# taz.de -- Heiligenskulptur in Sachsen-Anhalt: Kaiser Otto und der Schwarze Ritter
       
       > Er ist Schwarz, kommt aus Afrika und wohnt seit 800 Jahren in Magdeburg
       > gegenüber dem Landtag. Mauritius und seine Verehrung sind ein Lichtblick.
       
 (IMG) Bild: Immer für dich da: der Heilige Mauritius
       
       Der Magdeburger Dom mit der Grablege Ottos I. [1][ist das Wahrzeichen der
       Landeshauptstadt]. Zum „Dritten Rom“ wollte der erste Kaiser des Heiligen
       Römischen Reiches seine Lieblingspfalz machen. Geklappt hat es nicht, doch
       eine prächtige Kulisse ist die Kathedrale bis heute. Und so ist der
       Domplatz Versammlungsort vieler politischer Gruppierungen – auf der
       Nordseite der Landtag, im Süden der Dom und zwischendrin viel Platz für
       Protest, natürlich auch für die Aufzüge von AfD-Anhängern und „Patrioten“
       gegen „Asyl-Chaos“, kulturelle „Überfremdung“ und natürlich für die Rettung
       des Abendlandes.
       
       Was den Dom St. Mauritius und Katharina betrifft, kommen sie 800 Jahre zu
       spät. Der Bau wird seit dem Mittelalter von einem Schwarzen beherrscht,
       seine Abbilder finden sich dutzendfach. „Über dreißig
       Mauritiusdarstellungen gibt es im Dom“, berichtet Siegfried Wronna. Als
       dienstältester Domführer kennt er den Heiligen und seine Plätze, „versteckt
       in der Ernst-Kapelle, hoch oben an der Westfassade und natürlich im Hohen
       Chor.“
       
       Der Torso dort, eine gotische Figur neben dem Grab Ottos, ist der
       kunsthistorisch bedeutsamste Mauritius – ein Ritter mit Kettenhemd und
       Brustpanzer, geradezu naturalistisch. „Der Bildhauer muss dunkelhäutige
       Menschen gekannt haben“, ist Wronna sicher. Es gebe [2][viele Mauritius-
       oder Moritzkirchen in Deutschland], auch mit Abbildern. Diese Skulptur aber
       ist „die erste figürliche Darstellung eines Schwarzen im mitteleuropäischen
       Raum“.
       
       Seine Legende: Zwischen 282 und 289 wurde die gesamte Thebäische Legion,
       6.600 Soldaten, die vermutlich aus dem ägyptischen Theben stammten, als
       Märtyrer hingerichtet. Sie sollen sich unter ihrem Anführer Mauritius
       geweigert haben, an der Christenverfolgung unter Diokletian teilzunehmen.
       Das alles habe sich auf dem Gebiet der heutigen Schweiz zugetragen, wo St.
       Maurice Zentrum der Verehrung wurde.
       
       ## Er überrasche nicht sehr
       
       Und Magdeburg? Das hat mit Otto zu tun, sagt Wronna. Als dieser mit seinem
       Heer 955 gegen die Ungarn zog, führte er die Heilige Lanze mit sich, die
       angeblich einen Nagel vom Kreuze Christi enthält und Mauritius gehört haben
       soll. Die Schlacht auf dem Lechfeld war siegreich, die Lanze wurde Teil der
       Reichskleinodien und Mauritius in Magdeburg verehrt. Der Dom wurde
       errichtet und die Mauritiusdarstellungen zahlreicher.
       
       Der Torso kam 1955, quasi als Wache, an Ottos Grab, und im Dommuseum
       nebenan präsentiert sich seit 2019 ein vollständiger Mauritius als
       „Schwarzer Ritter“, aus dem 3-D-Drucker mit Schild, Fahne und goldenem
       Kettenhemd.
       
       Bei Führungen überrasche der dunkelhäutige Heilige neben Ottos Sarkophag
       nicht sehr, erzählt Wronna, der seit 1970 Rundgänge anbietet. Ihn selbst
       überrasche, wie wenig Kenntnisse seine Gäste haben. Das sei am Anfang
       anders gewesen. „Heute können die wenigsten Leute geschichtliche Sachen
       noch einordnen“, beklagt der Wronna den Kulturverlust.
       
       Das Abendland, es ist tatsächlich bedroht, doch nicht von „Schwarzen
       Rittern“. Wer dagegen ankämpfen will, dem sei ein Rundgang mit Siegfried
       Wronna empfohlen. Führungen dürften bald wieder möglich sein.
       
       3 Jun 2021
       
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