# taz.de -- Beyoncé ignoriert Arbeitsbedingungen: Emanzipiert, aber ausgebeutet
       
       > Die Textilindustrie ist bekannt für ihre Hungerlöhne. Davon profitiert
       > auch das Modelabel der feministischen Popkultur-Ikone Beyoncé.
       
 (IMG) Bild: Näherinnen in Sri Lanka – in der Textilindustrie müssen die Frauen oft lange für wenig Geld schuften
       
       [1][Ohne Beyoncé] wäre der Feminismus heute nicht da, wo er ist. Wegen
       ihrer Kunst, aber auch ihrer Arbeit als Unternehmerin. Auch wenn darüber
       immer wieder diskutiert wird, denn wie viel Aktivismus kann man verkaufen,
       ohne dass er keiner mehr ist? Als Modeunternehmerin hat Beyoncé mit Adidas
       erst Ende Juni gezeigt, wie feministische Bademode aussieht: Unisex und für
       Körper, die in sehr unterschiedliche Größen passen.
       
       Beyoncé also macht vieles richtig und deshalb ist die Enttäuschung
       besonders groß, wenn so jemand dann doch etwas falsch macht. Shame on you,
       Beyoncé, habe ich vor wenigen Tagen auf Instagram gelesen. Darunter eine
       Illustration, die Beyoncé zeigt. Sie schwingt eine Peitsche in Richtung
       einer Frau, die vor ihr an einer Nähmaschine sitzt.
       
       Die Näherin trägt eine Fußfessel mit der Aufschrift „Ivy Park“. Ivy Park,
       das ist das Modelabel von Beyoncé. [2][Die Illustration ist älter], genauso
       wie die Vorwürfe dahinter. Aber geändert hat sich nichts an der Kritik.
       
       Im Jahr 2016 berichtete die britische [3][Boulevardzeitung Sun on Sunday],
       dass sri-lankische Näherinnen „in den Sweatshops wie Sklaven für einen
       Hungerlohn von nur 56 Cent die Stunde arbeiten, um Beyoncés „emanzipierte“
       Klamotten herzustellen“. Eine Pressesprecherin antwortete auf die Vorwürfe:
       [4][„Ivy Park befolgt ein strenges ethisches Handelsprogramm.“] Neuere
       Reports darüber gibt es nicht. Was man aber sicher sagen kann: Für sehr
       viele Näher*innen auf dieser Welt ist die Situation weiterhin grausam.
       
       ## Trend zu Fairtrade geht zurück
       
       Arbeiter*innen in der Textilindustrie schuften in sehr langen Schichten
       für sehr wenig Geld. Die meisten sind Frauen, die auch
       geschlechtsspezifische Gewalt erleben. Das wissen wir seit Jahren. Nun
       kommt dazu, dass Näher*innen in Indien für ihre Coronaimpfungen Gehalt
       abgezogen wird, wie die NGO Femnet berichtet. Und dass Arbeiter*innen
       nicht ausreichend Essen kaufen können, weil durch die Pandemie ihr Lohn
       wegfiel. Das sagten viele dem Worker Rights Consortium. Darunter auch
       Näher*innen, die für Adidas arbeiten.
       
       Es gab einen Boom von Fairtrade-Kleidung, der das Problem in einem sehr
       begrenzten Rahmen behebt. Und der im vergangenen Jahr zum ersten Mal seit
       20 Jahren zurückging: [5][30 Prozent weniger Fairtrade-Textilien] wurden
       2020 in Deutschland verkauft als im Jahr zuvor. Es kommt hier jetzt
       immerhin [6][ein Lieferkettengesetz.]
       
       Aber NGOs kritisieren, dass es zu viele Ausnahmen macht und zu wenig
       Unternehmen umfasst. Es bleibt die Frage, ob sich überhaupt Gerechtigkeit
       in der globalen Textilindustrie herstellen lässt, solange die
       Weltwirtschaft funktioniert, wie sie funktioniert.
       
       Ob es jetzt besonders schlimm ist, dass auch Beyoncé diese Strukturen
       offenbar nutzt – oder ihr eher verziehen werden kann, weil sie sonst so
       viel Gutes tut? Diese Frage muss jede*r für sich beantworten. Das ist hier
       ja keine Moralinsta.
       
       12 Jul 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Beyonce/!t5029345
 (DIR) [2] https://twitter.com/IdalinBobe/status/1024770630661677056/photo/1
 (DIR) [3] https://www.thesun.co.uk/news/1176905/exposed-sweatshop-slaves-earning-just-44p-an-hour-making-empowering-beyonce-clobber/
 (DIR) [4] https://uk.fashionnetwork.com/news/Beyonce-s-ivy-park-apparel-has-rigorous-ethical-program-retailer-says,695346.html
 (DIR) [5] /Fast-Fashion/!t5015089
 (DIR) [6] /Einigung-beim-Lieferkettengesetz/!5775545
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susan Djahangard
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Kolumne Sie zahlt
 (DIR) Textilindustrie
 (DIR) Beyoncé
 (DIR) Arbeitsbedingungen
 (DIR) Sweatshops
 (DIR) Türkei
 (DIR) Beyoncé
 (DIR) Schwerpunkt Pressefreiheit
 (DIR) Kolumne Sie zahlt
 (DIR) Kolumne Sie zahlt
 (DIR) Kolumne Sie zahlt
 (DIR) Arbeit
 (DIR) Grammy
 (DIR) Fast Fashion
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Türkische Lederbranche: Schutzlos schuften für Schuhe
       
       Die Jobs in der türkischen Lederindustrie sind schlecht bezahlt und
       desolat. Das zeigt eine Studie der Nichtregierungsorganisation Südwind.
       
 (DIR) US-Sängerin Beyoncé wird 40: Die Unantastbare
       
       Die Sängerin Beyoncé hat in einer von weißen Männern dominierten Branche
       ein Imperium aufgebaut. Und wurde so zur Projektionsfläche. Nun wird sie
       40.
       
 (DIR) Journalist Keerthi Ratnayake in Sri Lanka: Verhaftet wegen Terrorismusverdachts
       
       Sri Lanka verfolgt unter einer neuen Regierung ein rigideres Presserecht.
       Opfer des repressiven Vorgehens sind auch kritische Journalist:innen.
       
 (DIR) Altersvorsorge von Frauen: Langsam bewegt sich was
       
       In der letzten Folge ihrer Kolumne denkt unsere Autorin über ihre
       Altersvorsorge nach. Das hat auch eine politische Dimension.
       
 (DIR) Kontakten kann so schön sein: Die Scheu vorm Netzwerken
       
       Manchmal braucht es Umwege: Wer zu schüchtern ist, um bei Praktika aktiv zu
       werden, kann einfach seinem Gefühl folgen – und kommt auch ans Ziel.
       
 (DIR) Beruf und Gesundheit: Karriere einfach verweigern?
       
       Wir sollten anfangen, für gesunde Karrieren zu kämpfen. Wenn wir uns
       verweigern, bleibt die Macht bei weißen Männern.
       
 (DIR) Einigung beim Lieferkettengesetz: Kompromiss für gute Arbeitsplätze
       
       Das Gesetz könnte schon bald den Bundestag passieren. Zusätzliche
       Entschädigungen bei Menschenrechtsverstößen werden formal ausgeschlossen.
       
 (DIR) Verleihung der Grammys: Beyoncé knackt Rekord
       
       Abstand, Masken und Gedenken: Die Grammy-Gala wird geprägt von Corona,
       Rassismus-Protesten und Vorwürfen gegen die Veranstalter. Über allem
       strahlt Beyoncé.
       
 (DIR) Arte-Doku „Fast Fashion“: Hauptsache, billig
       
       Eine Arte-Dokumentation bilanziert das Geschäft mit der Wegwerfmode. Und
       wirft die Frage auf: Kann es so etwas wie nachhaltige Mode überhaupt geben?