, so Röttgen. „Man kriegt einen
       Fuß in die Tür, nimmt Einfluss und schafft bei Bedarf Abhängigkeiten.“ In
       Deutschland werde das Vorgehen wenig wahrgenommen. „Ich finde das naiv. Ich
       empfehle dagegen Realismus.“
       
       Parteienvertreter forderten die Bundesregierung auch auf,
       Menschenrechtsverletzungen in China und dessen jüngste Strafaktionen gegen
       Kritiker in Deutschland und Europa klar anzusprechen.
       
       Die Liste der Streitthemen, die das traditionell gute Verhältnis beider
       Seiten belasten, ist lang:
       
       ## Sanktionen
       
       Zum ersten Mal seit mehr als drei Jahrzehnten hat die Europäische Union im
       März wieder Sanktionen gegen China wegen Verletzungen der Menschenrechte
       verhängt. Die Strafmaßnahmen richten sich gegen Verantwortliche für die
       Unterdrückung der Uiguren. Als Reaktion verhängte Peking noch weitergehende
       Sanktionen gegen deutsche und andere EU-Abgeordnete, Akademiker und auch
       das Mercator-Institut für China-Studien (Merics) in Berlin, was Empörung
       ausgelöst hat.
       
       ## Uiguren
       
       Nach Angaben von Menschenrechtlern sind in Xinjiang Hunderttausende Uiguren
       [1][in Umerziehungslager gesteckt worden]. Peking spricht von
       Fortbildungseinrichtungen. Viele Uiguren werden auch zu Haftstrafen
       verurteilt. China wirft Mitgliedern der muslimischen Minderheit
       Separatismus und Terrorismus vor. In einem Beschluss des britischen
       Parlaments wird der chinesische Umgang mit der muslimischen Minderheit der
       Uiguren als „Völkermord“ eingestuft. Auch im Bundestag wird über die
       völkerrechtliche Bewertung diskutiert.
       
       ## Investitionsabkommen
       
       Ende vergangenen Jahres haben sich China und die EU grundsätzlich auf ein
       [2][Investitionsabkommen] geeinigt, das unter deutscher Führung
       vorangetrieben worden war. Es soll den Zugang zum chinesischen Markt
       verbessern. China verspricht nur vage „nachhaltige Anstrengungen“ zur
       Ratifizierung von zwei Konventionen gegen Zwangsarbeit. Noch ist das
       Abkommen nicht fertig ausgehandelt. Es muss auch vom Europaparlament
       gebilligt werden, wo der Protest gegen Chinas Sanktionen wächst.
       
       ## 5G-Ausbau
       
       Der Bundestag hat vergangene Woche ein neues IT-Sicherheitsgesetz
       verabschiedet, das dem chinesischen Telekomriesen Huawei eine Beteiligung
       am Ausbau des schnellen 5G-Mobilfunknetzes deutlich erschwert. Hintergrund
       ist die Sorge vor Spionage und Sabotage. Der Netzwerkausrüster und Chinas
       Regierung weisen die Vorwürfe zurück.
       
       ## Hongkong
       
       Mit einem Sicherheitsgesetz schränkt Peking die politischen Freiheiten in
       Hongkong ein. Es zielt auf Aktivitäten, die als umstürzlerisch,
       separatistisch, terroristisch oder verschwörerisch eingestuft werden.
       Großbritannien und andere westliche Länder sehen darin einen Bruch der
       völkerrechtlich bindenden Gemeinsamen Erklärung für die Rückgabe Hongkongs
       1997 an China, die Autonomie garantiert.
       
       ## Einreiseprobleme
       
       Die deutsche Wirtschaft beklagt mangelnde Visavergabe, kurzfristige
       Änderungen von Vorschriften und zum Teil unzumutbare Hotels für die
       zweiwöchige Zwangsquarantäne bei der Einreise. Es sei kaum möglich,
       Mitarbeiter für Installation, Reparatur oder Wartung nach China zu
       schicken. Die Hürden sind Umfragen zufolge derzeit das größte Problem der
       in China tätigen deutschen Unternehmen.
       
       ## Journalismus
       
       Die Bundesregierung sorgt sich um [3][verschlechterte Arbeitsbedingungen
       deutscher Korrespondenten in China]. Beide Länder streiten über die
       Zulassung neuer Journalisten. Auch können deutsche Korrespondenten in China
       – anders als Geschäftsleute – nicht einfach ausreisen, weil eine
       Wiedereinreise wegen der Pandemie in der Regel nicht erlaubt wird.
       Infolgedessen verringert sich die Zahl deutscher Journalisten in China.
       
       ## Südchinesisches Meer
       
       China beansprucht den größten Teil des rohstoffreichen Seegebietes, durch
       das wichtige Schifffahrtsstraßen gehen. Das Schiedsgericht in Den Haag hat
       diese Ansprüche bereits 2016 abgewiesen. Peking ignoriert das Urteil jedoch
       und baut dort trotzdem Militäranlagen. Die USA schicken Marineschiffe, um
       für die Freiheit der Schifffahrt einzutreten und ihre Interessen in der
       Region zu wahren. Die Bundesregierung erwägt, in diesem Jahr eine Fregatte
       in das Gebiet zu entsenden.
       
       28 Apr 2021
       
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