# taz.de -- Koalitionsverhandlungen in Berlin: Langsam wird es zäh
       
       > SPD, Grüne und Linke hängen beim Thema Stadtentwicklung und
       > Mietenpolitik. Die Folge: Ein Verhandlungsmarathon kommende Woche.
       
 (IMG) Bild: Sie stellen Rot-Grün-Rot vor ein Problem: wie umgehen mit dem Volksentscheid? (Archivbild)
       
       BERLIN taz | Was allgemein erwartet wurde ist nun eingetreten: Die
       Koalitionsverhandlungen zwischen SPD, Grünen und Linken hängen [1][an
       Fragen der Stadtentwicklung]. Wohl nicht mal die Hälfte der vorgesehenen
       Themen sind am Samstagabend abgearbeitet, als die Spitzen um kurz nach 21
       Uhr in der SPD-Landeszentrale vor die Presse treten. Doch Inhalte verkünden
       Franziska Giffey (SPD), Bettina Jarasch (Grüne) und Katina Schubert (Linke)
       so gut wie keine. Ergebnisse gebe es erst, wenn über das ganze Kapitel
       Einigkeit herrsche, erklärt Giffey.
       
       Am Montag ab 10 Uhr steht die andere Hälfte auf der Tagesordnung. Dabei
       soll es um die Frage gehen, wie der Schutz von Mieter*innen umgesetzt
       wird und wie die Koalition mit dem erfolgreichen Enteignungs-Volksentscheid
       umgehen soll. Beides Themen, die vor allem zwischen Grünen und Linken auf
       der einen Seite und der SPD auf der anderen umstritten sind. Gut möglich
       also, dass auch die Zeit am Montag nicht für eine Einigung ausreichen wird,
       zumal die Verhandlungen von Franziska Giffey bisher extrem detailliert
       geführt werden.
       
       ## Deadline am Freitag
       
       So langsam wird also die Zeit knapp. Für die kommende Woche sind für jeden
       Tag Runden der sogenannten Dachgruppe aus den Spitzen der drei Parteien
       angesetzt; alle vorab eingeplanten Zeitpuffer wurden damit in Anspruch
       genommen. Auf dem Programm stehen noch die Themen Inneres (das ursprünglich
       am Samstag abgearbeitet werden sollte), Bildung und Wissenschaft,
       Verwaltung und Finanzen. Schließlich müssen in einer letzten Runde alle
       bisher festgehaltenen Unstimmigkeiten bereinigt werden. Laut Giffey soll
       spätestens am Freitag – und wahrscheinlich frühstens Freitagnacht – der
       Vertrag ausformuliert sein, damit die Linke die vorgesehene Befragung ihrer
       Mitglieder starten kann.
       
       Zu Beginn des Auftritts vor der Presse am Samstagabend versuchen Giffey und
       Jarasch noch, die aufreibenden Verhandlungen in schöne Worte zu kleiden.
       „Gründlichkeit gehe vor Schnelligkeit“, sagt Jarasch; die Gespräche seien
       von „einem Einigungswillen getragen“; dafür brauche es Zeit, so Giffey.
       Doch später gibt die SPD-Spitzenkandidatin und -Landesvorsitzende offen zu:
       „Stadtentwicklung ist der fetteste Brocken. Da steht uns noch was bevor.“
       
       Klar ist lediglich: Es herrscht Einigkeit beim Ziel, 200.000 Wohnungen in
       den nächsten zehn Jahren zu bauen. Aber es wird intensiv darüber
       diskutiert, „wo wir bauen, wie wir bauen und für wen“, sagt die grünen
       Spitzenkandidatin Jarasch. Schließlich müsse man Klimakrise und Mietenkrise
       zusammen denken und zusammen bewältigen. Das klingt, als wären noch viele
       Fragen offen geblieben.
       
       ## Eine Etage höher
       
       Die Grünen zieht es eher in die Höhe. Sie wollen so viel Nachverdichtung
       wie möglich; die Traufhöhe – also die Begrenzung der meisten
       innenstädtischen Gebäude – sei „nicht heilig“. Man müsse über generelle
       Aufstockungen reden. „Vielleicht muss sogar ganz Berlin eine ganze Etage
       hochgehoben werden“, betonte Jarasch. Zudem gehe es um ökologisches Bauen
       und um Umbau vor Abriss.
       
       Katina Schubert, Landeschefin der Linkspartei, wiederum betont, dass
       mindestens 50.000 für Menschen fehlten, die von Wohnungslosigkeit akut
       bedroht sind. Für sie müsse preiswerter neuer Wohnraum entstehen. Ein
       [2][mögliches Scheitern der Gespräche] sieht Schubert aber nicht: „Wir
       werden am Ende eine sehr gutes Regierungsprogramm vertreten können. Da bin
       ich mir sicher.“
       
       Und auch aus SPD-Kreisen heißt es später am Rande, man verhandle nicht 120
       Stunden, um dann ergebnislos abzubrechen. Dass sich die drei Parteien
       einigen können, zeigte die – zwar ebenfalls zähe – [3][Runde zu
       Verkehrspolitik am Freitag], als man sich etwa auf den Ausbau mehrerer
       U-Bahnlinien verständigen konnte.
       
       Völlig offen ist derweil allerdings, wie eine Einigung beim Umgang mit dem
       Enteignen-Volksentscheid aussehen könnte. Am 26. September hatte sich eine
       deutliche Mehrheit der Berliner*innen dafür ausgesprochen, Berliner
       Wohnungen von großen Immobilienfirmen zu vergesellschaften. Die SPD lehnt
       das ab, die Linke unterstützt das Anliegen.
       
       Laut dem Sondierungspapier der wollen die drei Parteien eine
       Expertenkommission einsetzen. Doch deren Besetzung ist genauso strittig wie
       deren genaues Ziel. Am Samstagvormittag hatten Mitglieder der Initiative
       Deutsche Wohnen und Co. enteignen vor der SPD-Landeszentrale erneut für
       eine rasche Umsetzung demonstriert.
       
       Schwierig macht die rot-rot-grüne Gespräche im Unterschied zu 2016, dass
       zum einen die SPD in einigen Positionen deutlich konservativere Positionen
       vertritt als noch vor fünf Jahren. Zum anderen setzt die deutliche
       angespanntere Finanzlage vor allem durch die Coronakrise der Politik einen
       deutlich engeren Rahmen als zuletzt. Mit viel Spannung wird deswegen auf
       die Runde zu Finanzen – derzeit geplant für Mittwoch oder Donnerstag –
       geblickt: Da könnten noch mal einige politische Ideen dem Rotstift zum
       Opfer fallen.
       
       21 Nov 2021
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bert Schulz
       
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