# taz.de -- Verhältnis der SPD zu Russland: Gesprächskreis ohne Kanzleramt
       
       > Die SPD wirkt in der Ukrainekrise merkwürdig ziellos, Olaf Scholz bleibt
       > in Deckung. Die Außendarstellung übernimmt Lars Klingbeil.
       
 (IMG) Bild: Lars Klingbeil im Willy-Brandt-Haus
       
       BERLIN taz | Es gibt derzeit fünf Worte, die sich SPD-Chef Lars Klingbeil
       auch bei hartnäckigem Nachfragen nicht entlocken lässt. „Nord Stream 2“,
       die umstrittene Gaspipeline durch die Ostsee. Und „Gerhard Schröder“, der
       Name des Altbundeskanzlers, Gazprom-Lobbyisten und Duzfreundes von
       Klingbeil.
       
       Am Montagnachmittag kamen 20 führende SPD-PolitikerInnen im
       Willy-Brandt-Haus zusammen, um die Haltung zum
       [1][Russland-Ukraine-Konflikt] zu beraten. Eine neue Linie ist bei dem
       Treffen nicht anvisiert worden. Verteidigungsministerin Christine Lambrecht
       und Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt waren angekündigt, ließen sich aber
       kurzfristig vertreten. Kanzler Scholz war nicht dabei. Offenbar wollte man
       das Treffen nicht zu hoch hängen und den öffentlichen Fokus nicht auf
       mögliche Uneinigkeiten in der Partei richten.
       
       Die Außendarstellung der SPD übernimmt derzeit Klingbeil, der in
       TV-Interviews die Einigkeit der SPD beteuert. In Interviews wiederholt er
       immer wieder drei Argumente. Erstens: Die Aggression gehe von Moskau aus –
       aber ohne [2][Gerhard Schröders bizarren Satz, die Ukraine solle „das
       Säbelrasseln“ beenden], direkt zu kommentieren. Zweitens werde es bei einem
       militärischem Angriff Russlands harte Sanktion geben – aber ohne Nord
       Stream 2 eigens zu erwähnen. Und drittens versuche Berlin mit Diplomatie
       und Gesprächen (etwa im Normandie-Format mit Frankreich, Russland und der
       Ukraine), einen Krieg zu verhindern. „Jetzt geht es darum, Diplomatie und
       Frieden zu organisieren“, so Klingbeil.
       
       Diese drei Punkte gelten, so der Parteichef, „für die gesamte SPD“. Der
       grüne Parteichef Omid Nouripour hatte den Koalitionspartner SPD vorsichtig
       kritisiert. Es sei „keine Hilfe für die Außenministerin oder den Kanzler,
       wenn draußen das Gefühl entsteht, die Deutschen wären sich nicht einig“.
       Damit zielte der Grüne auf das vielfältige Meinungsspektrum in der SPD.
       
       ## Vorallem Schwesig ist für Nordstream 2
       
       Dort fordern manche, wie der Außenpolitiker Nils Schmid und der Vorsitzende
       des Auswärtigen Ausschusses, Michael Roth, seit Langem einen härteren Kurs
       gegenüber Russland. Sie sind keine Fans der Gaspipeline Nord Stream 2,
       gegen die vor allem die Ukraine und Polen protestieren. Beide Staaten
       fürchten Sonderbeziehungen zwischen Berlin und Moskau. Putin könne damit
       die für Kiew profitable Pipeline durch die Ukraine ersetzen.
       
       Für Nord Stream 2 ist vor allem die Schweriner Ministerpräsidentin Manuela
       Schwesig – die auf Arbeitsplätze in Mecklenburg-Vorpommern hofft. Einige
       der Entspannungspolitik Verpflichtete in der SPD halten die Pipeline für
       eine Art vertrauensbildende Maßnahme zwischen Berlin und Moskau.
       
       Akut ist das Thema Nord Stream 2 dabei derzeit nicht. Die Pipeline muss
       noch von Behörden in Deutschland und der EU genehmigt werden. Das wird
       frühestens ab dem Spätsommer passieren. Falls die Bundesnetzagentur oder
       die EU Genehmigungen verweigern, kann eine jahrelange juristische
       Auseinandersetzung folgen. Klingbeil und die SPD lehnen zudem
       Waffenlieferungen an die Ukraine ab. Waffenexporte in Spannungsgebiete
       seien laut Koalitionsvertrag verboten. Zudem würden sie Berlins Rolle als
       diplomatischer Vermittler beschädigen.
       
       Kanzler Olaf Scholz hält sich in der Debatte auffallend zurück. Er hat
       kürzlich die Formulierung benutzt, dass alle Sanktionen auf dem Tisch lägen
       – also auch die von der SPD gegen Kritik aus den USA und Ostmitteleuropa
       verteidigte Pipeline Nord Stream 2. Mehr war seitdem nicht zu hören. Scholz
       trifft am Montag in Washington US-Präsident Joe Biden.
       
       1 Feb 2022
       
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