# taz.de -- Streit um Banner an Bremer Jugendhaus: Senat lässt CDU abblitzen
       
       > Wegen eines antifaschistischen Banners an der „Buchte“ stellt die CDU
       > ihre Förderung infrage. Die Naturfreundejugend findet das
       > diskreditierend.
       
 (IMG) Bild: Gegen junge Pflanzenfreunde hat selbst die CDU nichts einzuwenden. Meistens
       
       BREMEN taz | Die CDU hat viele Fragen: Sie möchte wissen, wie viel Geld das
       Jugendhaus Buchte jährlich von der Stadt bekommt – und wie eine öffentliche
       Finanzierung „mit den dort propagierten offen linksextremen Überzeugungen“
       in Einklang zu bringen sei. Das und noch mehr steht in der Senatsanfrage
       der CDU, die am Dienstag in der Bürgerschaft beantwortet wurde. Und die von
       der [1][Naturfreundejugend (NFJ)], zu der die Buchte gehört, als „Angriff
       auf jugendpolitische Ausdrucksformen“ gewertet wird.
       
       Der Grund für die Fragen ist ein Banner an der Fassade der Buchte. Darauf
       steht [2][„Freiheit für Lina!“] und „Antifas raus aus den Knästen“,
       außerdem ein Spendenaufruf samt Kontodaten an den Verein Rote Hilfe: eine
       „Solidaritätsorganisation, die politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum
       unterstützt“, beschreibt sie sich selbst.
       
       Oder auch ein Verein, der „‚linke‘ Straf- und Gewalttäter unterstützt“,
       sagt der [3][Bremer Verfassungsschutz] über die Rote Hilfe Bremen in seinem
       aktuellen Bericht. „Wenngleich die RH selbst nicht gewalttätig agiert,
       gehört sie aufgrund ihrer gewaltunterstützenden und gewaltbefürwortenden
       Einstellung zur gewaltorientierten linksextremistischen Szene.“
       
       Diese Einordnung ist nicht neu; bereits 2020 hatte der Bremer Verein
       dagegen geklagt, jedoch im Oktober vor dem Verwaltungsgericht verloren. Die
       Rote Hilfe hat Widerspruch eingelegt, das Verfahren steht noch aus.
       
       Lina ist eine 26-jährige Leipziger Antifaschistin, die seit November 2020
       in Untersuchungshaft sitzt und der die Bundesanwaltschaft die Bildung einer
       linksextremen kriminellen Vereinigung vorwirft. Mit dem Banner wolle man
       auf ihre Situation sowie die „Möglichkeit zur solidarischen
       Rechtshilfeunterstützung“ aufmerksam machen, [4][heißt es auf der
       NFJ-Internetseite]. Neben Solidarität und der Unschuldsvermutung sei
       Rechtshilfebeistand ein demokratischer Grundsatz, daher sei der öffentliche
       Hinweis darauf „absolut unproblematisch“.
       
       Dies könne man – Meinungsfreiheit sei Dank – gerne auch anders sehen, so
       die NFJ. Der „autoritäre Versuch von Disziplinierung“ durch die CDU – damit
       meint die NFJ das Infragestellen der Förderung – sei dagegen
       unverhältnismäßig. Zudem stelle er den Versuch dar, „als unbequem
       empfundene Akteure der Zivilgesellschaft kleinzuhalten“, [5][so die NFJ am
       Dienstag].
       
       Ein weiterer Vorwurf [6][aus der Senatsanfrage] – die Arbeit in der Buchte
       sei „durch linksextreme Ideologie geprägt“ – ist für die NFJ falsch sowie
       ein „weitreichender Diskreditierungsversuch“: Denn der Vorwurf habe nicht
       nur potentielle Konsequenzen für die NFJ als Träger der Jugendarbeit; es
       werde so versucht, „emanzipatorische Positionen an sich zu diskreditieren –
       weil sie durch den Extremismus-Vorwurf eben nicht mehr als legitime
       Positionen wahrgenommen werden“. Durch solche Vorstöße hat zuletzt auch der
       Thüringer Spitzenkandidat der CDU von sich reden gemacht.
       
       Bereits seit April hängt das Banner an seinem Platz. Als erstes
       [7][beschwerte sich die Konrad-Adenauer-Stiftung] Anfang Juni darüber, dass
       die Öffentlichkeit dies „unwidersprochen“ hinnehme. Vor dem Hintergrund der
       öffentlichen Finanzierung des Treffpunkts sei das Banner ein „Skandal“, der
       Spendenaufruf für die Rote Hilfe „der Gipfel der Unverfrorenheit“.
       
       Die [8][CDU-Fraktion machte prompt mit]: „Die Sozialsenatorin finanziert
       ganz offensichtlich einen Verein, der Kinder und Jugendliche dazu bringt,
       linksextreme Straftäterinnen zu unterstützen“, sagte Sandra Ahrens,
       Sprecherin für Kinder und Jugend. Am selben Tag [9][sagte sie im Weser
       Kurier], dass die Gelder in der Buchte „für den Aufbau linksextremer
       Strukturen“ verwendet würden. Die Senatsanfrage folgte.
       
       Die NFJ bezeichnet ihre Tätigkeit lieber als Jugendarbeit und -kultur,
       gestützt auf die Grundsätze Antifaschismus, Kapitalismuskritik und
       Gleichberechtigung. Man wolle „Menschen in die Lage versetzen, sich von
       gegebenen Herrschaftsverhältnissen zu emanzipieren und sie kritik-,
       urteils- und entscheidungsfähig machen“.
       
       ## Senat sieht keine Anlass, die Förderung einzustellen
       
       Für diese Arbeit erhalte die Buchte 2021 insgesamt 151.900 Euro, erklärt am
       Dienstag Jan Fries, Staatsrat bei der Jugendsenatorin. Er erläutert auch
       die Voraussetzung für die Förderung eines Jugendverbands: die „Bekennung
       zur freiheitlich demokratischen Grundordnung“; nicht etwa die
       Übereinstimmung der Positionen eines Jugendverbandes mit der jeweiligen
       Regierung. Da dem Senat keine Erkenntnisse über linksextremistische
       Ausrichtungen des Bremer Vereins vorliegen würden, gebe es „keinen Anlass,
       die Förderung einzustellen“.
       
       Ob Jugendeinrichtungen also aufhängen dürfen, was sie wollen, und ob der
       Senat mit derselben Begründung auch Transparente akzeptiere, die die
       gewaltorientierte rechtsextremistische Szene unterstützen, fragt Ahrens
       weiter und betont, dass die CDU mit dem Buchte-Banner ein „echtes Problem“
       habe. Doch ein Plakat, so Fries, das sich auf eine „im
       Verfassungsschutzbericht kritisch gewürdigte Einrichtung bezieht“, führe
       nicht dazu, eine Organisation selbst als linksextremistisch einzustufen.
       
       Was die CDU mit ihrer Anfrage macht, ist kein Einzelfall: Bundesweit sei zu
       beobachten, sagt Fries, dass politische Jugendverbände, die über das
       Bundesprogramm „Demokratie leben“ gefördert werden, wiederholt mit
       Extremismus-Vorwürfen und dem Infragestellen ihrer Förderung konfrontiert
       seien – „obwohl sie sich dem Erhalt der freiheitlichen demokratischen
       Gesellschaftsordnung verpflichteten“.
       
       6 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Anja-Stahmann-Gruene-Sozialsenatorin-in-Bremen/!5116599
 (DIR) [2] /Anklage-gegen-Lina-E/!5771521
 (DIR) [3] https://www.verfassungsschutz.bremen.de/
 (DIR) [4] https://bremen.naturfreundejugend.de/beitraege/-/-/show/5137/linksextremismus_vorwurf_extrem_unangebracht./
 (DIR) [5] http://naturfreundebremen.de/news.html
 (DIR) [6] https://www.bremische-buergerschaft.de/drs_abo/2021-06-10_Frage%208%20Stadtb%C3%BCrgerschaft_e0ec4.pdf
 (DIR) [7] https://www.kas.de/fr/web/bremen/titre-unique/-/content/bremer-jugendhaus-buchte-wirbt-fuer-spenden-fuer-gewaltorientierten-linksextremismus
 (DIR) [8] https://cdu-fraktion-bremen.de/news/ahrens-sozialsenatorin-finanziert-linksextreme-strukturen
 (DIR) [9] https://www.weser-kurier.de/bremen/cdu-bremen-plant-anfrage-zu-jugendhaus-buchte-doc7g5hdblomfszp3sl2ma
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Alina Götz
       
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