# taz.de -- VVN-BdA wieder voll gemeinnützig: „Die Erleichterung ist riesig“ > Der antifaschistischen VVN-BdA wurde 2019 die Gemeinnützigkeit entzogen. > Nun erhält sie diese vollständig wieder zurück. Der Verband jubelt. (IMG) Bild: Ihr Protest hat gewirkt: Anhänger:innen der VVN-BdA bei einer Kundgebung vor dem Bundestag BERLIN taz | Der Vorgang sorgte für [1][breite Empörung]: Ende 2019 entzog das Berliner Finanzamt für Körperschaften der „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten“ (VVN-BdA) die Gemeinnützigkeit. Gedenkstätten, Gewerkschaften, Sozialverbände, jüdische Gemeinden, Grüne, Linke und SPD protestierten. Nun, anderthalb Jahre später, erfolgt die Kehrtwende: Das Finanzamt erkennt die Gemeinnützigkeit vollständig wieder an. Das geht aus einem Schreiben hervor, das die VVN-BdA – 1947 von Holocaustüberlebenden gegründet – am Dienstag von der Behörde erhielt. Der frühere Bescheid vom November 2019 mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit sei aufgehoben, alle Steuernachforderungen seien nichtig, heißt es darin. Die VVN-BdA sei „ab sofort wieder berechtigt, für Mitgliedsbeiträge und Spenden Zuwendungsbestätigungen (…) auszustellen.“ Cornelia Kerth, Vorsitzende der VVN-BdA, reagierte gelöst auf die Nachricht. „Die Erleichterung ist riesig.“ Dass alle Steuernachzahlungen entfielen, sei „großartig“. „Die Entscheidung ist nicht nur für die VVN-BdA, sondern den Antifaschismus im Ganzen von großer Bedeutung. Die jüngste Stigmatisierung hat nun hoffentlich ein Ende.“ ## Schuld war der bayerische Verfassungsschutz Den Entzug der Gemeinnützigkeit hatte das Berliner Finanzamt 2019 mit einer [2][Einstufung des bayerischen Verfassungsschutzes] begründet. Dieser hatte – bundesweit als einziger – nicht nur den Landesverband der VVN-BdA als extremistisch bewertet, sondern auch den Bundesverband. Die Begründung: Der Verband sei die „bundesweit größte linksextremistisch beeinflusste Organisation im Bereich des Antifaschismus“ und kooperiere „mit offenen linksextremistischen Kräften“. Zudem sehe er alle nichtmarxistischen Systeme, also auch die parlamentarische Demokratie, als „potenziell faschistisch“ an, „die es zu bekämpfen gilt“. Für das Berliner Finanzamt folgte nach dieser Einstufung zwingend der Entzug der Gemeinnützigkeit – da laut Abgabenordnung Steuervergünstigungen für verfassungswidrige Organisationen ausgeschlossen sind. Das Amt erklärte den Entzug rückwirkend bis 2016 und verlangte eine Steuernachzahlung im fünfstelligen Bereich. Die VVN-BdA wiederum kritisierte die Einstufung als haltlos und betonte, dass sie eine demokratische, spektrenübergreifende Organisation sei, deren Mitglieder von Christ:innen bis zur DKP reichten. Die jetzige Kehrtwende hatte sich abgezeichnet. Schon im März hatte das Berliner Finanzamt die VVN-BdA zumindest für das Jahr 2019 [3][wieder als gemeinnützig] anerkannt. Verwiesen wurde darauf, dass der bayerische Verfassungsschutz den Bundesverband in seinem aktuellen Jahresbericht nicht mehr als extremistisch aufführte. ## Finanzamt sieht Verfassungsschutz als „widerlegt“ Parallel hatte die VVN-BdA diverse Unterlagen beim Finanzamt eingereicht, die ihre demokratische Haltung bekräftigen sollten. Kerth und ihr Co-Vorsitzender widersprachen auch in eidesstattlichen Erklärungen dem bayerischen Verfassungsschutz: Es gebe von keiner verantwortlichen Persönlichkeit im Verband eine Äußerung, dass die Demokratie und nicht-marxistische Systeme potenziell faschistisch seien und es sie zu bekämpfen gelte. Solch eine Haltung widerspreche den Statuten und dem Wirken der VVN-BdA „diametral“. Die Vereinigung sehe den Einsatz für die Demokratie vielmehr als „eine aus dem antifaschistischen Kampf stammende grundlegende Verpflichtung“. Das Berliner Finanzamt befand nach dieser Erklärung die Einschätzung des bayerischen Verfassungsschutzes und die Bedenken einer verfassungswidrigen Tätigkeit der VVN-BdA „als widerlegt“. Kerth bezeichnet das als wichtigen Erfolg. „Der bayerische Verfassungsschutz stützte seine Stigmatisierung auf keine Tatsachen, sondern auf Wertungen. Dass das in unserem Fall nun offiziell widerlegt ist, hat Signalwirkung.“ Die VVN-BdA hatte nach dem Entzug der Gemeinnützigkeit eine breite Solidarität erfahren. Nach eigenen Auskünften gab es seitdem 2.000 Neueintritte in die Vereinigung, die nun 8.000 Mitglieder zählt. Auch erhielt der Verband zahlreiche Spenden. „Das war sehr ermutigend und hat uns durch die Auseinandersetzung getragen“, sagt Kerth. „Wir können uns nun wieder mit voller Kraft unseren eigentlichen Aufgaben widmen, der Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus und der Erinnerungs- und Friedensarbeit.“ Zu den Forderungen der VVN-BdA gehört nun auch eine Modernisierung des Gemeinnützigkeitsrechts. Gestrichen werden müsse der Passus, dass Organisationen die Gemeinnützigkeit verlören, die in Verfassungsschutzberichten auftauchten. „In einer Demokratie dürfen nicht Geheimdienste über die verfassungsmäßige Bandbreite der gesellschaftlichen Debatte entscheiden“, erklärte der Verband. 28 Apr 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Aberkennung-der-VVN-Gemeinnuetzigkeit/!5645383 (DIR) [2] /VVN-BdA-nicht-mehr-gemeinnuetzig/!5644360 (DIR) [3] /Verband-von-Holocaustueberlebenden/!5761387 ## AUTOREN (DIR) Konrad Litschko ## TAGS (DIR) VVN-BdA (DIR) Gemeinnützigkeit (DIR) Antifaschismus (DIR) Schwerpunkt Antifa (DIR) Shoa (DIR) IG (DIR) Gemeinnützigkeit (DIR) Gemeinnützigkeit (DIR) VVN-BdA (DIR) VVN-BdA (DIR) Gemeinnützigkeit (DIR) Alternative für Deutschland (AfD) (DIR) Schwerpunkt Überwachung (DIR) VVN-BdA (DIR) VVN-BdA (DIR) VVN-BdA ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Attac ohne Gemeinnützigkeit: Angst vor Attac-Schicksal Seit zehn Jahren gilt die NGO Attac nicht mehr als gemeinnützig. Viele Vereine halten sich seitdem politisch zurück – dabei gibt es Lösungsvorschläge. (DIR) Gericht gibt Petitionsplattform recht: Wieder offiziell gemeinnützig Im Rechtsstreit über die Gemeinnützigkeit hat die Petitionsplattform innn.it einen Teilerfolg erzielt. Doch die angekündigte große Reform hakt noch. (DIR) Petition fordert bundesweiten Feiertag: Ein Gedenktag reicht nicht Mit einer Petition fordern 175.000 Unterzeichnende, den 8. Mai als bundesweiten Feiertag einzuführen. Der Bundestag lehnte das zuletzt ab. (DIR) VVN-BdA feiert Geburtstag: „Krieg beendet keine Kriege“ Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes“ wird 75. Ein Gespräch darüber, was der Schwur von Buchenwald für den Krieg in der Ukraine bedeutet. (DIR) Vermeintlicher Linksextremismus: Was ist „geistige Offenheit“? Das Zentrum DemoZ in Ludwigsburg kämpft um den Status der Gemeinnützigkeit. Das Finanzamt hatte dem Verein bescheinigt, zu links zu sein. (DIR) Kritik an Innenministerin Nancy Faeser: Gefährliche Geiferer Das Gegeifer über einen Gastbeitrag von Innenministerin Faeser für ein antifaschistisches Magazin lässt die Brandmauer gegen rechts gefährlich wanken. (DIR) Bank beanstandet Verwendungszweck: Rüge wegen Antifaschismus Ein Kunde der Hannoverschen Sparkasse bekommt böse Post vom Kreditinstitut, weil er eine Überweisung mit antifaschistischen Grüßen versieht. (DIR) Gemeinnützigkeit der VVN-BdA: Ein schlechter Witz Nach langem Hin und Her erhält die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes die Gemeinnützigkeit zurück. Das Verfahren hätte es nicht geben dürfen. (DIR) Verband von Holocaustüberlebenden: VVN-BdA wieder gemeinnützig Dem Verband der Holocaustüberlebenden wurde 2019 die Gemeinnützigkeit entzogen. Nun lenkt das Finanzamt ein. Ganz ausgestanden ist der Streit nicht. (DIR) VVN-BdA nicht mehr gemeinnützig: Der Ärger begann in Bayern Der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wurde die Gemeinnützigkeit entzogen. Wie konnte es so weit kommen? Die Ursache liegt in Bayern.