# taz.de -- Krisenländer 2021 – eine Zwischenbilanz: Die Angst bekämpfen
       
       > In Belarus, Afghanistan, Myanmar, Sudan und Kuba wurden
       > Oppositionsbewegungen drangsaliert und niedergeschlagen. Wo stehen sie
       > Ende 2021?
       
 (IMG) Bild: „March Of Solidarity“, Mai 2021, Krakau, Polen
       
       Die Bilder, auf denen Zigtausende Belarussen 2020 gegen die gefälschte
       Präsidentenwahl am 9. August und die Absetzung von Alexander Lukaschenko
       auf die Straßen gingen, gehören der Vergangenheit an. Das hat vor allem
       damit zu tun, dass das Regime mit einer nie da gewesenen Härte gegen seine
       Kritiker*innen vorgeht. Derzeit führt die belarussische
       [1][Menschenrechtsorganisation Vjasna] insgesamt 941 Personen als
       politische Gefangene (Stand 22. Dezember 2021).
       
       ## Wer kämpft wofür?
       
       Wahllos ergehen Urteile mit drakonischen Haftstrafen von zehn Jahren und
       mehr: gegen Oppositionelle, Journalisten, Wissenschaftler, Künstler,
       Sportler, aber auch ganz normale Bürger, die Kleidung in den Farben der
       Opposition tragen. Tausende haben Belarus verlassen, um sich aus dem Exil
       für demokratische Veränderungen in ihrem Land einzusetzen: die
       Ex-Präsidentschaftskandidatin Swetlana Tichanowskaja in Litauen oder der
       frühere belarussische Kulturminister Pawel Latuschko in Warschau.
       
       Aber auch im Land selbst ist die Protestbewegung nicht vollständig
       verschwunden, sie hat nur andere Formen angenommen. Ein Beispiel dafür sind
       die sogenannten Cyber-Partisanen, die das Regime mit Hacker-Aktivitäten
       bloßstellen und in die Knie zwingen wollen.
       
       ## Welche Rückschläge gab es?
       
       Am 23. Mai 2021 ließ Lukaschenko ein Passagierflugzeug auf dem Weg von
       Athen nach Vilnius von einem belarussischen Kampfjet abfangen und zur
       Landung in Minsk zwingen. An Bord [2][befand sich der Blogger und Aktivist
       Roman Protassewitsch], der umgehend festgenommen wurde. Das führte dem
       Westen vor Augen, dass der Autokrat auch vor schweren Verletzungen
       internationalen Rechts nicht mehr haltmacht.
       
       Seit den Sommermonaten hat Lukaschenko überdies Tausende Migranten
       ermuntert, aus Ländern des Nahen Ostens nach Minsk zu kommen, und sie von
       dort aus an die Grenzen zu Litauen und Polen bringen lassen. Mehrere
       Menschen sind bei dem Versuch, in die EU zu gelangen, gestorben.
       Lukaschenko nimmt das billigend in Kauf.
       
       Mit dieser Aktion rächt sich der belarussische Machthaber für
       [3][Strafmaßnahmen, die der Westen gegen sein Regime verhängt hat] – vor
       allem sind dies Handelssanktionen, Einreiseverbote und eingeschränkter
       Kontoverkehr. Und er will die EU zwingen, mit ihm zu verhandeln – was im
       Fall der früheren Bundeskanzlerin Angela Merkel ja auch geklappt hat.
       
       ## Wie geht es weiter?
       
       Von den Sanktionen sind [4][183 Personen und 26 Organisationen betroffen].
       Doch ob die Maßnahmen etwas bewirken, ist fraglich. Unbeeindruckt davon
       soll am 28. Februar 2022 in Belarus ein Verfassungsreferendum stattfinden.
       Der Volksentscheid wird als Maßnahme verkauft, um die Machtverteilung
       zwischen den Staatsorganen neu zu regeln. In Wahrheit soll er Lukaschenkos
       Position absichern.
       
       Oppositionelle sehen in dem Referendum einen weiteren Schritt, um die
       Vereinigung von Belarus mit Russland endgültig zu vollziehen. Dazu, so die
       Annahme, würden prorussische Parteien gegründet, die nach einer gefälschten
       Parlamentswahl für den „Anschluss“ stimmen würden. Kein abwegiges Szenario,
       denn bei mehreren Treffen Lukaschenkos mit Wladimir Putin einigten sich
       beide Seiten auf eine verstärkte Zusammenarbeit in zentralen Bereichen wie
       Verteidigung und Wirtschaft. Grundlage dafür ist ein Vertrag aus dem Jahre
       1999, der einen russisch-belarussischen Unionsstaat vorsieht. Gut
       informierte Quellen wollen wissen, dass Russland bereits die Kontrolle über
       die belarussischen Sicherheitskräfte übernommen hat. Ob eine Eingemeindung
       die Proteste in dem Land wieder befeuern wird, ist offen. Barbara Oertel
       
       ## Afghanistan: Kämpferische, mutige Frauen
       
       ## Wer kämpft wofür?
       
       „Nahrung, Arbeit, Freiheit, Gleichheit“: Mit diesen Forderungen haben am
       16. Dezember [5][mehrere Dutzend Frauen im verschneiten Kabul
       demonstriert]. In Videos, die in sozialen Medien kursieren, [6][trägt keine
       der kämpferischen Frauen eine Burka]. Vielmehr schützen sie sich mit Schals
       und Mützen gegen die Kälte, während sie mit schnellen Schritten vor die
       UN-Vertretung ziehen.
       
       Ihr Protest, der laut Nachrichtenagentur AFP sogar von den Taliban
       genehmigt worden war, richtet sich sowohl an die Weltgemeinschaft, die das
       hungernde Land am Hindukusch und seine verzweifelten Frauen nicht vergessen
       soll, als auch an die Taliban. Letztere sollen Frauen ihre Jobs und Rechte
       zurückgeben und die schwere Wirtschaftskrise lösen. „Die Angst ist immer
       da, aber wir können nicht in Angst leben. Wir müssen unsere Angst
       bekämpfen“, erklärt eine 28-jährige Frau in einem Video. [7][„Die Armut hat
       uns hierher gebracht“], sagt eine andere Demonstrantin laut der lokalen
       Nachrichtenwebseite TOLONews.
       
       ## Welche Rückschläge gab es?
       
       Am 15. August waren die radikal-islamistischen Taliban kampflos in die
       Hauptstadt Kabul einmarschiert und hatten damit in Afghanistan wieder die
       Macht übernommen. Schon zuvor hatten sie eine Provinzhauptstadt nach der
       anderen erobert, bis die gewählte Regierung floh und sich ihre Truppen
       ergaben. Kaum jemand war noch bereit, für die vom Westen am Leben
       gehaltene, dysfunktionale und korrupte Regierung zu kämpfen.
       
       Schon seit Monaten lag Afghanistan, aus dem die restlichen Nato-Truppen
       seit Mai überhastet abgezogen wurden, wirtschaftlich am Boden. Trotz
       Milliardenhilfen war es nicht gelungen, eine nachhaltige Wirtschaft
       aufzubauen. Der Großteil des Staatshaushaltes inklusive der meisten
       Gehälter der Staatsangestellten wurde vom Ausland bezahlt.
       
       Dazu kam die Panik vor den Taliban. Die Erfahrungen mit ihrer brutalen und
       frauenfeindlichen Herrschaft von 1996 bis 2001, danach jahrelange Angriffe
       samt Terroranschlägen sowie die Angst vor Rache und Vergeltung trieben
       Zehntausende in die Flucht. Vom Flughafen Kabul gingen Bilder völlig
       verzweifelter Menschen um die Welt.
       
       Mitte August froren die USA Afghanistans Währungsreserven und
       Auslandskonten ein, doch beschleunigte dies nur noch den Wirtschafts- und
       Finanzkollaps des Landes.
       
       ## Wie geht es weiter?
       
       Die Taliban drängen auf die Freigabe der gesperrten Mittel, auf
       Wiederaufnahme der Hilfen und Anerkennung ihres Regimes. Dafür geben sie
       sich seit der Machtübernahme nach außen gemäßigt. Doch berichten
       Menschenrechtsorganisationen von Gräueltaten und Racheaktionen. Frauen und
       Journalisten bezeugen Diskriminierungen und Einschüchterungen. Sie fordern
       andere Länder auf, den Druck auf das Regime zu erhöhen. Derweil erleben sie
       am eigenen Leib, wie die Bevölkerung unter den Sanktionen, der
       Misswirtschaft und den Folgen des jahrelangen Krieges im Land leidet.
       
       Zuletzt protestierten die Frauen gegen ihre Entrechtung durch die Taliban
       und für internationale Hilfe. Die Taliban nutzen ihrerseits die Frauen,
       deren Proteste sie bisher verboten hatten, um Druck auf die USA auszuüben.
       Washington hatte die Taliban wiederholt zur Achtung von Menschen- und
       Frauenrechten aufgefordert, gefährdet aber mit der Kontensperre selbst
       hungernde afghanische Kinder, Mütter und Väter. Die US-Regierung versprach
       inzwischen Hilfe, will aber die Konten weiter sperren.
       
       Am [8][Dienstag dieser Woche haben die Taliban deshalb eine größere
       Demonstration] – von Männern – vor der verwaisten US-Botschaft
       aufmarschieren lassen. Laut den Vereinten Nationen werden in Afghanistan in
       diesem Winter ohne massive Hilfen viele Menschen verhungern. Sven Hansen
       
       ## Myanmar: Eine weggesperrte Ikone, ein festgefahrener Konflikt
       
       ## Wer kämpft wofür?
       
       In Myanmar kämpft eine multiethnische Volksbewegung gegen die Macht des
       Militärs und für die Anerkennung des Wahlsiegs der [9][Partei der
       Friedensnobelpreisträgerin Aung San Suu Kyi]. Die Parlamentswahl vom
       November 2020 hatte der militärnahen Partei eine vernichtende Niederlage
       beschert. Doch das wollten die Generäle nicht akzeptieren.
       
       Zunächst wehrte sich die Bevölkerung mit friedlichen und fantasievollen
       Massenprotesten in allen Landesteilen gegen den Putsch. Auch gab es eine
       Bewegung des zivilen Ungehorsams. Eisenbahner, Krankenhauspersonal, Lehrer
       und Dozenten, Bankangestellte und Behördenmitarbeiter versuchten mit
       wochenlangen Streiks den vom Militär okkupierten Staatsapparat zu
       blockieren und so die überraschten Generäle in die Knie zu zwingen.
       
       Doch trotz des Zusammenbruchs ganzer Wirtschaftszweige blieb die Junta
       hart. Schon nach wenigen Tagen wurde das Feuer auf friedliche
       Demonstranten eröffnet. Seitdem geht das Militär mit Folter und Haft
       gnadenlos gegen jede Opposition und die organisierte Zivilgesellschaft vor.
       Bis heute hat das Regime rund 11.000 Menschen festgenommen und 1.350
       getötet. In der Folge hat sich der Widerstand radikalisiert und bewaffnet.
       Zugleich fliehen immer mehr Menschen vor dem Bürgerkrieg ins Ausland.
       
       ## Welche Rückschläge gab es?
       
       Unter dem Vorwand angeblichen Wahlbetrugs hat der Militärputsch vom 1.
       Februar die Demokratisierung der letzten Jahre beendet. Viele Politiker der
       bis dahin regierenden Nationalen Liga für Demokratie, einschließlich Aung
       San Suu Kyi, wurden verhaftet. Mit fingierten Anklagen, die ihr mehr als
       hundert Jahre Haft einbringen können, will das Militär eine Rückkehr der
       76-Jährigen an die Macht für immer verhindern. Die völlig isolierte Ikone
       steht zwar formal einer im Untergrund gebildeten Gegenregierung vor, doch
       kann sie mit der nicht kommunizieren.
       
       Seit die Gegenregierung [10][im September zum bewaffneten Aufstand
       aufrief], gibt es täglich Angriffe auf Militär- und Polizeiposten sowie
       zivile Repräsentanten des Regimes. Bei Anschlägen und Hinterhalten sind
       schon mehrere Hundert Regimekräfte gestorben. Auch sind Dutzende Soldaten
       und Polizisten übergelaufen. Doch hat die Gegenregierung kaum Kontrolle
       über die bewaffneten Gruppen einschließlich der Milizen ethnischer
       Minderheiten. Derweil kann das gut gerüstete Militär, das nicht vor der
       Bombardierung oder dem Abbrennen ganzer Dörfer zurückschreckt und wie ein
       Staat im Staate agiert, auf die Unterstützung von Russland und China
       zählen.
       
       ## Wie geht es weiter?
       
       Diese beiden Großmächte unterlaufen wie auch einige Nachbarstaaten die
       ohnehin löchrige Sanktionspolitik westlicher Länder. Letztere zögern
       ihrerseits, die Gegenregierung diplomatisch anzuerkennen. Ein
       Gesprächsversuch der südostasiatischen Asean-Staaten wurde von der Junta
       vereitelt. Während in Myanmar keine Seite des Konflikts behaupten kann, das
       Land wirklich zu kontrollieren, bahnt sich angesichts der inzwischen
       schweren Wirtschaftskrise eine humanitäre Katastrophe an. Besserung ist
       nicht in Sicht, es gibt keine Anzeichen für ein Nachgeben des Militärs,
       auch ein Kompromiss scheint aktuell unvorstellbar.
       
       In weite Ferne gerückt ist damit auch eine Lösung für die [11][rund eine
       Million vertriebenen Rohingya], die seit Jahren in Flüchtlingscamps in
       Bangladesch ausharren. Sven Hansen
       
       ## Sudan: Ein starkes Netzwerk
       
       ## Wer kämpft wofür?
       
       Ein „neuer Sudan“, in dem nicht mehr das Militär die Politik und die
       Wirtschaft kontrolliert. In dem der Staat die Bürger nicht mehr mit Gewalt
       und Terror überzieht. In dem die Bevölkerungsmehrheit nicht mehr entrechtet
       wird und im Elend lebt. Das ist der Traum der Demokratiebewegung, die
       [12][seit Dezember 2018 in mehreren sudanesischen Städten friedlich auf die
       Straße geht].
       
       2019 erzwang der Massenprotest die Absetzung des Militärdiktators Omar
       Hassan al-Baschir nach 30 Jahren an der Macht – eine historische Wende.
       Doch in der danach eingesetzten zivil-militärischen Übergangsregierung, die
       bis Ende 2022 freie Wahlen vorbereiten soll, haben weiterhin Baschirs
       Generäle das Sagen und verhindern jede ernsthafte Infragestellung ihrer
       politischen Vorherrschaft und wirtschaftlichen Privilegien. Zu den
       Machthabern gehören auch die Verantwortlichen für Kriegsverbrechen in
       Darfur und anderen Bürgerkriegsgebieten Sudans.
       
       Sudans Demokratiebewegung wird getragen von einem dezentralen Netzwerk aus
       Widerstandskomitees, das regelmäßige öffentliche Protestaktionen
       organisiert und auch Selbstorganisation gegen den Staat auf
       Nachbarschaftsebene möglich macht. Der gewünschte Wandel geht über einen
       Machtwechsel an der Staatsspitze hinaus. Es geht auch um ein Ende
       ethnischer Unterdrückung im multiethnischen Sudan, um Gleichberechtigung in
       der Gesellschaft, Frauen- und Minderheitenrechte und darum,
       islamistisch-konservativen Vorstellungen von Moral und Familie entschlossen
       entgegenzutreten.
       
       ## Welche Rückschläge gab es?
       
       Am 25. Oktober setzte General Abdel Fattah al-Burhan, seit 2019
       Vorsitzender des mit präsidialen Vollmachten ausgestatteten
       „Souveränitätsrats“ und damit faktischer Staatschef Sudans, [13][die
       Übergangsregierung von Ministerpräsident Abdalla Hamdok ab und stellte
       diesen unter Hausarrest]. Damit war Sudans Demokratisierung gestoppt. Gegen
       den Putsch regte sich massiver Protest im Land und international.
       
       Vier Wochen später setzte Burhan Hamdok wieder ein – aber mit verringerten
       Kompetenzen und ohne eine neue Übergangsregierung. Das Militär hat damit
       klargemacht, dass es weiterhin Nummer eins im Sudan ist. 46 Menschen sind
       seit dem Putsch vom 25. Oktober durch Gewalt gegen die Proteste getötet
       worden; zuletzt gab es einen Toten und 125 Verletzte nach gewalttätigem
       Einschreiten am 19. Dezember, dem dritten Jahrestag des Protestbeginns.
       
       ## Wie geht es weiter?
       
       Die Protestbewegung fordert nun eine rein zivile Übergangsregierung. Es
       gibt keine Kompromisslinie mehr mit dem Militär. Eine Befriedung und
       politische Annäherung ist nicht in Sicht. Für den 25. und 30. Dezember ruft
       die Demokratiebewegung zu weiteren Massenprotesten auf. Derweil
       verschlechtert sich die Lebenslage der 45 Millionen Einwohner des Sudan:
       Die Inflationsrate liegt derzeit bei rund 300 Prozent, Hunger und
       Unterernährung breiten sich aus, und nach UN-Schätzungen werden im
       kommenden Jahr 14,3 Millionen Menschen humanitäre Hilfe benötigen, so viele
       wie seit zehn Jahren nicht mehr. Dominic Johnson
       
       ## Kuba: Ein Grammy, viele Drohungen
       
       ## Wer kämpft wofür?
       
       Es waren Bilder, die die kubanische Regierung unbedingt verhindern wollte:
       Am 11. Juli gingen [14][in vielen Städten Kubas Tausende Menschen auf die
       Straße]. Unorganisiert, ohne klare Führung einer politischen Organisation
       oder gar Partei. Der einzige Slogan, auf den sich alle einigen konnten:
       „Freiheit“.
       
       Die Proteste wurden schnell niedergeschlagen, Hunderte wurden festgenommen,
       viele davon sitzen bis heute in Haft, manche mit, manche ohne Anklage oder
       Prozess, darunter auch Minderjährige, denen vorgeworfen wird, die Proteste
       mit ihren Handys gefilmt und auf sozialen Medien veröffentlicht zu haben.
       Die Regierung unter Präsident Miguel Díaz-Canel konnte gar nicht schnell
       genug betonen, dass die Proteste von außen gesteuert seien.
       
       Vorausgegangen waren schon Ende des Vorjahres Demonstrationen der
       Künstlergruppe Movimiento San Isidro, die sich sowohl für die
       Freilassung inhaftierter Kolleg*innen einsetzten als auch gegen ein
       neues Gesetz protestierten, das zu Recht als massive Einschränkung der
       Kunstfreiheit begriffen wurde. Ein zunächst von der Regierung angebotener
       Dialog mit Künstlern, die am 27. November vor den Sitz des
       Kulturministeriums gezogen waren, endete mit Einschüchterung und
       Überwachung.
       
       ## Welche Rückschläge gab es?
       
       Auf den 11. Juli folgten nicht nur Inhaftierungen, Ausbürgerungen und
       willkürliche Kurzzeitfestnahmen von Andersdenkenden. Unabhängige
       Journalisten und Mitglieder des Movimiento San Isidro erhielten eine
       Vorladung zum Verhör, Polizeiautos standen permanent vor ihrer Tür, viele
       durften weder Besuch empfangen noch die Wohnung verlassen, nicht einmal zum
       Einkaufen.
       
       Und die staatlich kontrollierten Medien begannen eine beispiellose
       Diffamierungskampagne. Ausschnitte aus Videos der kubanischen Stasi von
       Verhören mit unabhängigen Journalisten wurden – völlig aus dem
       Zusammenhang gerissen – im Fernsehen gezeigt. Die Botschaft sollte sein:
       Lass dich mit diesen Leuten ein, und wir werden dich genauso behandeln.
       
       ## Wie geht es weiter?
       
       Der 11. Juli blieb zunächst ohne Anknüpfungspunkte. Das sollte sich mit
       einer „friedlichen Demonstration für den Wandel“ und für die Freilassung
       aller politischen Gefangenen ändern, zu der die Künstlergruppe
       Archipiélago für Mitte November aufrief. Ihr bekanntestes Gesicht wurde der
       [15][Dramatiker Yunior García Aguilera]. Die Gruppe hatte sogar versucht,
       unter Berufung auf das in Kubas Verfassung garantierte Versammlungsrecht
       die Demonstrationen anzumelden – natürlich wurden sie verboten. Die
       Staatssicherheit mobilisierte, was sie nur konnte, vor den Wohnungen von
       Oppositionellen fanden sich organisierte Parteigruppen ein, verkauft als
       „empörte Bevölkerung“. Am Ende fand keine Demonstration statt. García
       Aguilera verließ Kuba Richtung Spanien.
       
       Dass [16][die Protesthymne „Patria y Vida“] zwar im November in den USA die
       Latin Grammys gewann, Songwriter Maykel „Osorbo“ aber in Kuba im Gefängnis
       sitzt und von Amnesty International als politischer Gefangener geführt
       wird, symbolisiert die Lage. Viele Gründer der unabhängigen Medien haben
       die Insel längst verlassen, weil sie dem permanenten Druck nicht mehr
       standhalten konnten. Das wiederum führt zu Verratsdebatten innerhalb der
       dissidenten Bewegungen – auch ein willkommener Effekt der
       Stasi-Aktivitäten. Bernd Pickert
       
       24 Dec 2021
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://prisoners.spring96.org/en
 (DIR) [2] /Festgenommener-Blogger-in-Belarus/!5774183
 (DIR) [3] /Die-EU-und-Belarus/!5816782
 (DIR) [4] https://www.consilium.europa.eu/de/press/press-releases/2021/12/02/belarus-eu-adopts-5th-package-of-sanctions-over-continued-human-rights-abuses-and-the-instrumentalisation-of-migrants/
 (DIR) [5] https://www.france24.com/en/live-news/20211216-afghan-women-call-for-rights-and-aid-in-taliban-approved-march
 (DIR) [6] https://rukhshana.com/en/women-protest-the-harsh-economic-conditions-in-afghanistan
 (DIR) [7] https://tolonews.com/index.php/afghanistan-175917
 (DIR) [8] https://www.nbcnews.com/news/world/protesters-kabul-urge-release-afghanistans-frozen-assets-taliban-provi-rcna9456
 (DIR) [9] /Friedensnobelpreistraegerin-in-Myanmar/!5820483
 (DIR) [10] /Protest-in-Myanmar/!5795541
 (DIR) [11] /Rohingya-Fluechtlinge-aus-Myanmar/!5800757
 (DIR) [12] /Proteste-gegen-Diktatur-im-Sudan/!5555429
 (DIR) [13] /Sudan-nach-dem-Putsch/!5811452
 (DIR) [14] /Soziale-Unruhen-in-Kuba/!5784943
 (DIR) [15] /Unterdrueckte-Proteste-in-Kuba/!5816599
 (DIR) [16] https://www.youtube.com/watch?v=pP9Bto5lOEQ
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
 (DIR) Barbara Oertel
 (DIR) Bernd Pickert
 (DIR) Sven Hansen
       
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