# taz.de -- Die Grünen in den Ampel-Verhandlungen: Zu nett für diese Welt
       
       > Leben die Grünen noch? Annalena Baerbocks und Robert Habecks Leute
       > scheinen es als ihre vornehmste Aufgabe zu sehen, die FDP bei Laune zu
       > halten.
       
 (IMG) Bild: Annalena Baerbock and Robert Habeck im Bundestag am 11. November
       
       Leben die Grünen eigentlich noch? Diese Frage muss erlaubt sein, so zur
       Halbzeit der Ampel-Verhandlungen. Vielleicht gibt es ja hinter dem, was da
       zu beobachten ist, eine hochgeheime und geniale Strategie, die nur Robert
       Habeck und Annalena Baerbock kennen. Aber für Nicht-Erleuchtete drängt
       sich langsam ein problematischer Eindruck auf: Die Grünen, im Wahlkampf als
       für die Weltrettung zuständiger Tiger gestartet, scheinen fest
       entschlossen, als Biobaumwoll-Bettvorleger enden zu wollen.
       
       Die Grünen sehen sich als Partei der freundlichen Vernunft und der
       pragmatischen Lösungen. Höflich im Ton, hart in der Sache, so wollen sie
       verhandeln. Schön und gut, nichts gegen gute Manieren, das Problem ist nur,
       dass das Schielen auf Haltungsnoten ein bisschen unpolitisch ist – und
       daraus ein höflich im Ton und sehr höflich in der Sache geworden ist. Die
       Grünen scheinen es als ihre vornehmste Aufgabe zu sehen, die FDP bei Laune
       zu halten – und die Ambitionslosigkeit der SPD zu tolerieren.
       
       Kein Tempolimit? Rote Linie der FDP, sorry. Wohnungen lieber schnell und
       billig bauen als klimafreundlich? Okay, wenn Scholz es will. Verzicht auf
       Steuererhöhungen und keine Lockerung der Schuldenbremse? Geht halt nicht
       anders gegen die Union im Bundesrat. Keine Kürzung der Pendlerpauschale?
       Tja, die Deutschen hängen eben so am Auto und am vom Staat gesponserten
       Arbeitsweg.
       
       Man würde den Grünen-VerhandlerInnen ja gerne glauben, dass sie die
       riesigen Lücken im Sondierungspapier noch mit ambitionierter
       1,5-Grad-Politik und sozialen Notwendigkeiten auffüllen. Allein es fehlt
       der Glaube.
       
       ## Der lustigste Satz stand in der FAZ
       
       Zu dieser, nennen wir es: „Strategie“ würde es trefflich passen, auch das
       entscheidende Finanzministerium nach etwas Geziere aufzugeben. [1][Der
       lustigste Satz dazu stand neulich in der FAZ]: Unter den Grünen gehe schon
       seit einiger Zeit die Sorge um, dass die FDP ohne Finanzministerium
       gedemütigt in die Koalition gehe, was die Stabilität gefährden könnte.
       
       Ernsthaft? Wie rücksichtsvoll von Habeck und Baerbock, sich mehr um das
       Seelenheil Christian Lindners zu sorgen als um die materiellen Grundlagen
       der eigenen Politik. Man würde ja mit so einem Move auch nur den Status als
       zweitstärkste Kraft in der Koalition aufgeben und die Möglichkeit,
       Klimaschutz als echtes Querschnittsthema zu etablieren, aber hey: Wie wäre
       es stattdessen mit einem Superministerium für Krötenschutz, Radwege und
       bildungsbürgerliche Sittsamkeit?
       
       Es ist gut, in Verhandlungen die Zwänge der Gegenseite zu sehen, und es ist
       richtig, den Wert des Kompromisses zu loben. Aber allzu nette und biegsame
       Grünen helfen niemandem – nicht dem Klima, nicht dem Land, und schon gar
       nicht sich selbst.
       
       12 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Plaene-der-Gruenen-in-Ampel-Koalition/!5810915
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrich Schulte
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Bündnis 90/Die Grünen
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Robert Habeck
 (DIR) Annalena Baerbock
 (DIR) GNS
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Pariser Abkommen
 (DIR) Ampel-Koalition
 (DIR) Annalena Baerbock
 (DIR) Bundesregierung
 (DIR) Schwerpunkt Bundestagswahl 2021
 (DIR) Ampel-Koalition
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien: Ein Hauch Willy Brandt
       
       Christian Lindner zitiert Egon Bahr, Olaf Scholz guckt niedlich wie ein
       Hundewelpe: Wie die Ampel-Verhandler ihren Koalitionsvertrag vorstellen.
       
 (DIR) Koalitionsverhandlungen vor Abschluss: Schafft die Ampel die 1,5 Grad?
       
       Der Koalitionsvertrag kann in der ersten Wochenhälfte fertig sein. Die
       Verhandlungen seien „brutal anstrengend“, sagt der Grüne Michael Kellner.
       
 (DIR) Ampelregierung von SPD, Grünen und FDP: Koalitionsvertrag nächste Woche
       
       Die Verhandlungen über eine Ampelkoalition seien auf gutem Wege, so SPD,
       Grüne und FDP. Schon in der nächsten Woche will man sich endgültig geeinigt
       haben.
       
 (DIR) Soziale Gerechtigkeit mit der Ampel: Haben Kinder nun Priorität?
       
       Die Ampel will mit einer Kindergrundsicherung armen Familien helfen. Vor
       allem den Grünen war das wichtig. Ob es klappt?
       
 (DIR) Pläne der Grünen in Ampel-Koalition: Wollen sie Finanzen – oder nicht?
       
       Die Grünen dementieren, dass die Partei ihren Anspruch auf das
       Finanzministerium aufgibt. Warum auch manche Dementis eine Betrachtung wert
       sind.
       
 (DIR) Streit in Koalitionsverhandlungen: Ampelfrust bei den Grünen
       
       Nach der ersten Euphorie zieht bei Robert Habecks Leuten Ernüchterung ein.
       Zweifel wachsen, ob es gelingt, 1,5-Grad-taugliche Politik zu formulieren.
       
 (DIR) Olaf Scholz und die Ampel-Koalition: Klimakanzler oder gar nicht
       
       Es ist ein falscher Reflex, nur die Grünen für mäßigen Klimaschutz in der
       Ampel zu verhaften. Verantwortlich ist vor allem auch der Chef, Olaf
       Scholz.