# taz.de -- Fünf-Sterne-Bewegung in Italien: Wer hat das Sagen?
       
       > Beim Führungsstreit zwischen Gründervater Grillo und Ex-Premier Conte
       > droht die Spaltung. Das könnte die Stabilität der Regierung in Rom
       > gefährden.
       
 (IMG) Bild: Beppe Grillo: Gründer von Italiens 5-Sterne-Bewegung
       
       ROM taz | Italiens 5-Sterne-Bewegung erlebt eine Zerreißprobe, die auch mit
       einer Spaltung und dem Niedergang enden könnte. In den letzten Tagen kam es
       im Führungsstreit zum völligen Bruch zwischen dem Gründer- und Übervater
       des Movimento 5 Stelle (M5S), Beppe Grillo, und dem ursprünglich von ihm
       selbst als neuer Chef der Bewegung designierten früheren
       Ministerpräsidenten Giuseppe Conte.
       
       Conte hatte von Juni 2018 bis Januar 2021 zwei Regierungen angeführt, in
       denen jeweils das M5S der größere Koalitionspartner war, zunächst mit der
       rechtspopulistischen Lega unter Matteo Salvini, dann an der Seite der
       gemäßigt linken Partito Democratico (PD). Zwar war der Jurist nie Mitglied
       bei den Fünf Sternen, doch als er im letzten Februar seinen Sessel als
       Regierungschef für Mario Draghi räumen musste, zögerte Grillo keinen Moment
       damit, [1][Conte als denjenigen vorzuschlagen, der das schon seit Februar
       2020 anhaltende Führungsvakuum in der Bewegung beenden sollte]. Für diesen
       Schritt sprach unter anderem Contes enorme Popularität: Noch heute ist er
       mit Zustimmungswerten bei 50 Prozent der hinter Draghi beliebteste
       Politiker des Landes, obwohl er seit Monaten in der Öffentlichkeit kaum
       auftritt.
       
       In der Sache waren und sind sich Conte und Grillo eigentlich über den
       zukünftigen Kurs des M5S weitgehend einig. Sie wollen eine Bewegung mit
       geschärftem sozial-ökologischen Profil, eine Bewegung auch, die gegen
       Italiens starke Rechte auf die Allianz mit der Partito Democratico setzt,
       und beide waren dafür, dass das M5S sich an dem [2][breiten Parteienbündnis
       beteiligt, das die gegenwärtige Regierung Draghi stützt].
       
       Zum finalen Krach kam es allein über die eine, von den zwei Kontrahenten
       als entscheidend empfundene Frage, wer in Zukunft kommandiert. Conte hatte
       sich ausbedungen, ein neues Statut auszuarbeiten. Wie in dem alten Statut,
       sollte darin der Gründer Grillo wieder die Rolle des „Garanten“ eingeräumt
       bekommen.
       
       Anders als bisher aber sollte der Komiker nach Contes Vorstellungen im
       Tagesgeschäft des M5S außen vor bleiben, sollte er nur noch das Recht
       haben, im Zweifelsfall einen Misstrauensantrag gegen den Vorsitzenden
       stellen zu können, über den dann die Basis entscheiden sollte.
       
       ## Grillo will Oberhoheit über Außenpolitik
       
       Grillo dagegen stellte sich seine Rolle anders vor. Er wollte bei der
       Besetzung der Führungsposten genauso mitreden wie bei den Wahllisten, er
       beanspruchte auch die Rolle des „Repräsentanten des M5S im Ausland“ und
       damit die Oberhoheit über die außenpolitischen Orientierungen der Bewegung.
       
       Der Konflikt explodierte als Grillo am letzten Donnerstag vor den
       Abgeordneten der Fünf Sterne mit Contes Statutenentwurf abrechnete. Der
       Mann habe „keine Visionen“, lästerte Grillo, und er „kennt die Bewegung
       nicht“. Im Gegenzug trat Conte am Montag vor die Presse und forderte dort,
       die Basis des M5S solle über seinen Statutenentwurf abstimmen. Grillo müsse
       sich seinerseits entscheiden, ob er „ein generöser Vater“ oder aber ein
       „padre padrone“, sprich ein alles erdrückender Diktator sein wolle. Er,
       Conte, werde sich jedenfalls nicht auf eine „Doppelherrschaft“ im M5S
       einlassen.
       
       Grillos Retourkutsche kam prompt, mit einem Post in seinem Blog. „Keine
       politische Vision, keine Managementfähigkeiten, keine
       Organisationserfahrung, keine Innovationsfähigkeit“ habe der Jurist, der
       die Bewegung in „eine Ein-Personen-Partei“ umwandeln wolle. Statt über
       Contes neues Statut werde das M5S jetzt über ein neues „Direktorium“ aus
       fünf Personen abstimmen.
       
       ## Spaltung hätte auch Folge für Regierung
       
       Conte reagierte zunächst nicht auf Grillos Frontalangriff, doch ihm wird
       jetzt der Plan nachgesagt, die Parlamentsfraktionen der Fünf Sterne zu
       spalten und sich an die Spitze einer neuen Partei zu stellen. Das könnte
       Folgen nicht nur für die Zukunft des M5S haben, sondern auch für die
       Stabilität der Regierung Draghi, denn immerhin gut 200 der 945 Abgeordneten
       und Senator*innen gehören zu den Fraktionen des M5S.
       
       Große Sorgen macht sich auch die Partito Democratico. Ein Zerfall der Fünf
       Sterne könnte den Plan einer neuen Mitte-Links-Allianz zu Makulatur werden
       lassen und damit den Weg für den Sieg der jetzt schon starken Rechten bei
       den Parlamentswahlen 2023 ebnen.
       
       30 Jun 2021
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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