# taz.de -- Kinotipps für Berlin: Hinfallen, wieder aufrappeln
       
       > Hermine Huntgeburths „Lindenberg! Mach dein Ding“ erzählt vom Werdegang
       > eines Rockstars. Der Film „Cold War“ berichtet von einer Liebe im Kalten
       > Krieg.
       
 (IMG) Bild: „Lindenberg! Mach dein Ding“ (2020) von Hermine Huntgeburth
       
       Sein „Ding“ hat Udo Lindenberg eigentlich immer gemacht. Seine sehr
       spezielle Mischung aus Schnodderigkeit und Sensibilität wurde dabei so sehr
       zu einem Markenzeichen, dass der Sänger mittlerweile längst Gefahr läuft,
       als seine eigene Karikatur aufzutreten.
       
       Insofern ist es nur konsequent, dass Hermine Huntgeburths Biopic
       „Lindenberg! Mach dein Ding“ lediglich die frühen Jahre seines Werdegangs
       erzählt, als er Anfang der 70er-Jahre in Hamburg an einer Karriere bastelt,
       die ihn schließlich als Frontmann seines Panikorchesters sehen wird. Jan
       Bülow gibt dabei einen dynamischen Udo, dessen Großkotzigkeit die eigenen
       Unsicherheiten nur mühsam kaschieren kann.
       
       Vielleicht handeln die gelungensten Szenen deshalb von Udos
       Frauengeschichten: Am schönsten sicher bei einer romantischen Rückblende in
       die Jugend, in der Udo für ein schon etwas älteres Mädchen schwärmt, das im
       Freibad Turmspringen übt. Der Film kommt immer wieder darauf zurück – am
       Ende wird Lindenberg ihr einen von dieser Geschichte inspirierten Song
       widmen.
       
       Ein wenig zäh gestaltet sich hingegen die Darstellung all jener Gründe,
       warum es mit der Karriere anfangs nicht recht klappen will. Dass man das
       auch etwas flotter hätte hinbekommen können, macht der Film bei einem
       Bühnenauftritt Udos selbst vor: besoffen hinfallen, wieder aufrappeln – und
       dann ist alles klar auf der Andrea Doria (19. 6., 21.15 Uhr,
       [1][Freiluftkino UNION im Naturtheater Friedrichshagen]).
       
       Mit seinem Drama „Cold War – Der Breitengrad der Liebe“ knüpft Pawel
       Pawlikowski einmal mehr an die ästhetischen und erzählerischen Traditionen
       des klassischen europäischen Kunstkinos der 1950er und 60er-Jahre an. Der
       polnische Regisseur und Autor verfolgt darin die von ganz unterschiedlichen
       Temperamenten und Lebensentwürfen bestimmte Liebesgeschichte des
       Musikarrangeurs Wiktor mit der Sängerin Zula mehrfach über Systemgrenzen
       hinweg.
       
       Dabei erzählt er stets den gesellschaftspolitischen Hintergrund mit: etwa
       wenn das ursprünglich mit traditionellen ländlichen Liedern auftretende
       „Mazurek“-Ensemble bald auch Loblieder auf den „wunderbaren Stalin“ singt.
       Oder wenn sich das Exil-Künstlerleben 1957 in einer Pariser Dachwohnung für
       Wiktor und Zula als ein beständiger und extrem unbefriedigender Kampf
       entpuppt, nicht bloß als seltsame Exoten wahrgenommen zu werden.
       
       Pawlikowskis inszenatorische Kunst liegt dabei in einer maximalen
       Verdichtung, in einer elliptischen Erzählweise mit wenigen Dialogen, extrem
       prägnanten Einstellungen und einer pointierten Charakterisierung der
       Figuren: inszenatorisch, kameratechnisch und schauspielerisch äußerst
       beeindruckend (Om engl. U, 21. 6., 21.45 Uhr, [2][Open Air Kino Mitte]).
       
       Ein Wirtschaftsanwalt (Mark Ruffalo) legt sich in den 1990er Jahren mit
       einem die Umwelt vergiftenden Chemieriesen an – das ist nicht unbedingt das
       Terrain, auf dem man Regisseur Todd Haynes (bekannt für seine stilisierten
       Melodramen und die geniale quasi-aber-irgendwie-doch-nicht-Dylan-Biografie
       „I’m Not There“) normalerweise vermutet.
       
       Der Wirtschaftsthriller „Dark Waters – Vergiftete Wahrheit“ (OmU), in dem
       sich der Anwalt auch gegen seine eigene Kanzlei stellen muss, ist denn auch
       weniger spektakulär als vielmehr unauffällig solide inszeniert – und liegt
       mit seinem Thema schwer im Trend (21. 6., 21.45 Uhr, [3][Sommerkino
       Kulturforum]).
       
       17 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.kino-union.de/detail/76916/Lindenberg!%20Mach%20dein%20Ding
 (DIR) [2] https://www.kino-central.de/
 (DIR) [3] https://www.sommerkino.berlin/kulturforum
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lars Penning
       
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