# taz.de -- Wahl der Stadträte in Berlins Bezirken: Blockade gegen die AfD
       
       > In vier Bezirken darf die AfD einen Stadtratskandidaten vorschlagen. Doch
       > die wenigsten werden von den demokratischen Parteien gewählt.
       
 (IMG) Bild: Wahlkampf der AfD in Berlin
       
       BERLIN taz | Wird die AfD in dieser Legislaturperiode wieder Stadträte in
       den Bezirken stellen können? Sie hat [1][nach den Wahlergebnissen vom 26.
       September] in vier Bezirken das Vorschlagsrecht dafür: in Spandau,
       Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und Treptow-Köpenick. Bisher wurde
       allerdings keiner ihrer vorgeschlagenen Kandidaten gewählt. Und es gibt
       Indizien dafür, dass das zumindest in zwei der Bezirke auch nicht geschehen
       wird.
       
       Ab einem bestimmten Stimmenanteil steht einer Fraktion in der
       Bezirksverordnetenversammlung (BVV) das Vorschlagsrecht für einen (oder
       auch mehrere) der sechs Stadträte inklusive Bürgermeister zu. Doch das
       heißt selbst in den wenig auf Konkurrenz ausgelegten BVV nicht, dass diese
       Person gewählt wird: Der Vorschlag muss eine Mehrheit in der BVV erhalten.
       Das war in der neuen Legislaturperiode bisher in keinem Bezirk der Fall.
       Aus verschiedenen Gründen.
       
       In Lichtenberg kamen die Bezirksamtswahlen [2][aufgrund von Unstimmigkeiten
       zwischen den Parteien] noch nicht zustande. In Spandau und Treptow-Köpenick
       wurden die Bezirksämter zwar gewählt, allerdings fielen die von der AfD
       nominierten Kandidaten bei der Wahl jeweils durch. In Treptow-Köpenick
       findet gerade ein weiterer Wahlakt für einen AfD-Stadtrat pandemiebedingt
       per Briefwahl statt. Das Ergebnis steht noch nicht fest.
       
       In Marzahn-Hellersdorf stellte sich die AfD bei der Wahl selbst ein Bein.
       Die von ihr nominierte Stadtratskandidatin zog ihre Kandidatur kurzfristig
       zurück. Ein neuer Kandidat wurde zwar wenige Tage vor dem Wahltag aus dem
       Hut gezaubert. Doch der ist parteiintern umstritten, zudem war die Zeit für
       die anderen Fraktionen zu kurz, ihn kennenzulernen. Die Wahl wurde darum
       verschoben. Deshalb arbeitet das neue Bezirksamt in reduzierter Besetzung,
       so wie in Spandau und Treptow-Köpenick derzeit auch.
       
       Wie die demokratischen Parteien mit den Vorschlägen der AfD umgehen, ist
       unterschiedlich. In Spandau und Lichtenberg sieht es danach aus, dass ein
       AfD-Kandidat dauerhaft nicht gewählt wird und das Bezirksamt darum fünf
       Jahre lang mit fünf statt sechs Stadträten arbeiten wird.
       
       ## „Für uns nicht wählbar“
       
       Für Spandau sagte die grüne Fraktionsvorsitzende Dara Kossok-Spieß der taz,
       ihre Fraktion werde nicht nur den gegenwärtigen Personalvorschlag der AfD,
       Andreas Otti, nicht unterstützen. „Herr Otti war als Stadtrat eine
       Vollkatastrophe. Aber auch wenn die AfD jemand anderen nominiert, werden
       wir Grüne den immer ablehnen, denn ein Vertreter einer Partei, die man
       faschistisch nennen darf, ist für uns nicht wählbar.“
       
       Laut Kossok-Spieß gibt es dieses Problembewusstsein auch in den anderen
       demokratischen Parteien in Spandau. „Ich gehe davon aus, dass ein
       Stadtratsposten dauerhaft frei bleibt und die SPD wie bisher dieses Ressort
       mit verwaltet.“
       
       Auf eine solche Lösung könnte es auch in Lichtenberg hinauslaufen.
       SPD-Bezirkschef Erik Gührs sagt, dass seine Partei bundesweit ein klares
       Bekenntnis abgegeben hat, der AfD für Ihre Wahlvorschläge keine Stimmen zu
       geben. „So wurde es in der Vergangenheit gehalten und so gilt es auch für
       die Zukunft. Wir sind hierzu in Gesprächen mit den anderen demokratischen
       Parteien.“ Norman Wolf von der Linken sagt der taz: „Unsere Fraktion wird
       mit Nein stimmen. Ein fehlender AfD-Stadtrat wäre kein Verlust für das
       Bezirksamt.“
       
       ## Kleineres Übel?
       
       Anders hingegen in Treptow-Köpenick. Hier ist es denkbar, dass Bernd
       Geschanowski, der bereits in der zurückliegenden Wahlperiode AfD-Stadtrat
       war, erneut gewählt werden könnte. Der linke Fraktionsvorsitzende Philipp
       Wohlfeil spricht gegenüber der taz von einem differenzierten Meinungsbild
       zwischen und innerhalb der demokratischen Fraktionen: „Die einen halten ihn
       für völlig unwählbar. Die anderen sagen, er wäre das kleinere Übel
       gegenüber anderen Kandidaten, die uns die AfD möglicherweise noch
       präsentieren könnte.“
       
       Wohlfeil hält es für das falsche Vorgehen im Umgang mit der AfD, ihr einen
       Stadtratsposten vorzuenthalten. „Das verstärkt nur ihre Opferrolle. Man
       kann sein Missfallen auch beispielsweise durch Stimmenthaltung ausdrücken.“
       
       In Marzahn-Hellersdorf ist noch offen, ob ein AfD-Stadtrat gewählt wird,
       auch weil unklar ist, ob die AfD überhaupt an ihrem Personalvorschlag
       festhält. Der linke Fraktionsvorsitzende Björn Tielebein sagt der taz, dass
       seine Fraktion keinem AfD-Wahlvorschlag ihre Stimmen geben werde. „In den
       letzten fünf Jahren schürte die AfD Hass und stand nicht für ein
       demokratisches Miteinander. Warum sollten wir ihrem Kandidaten da unsere
       Stimme geben?“ Eine parteiübergreifende Absprache, keinen AfD-Kandidaten zu
       wählen, gäbe es allerdings in Marzahn-Hellersdorf nicht, so Tielebein.
       
       26 Nov 2021
       
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