# taz.de -- Neues Buch von Naomi Klein: Fridays brauchen Nachwuchs
       
       > Autorin Naomi Klein schrieb „Wie wir alles ändern können und die Zukunft
       > retten“. Sie richtet sich an diejenigen, die noch nicht fürs Klima
       > protestieren.
       
 (IMG) Bild: „Willst Du Dich anschließen?“ – Strike 4 Climate in Brisbane, Australien
       
       Die Existenz der Klimaliste von Baden-Württemberg hat sich bis nach
       Nordamerika herumgesprochen. In ihrem neuen Buch „How to change everything
       – Wie wir alles ändern können und die Zukunft retten“ ruft die kanadische
       Autorin Naomi Klein dazu auf, mehr solche Listen zu gründen. Sie könnten
       dem Anliegen der [1][Klimaschutzbewegung Fridays for Future] Auftrieb
       geben, meint sie.
       
       Bei der Landtagswahl im vergangenen März holte die Klimaliste fast 43.000
       Stimmen. Zuvor hatten die Grünen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann
       Angst, weil die neue Konkurrenz den Wahlsieg zu bedrohen schien. Mit nur
       0,9 Prozent der Stimmen bekam die Klimaliste zwar weniger als gedacht, kann
       es bei der Bundestagswahl im September aber noch mal probieren. Davon, wie
       viele Wähler:innen sie den Grünen wegnimmt, hängt auch ab, mit welcher
       Kraft die Ökopartei in der nächsten Bundesregierung Klimapolitik machen
       kann.
       
       Für solche Zwischentöne ist in [2][Kleins Werk] kein Platz. Sie hat ein
       Agitations- und Lehrbuch geschrieben, das sich an junge Leute richtet, die
       bei Fridays for Future bisher nicht aktiv sind.
       
       Mit vielen kleinen Porträts über Aktivist:innen in aller Welt,
       Minireportagen über Kämpfe gegen Ölpipelines und Zeitraffer-Darstellungen
       der Industriegesellschaft seit dem 18. Jahrhundert will Klein ihre
       Leser:innen von der Notwendigkeit des Kampfes gegen Klimawandel, globale
       Ungerechtigkeit und Rassismus überzeugen. „Willst du dich anschließen?“,
       fragt sie suggestiv.
       
       ## „No Logo“ machte sie 2000 berühmt
       
       Im Jahr 2000 wurde Naomi Klein mit ihrem konzernkritischen Buch „No Logo“
       zu einer Ikone der globalisierungskritischen Bewegung. [3][Es folgten
       mehrere Veröffentlichungen], die sich mit den Folgen von Kapitalismus und
       Neoliberalismus auseinandersetzten. Kleins Buch „Schocktherapie“ von 2007
       fand Ökonom und Nobelpreisträger Joseph Stiglitz an manchen Stellen
       „simplifizierend“. Mittlerweile wirkt Klein als intellektuelle
       Mitstreiterin der linken US-Demokratin Alexandria Ocasio-Cortez.
       
       „How to change everything“ schlägt einen weiten Bogen. Die Autorin
       beschreibt die zerstörerische und ungerechte Wirtschaftsweise seit der
       Industrialisierung. Sie fordert, dass die reichen Länder ihre
       „Klimaschulden“ bei den ärmeren begleichen sollten, sieht den
       Wohlfahrtsstaat als Zukunftsmodell, plädiert dafür, weniger zu konsumieren
       und zu arbeiten.
       
       Vieles davon kann man für richtig oder diskussionswürdig halten.
       Komplettentwürfe bergen jedoch die Gefahr ideologischer Verkürzung. Klein
       schlägt eine schmale Schneise durch den Wald der Weltgeschichte. Die
       Widersprüchlichkeiten und Geheimnisse rechts und links des Weges bleiben
       unerforscht.
       
       ## „Natur als Maschine“
       
       Betrachten lässt sich dieses Verfahren in den Kapiteln über die
       Dampfmaschine. Ihr Entwickler James Watt fungiert quasi als Hauptschuldiger
       des Klimawandels. Hinzu tritt eine Darstellung der Aufklärung, die diese
       auf eine Interpretation der „Natur als Maschine“ verkürzt. Dann werden die
       Verbraucher:innen erfunden, die nur konsumieren, um zu vertilgen. Kein
       Wort über die Fortschrittsleistung einer modernen Gesellschaft, deren
       Massenproduktion die Voraussetzungen für den Wohlstand von Milliarden
       Menschen schuf.
       
       Im „Werkzeugkasten für Aktivisten“ beschreibt Klein dann, was junge Leute
       tun können, um ihre Lehrer:innen zu bewegen, im Unterricht die
       Klimakatastrophe zu thematisieren, wie sie Schulstreiks oder
       Klimaschutzprojekte organisieren sollen.
       
       Die 51-jährige Klein „erklärt einer jungen Generation“, was Sache ist. Ob
       die diese Erklärung wirklich braucht?
       
       8 Aug 2021
       
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