# taz.de -- Politik und Mannschaftsspiel: Gelb-grünes Sondiertainment > Armin Laschet setzt auf das Spiel 77, die Selfies kommen und gehen, aber > das Tempolimit auf deutschen Autobahnen ist schon ein Auslaufmodell. (IMG) Bild: Armin Laschet fährt vor – aber wie lange noch? taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche? Friedrich Küppersbusch: Das hergelaufene Wählerpack will mal wieder alles Mögliche. Und was wird besser in dieser? Alles möglich. [1][Ein Gruppenfoto von Baerbock, Habeck, Lindner und Wissing] wurde zur Steilvorlage für Witze in den sozialen Medien. Ikonisches Statement oder peinlichster Social-Media-Post aller Zeiten? Wochen des Sondiertainments stehen bevor. Fingerfood-Enthüllungen, hypernervöse Ausdeutungen von Nichtigkeiten, lustige Memes und Reface-Bearbeitungen. Relevant daran mag sein, dass Politierende die Bildregie selbst übernehmen. Also sich nicht mehr den Meilensteinen der Balkonfotografie à la 2107 aussetzen, sondern mit dem Bildmaterial schon die gewünschte Deutung mit auf den Weg bringen. Das ist schon ein Bruch zu Kanzlerkandidaten, die Uschi Glas und Roland Kaiser für Popkultur halten. Laut ARD-DeutschlandTrend meinen 66 Prozent der Deutschen, dass CDU-Chef Armin Laschet sein Amt niederlegen sollte. Gehören Sie auch dazu? Eigentlich ist Laschet ein Stadtstreicher mit einem lappigen abgegriffenen Lottoschein in der Tasche. Die Tippzahlen haben schon verloren, doch er sagt: Spiel 77 könnte noch ziehen. Und von diesem Hauch einer Chance bezahlt er die Limo ins Adlon. Wie lange er da noch logieren darf, entscheiden nicht die 66 Prozent der Befragten. Und nicht die 60 Prozent Unions-Anhänger, die auch seinen Rücktritt bevorzugen. Sondern, im demokratischsten Fall, die CDU-Mitglieder. Wenn die irgendwas zu sagen haben. Und nicht Strippenzieher und Hintermänner. Ohne abseitige Praktiken geißeln zu wollen, aber: Wer hat den Arm in Laschet? Grünen-Fraktionschef Hofreiter will das Tempolimit nicht zur Koalitionsbedingung machen. Rasen Sie da noch mit? FDP und Union fantasieren von Klimapolitik als Geschäftsmodell. Also auch: Klimarettung ohne Einbuße noch Verzicht. Treu der inoffiziellen deutschen Staatsreligion Ingenieurswissenschaften, wonach die Lösung aller Probleme in einer brillanten Idee in der Zukunft liegt. Die SPD dagegen sorgt sich weniger um die möglichen Profite, als um die soziale Sicherheit, die aus diesen Profiten finanziert werden soll. Was einander zum Verheizen ähnlich sieht, ihr Programm jedoch anschlussfähiger an das der Grünen macht. Die sind mal wieder fein raus, denn ihr Geschäftsmodell ist Klimapolitik. Die leben davon. Also: Eine Ampel brächte ein rot-grünes Tempolimit, mit der liberalen Zukunftskomponente für autonomes Fahren – kein Tempolimit, wenn eh niemand am Lenker sitzt. Kompromisse sind oft so einfach. Markus Söder hat Olaf Scholz zum Wahlsieg gratuliert und seinem Unionsfreund Laschet [2][wieder einige Gemeinheiten mitgegeben.] Machen Söders „Schmutzeleien“ ihn nicht für alle Ämter ungeeignet außer dem des Bayerischen Ministerpräsidenten oder vielleicht noch des FC Bayern? „Wichtig, dass man ein Wahlergebnis respektiert“ – „es gehört sich vom Stil her“ – „ich als Parteivorsitzender“ – bei einer Box-Übertragung wechselte man hier in die Super-Slomo, um Söders prasselnde Rechts-rechts-Kombination in Ruhe durchzählen zu können. Vielleicht ein schöner Tag im Leben des Martin Schulz; so übel wurde nicht mal er in der SPD durchgereicht nach 2017. Youtube hat die Kanäle von RT Deutsch gelöscht. Russland droht mit Vergeltungsmaßnahmen. Alles beim Alten? Neulich hat Facebook 150 Quertrinker gesperrt, Youtube die Journalistenfiktion Ken Jebsen und nun also die publizistische Stalinorgel. Wer ruft da noch nach staatlicher oder gesellschaftlicher Kontrolle globaler Medienkonzerne? Genau das erreichen Plattformen, indem sie heute willkürlich sperren, woran sie sich bis gestern dumm und rund verdient haben. Bonusspaß: Die Russen gehen auf die Bundesregierung los und bezichtigen sie, worauf Sprecher Seibert überzeugend darlegt: Die Politik habe doch gar keinen Einfluss auf solche Entscheidungen der Plattform-Unternehmen. Kurz: Die Bundesregierung freut sich, dass sie medienpolitisch resigniert und nichts zu sagen hat. Glückwunsch, Youtube. Und was machen die Borussen? Schon fast wieder magisch, wie der BVB unter drei Trainern – Favre, Terzic, Rose – diesen unsäglichen Messias-Glauben durchspielt. Fehlt dann mal der jeweils aktuelle „Unterschiedspieler“ – Dembele, eine Zeit lang Witzel, jetzt Haaland –, geht nichts. Bei einer Bank, die anderswo eine zweite Bundesligamannschaft wäre. Auf die Gefahr hin, dass ich auch noch Trainer werde: Es ist ein Mannschaftssport. Doch, ja. Fragen: eaz, waam 3 Oct 2021 ## LINKS (DIR) [1] /Selfie-von-Gruenen-und-FDP/!5800695 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=XibNoilHaCc ## AUTOREN (DIR) Friedrich Küppersbusch ## TAGS (DIR) Kolumne Die Woche (DIR) Armin Laschet (DIR) Markus Söder (DIR) Kolumne Die Woche (DIR) Schwerpunkt Facebook (DIR) Schlagloch (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021 (DIR) Kolumne Die Woche (DIR) Kolumne Die Woche (DIR) Kolumne Die Woche ## ARTIKEL ZUM THEMA (DIR) Indiskretion und Wagenplatz: Fackeln im Dolchstoß Beim Bundeszapfenstreich wird der Bundesjogi verabschiedet und auch sonst gibt es Neues von der Front – insbesondere bei der AfD. (DIR) Österreich, Facebook und Steueroasen: Kurzschluss Die österreichischen Grünen dürfen sich nicht vom nächsten ÖVP-Mafioso durchkanzlern lassen. Und: Von was bitte soll Ringo Starr zurücktreten? (DIR) Mangelnde Diversity bei CDU und CSU: Der Club der weißen Männer Auch nach 16 Jahren Merkel im Kanzleramt steckt die Union in alten Strukturen fest. Es mangelt an Frauen, an migrantischen und jungen Menschen. (DIR) Sondierungen zur Regierungsbildung: Kill your darlings Alle beteiligten Parteien versprechen bei den Sondierungen den großen Wurf. Doch der Weg zur Regierung wird steinig – und der Zwang zum Minimalkonsens groß sein. (DIR) Wahl, Tankstellenmord, Der Dritte Weg: Lindner muss liefern Die Entscheidung im Wahlkampf fällt wie bei der EM durch Eigentore. Und die Possierlichkeit des Sockenschusses endet bei Gewalt. (DIR) Wahlkampf, Özil und Gorleben: Unschuldige Kinder mit Knopf im Ohr Wer wird Armin Laschet als Nächstes aufs Glatteis führen? Und ist die Sendepause für Nemi El-Hassan nicht eine ganz gute Idee? (DIR) Wahlkampf und Arbeitskampf: Altherrensadomaso Unser Kolumnist hat nach wie vor kein Mitleid mit Armin Laschet, dafür aber so langsam mit den Bahn-Fahrgästen. Und mit sich selber sowieso.