# taz.de -- EU-Sanktionsverordnung: Für das Budget und die Menschen
       
       > Die EU muss für Kürzungen den Nachweis liefern, dass eine ordnungsgemäße
       > Verwendung der EU-Gelder gefährdet ist. Die Einschränkung war notwendig.
       
 (IMG) Bild: Es ist im Interesse der Bevölkerung, dass EU-Gelder nicht bevorzugt an Günstlinge von Victor Orbán gehen
       
       Der [1][Europäische Gerichtshof (EuGH) hat geurteilt], aber viele haben das
       Urteil nicht richtig gelesen. Ja, der EuGH hat für finanzielle Sanktionen
       grünes Licht gegeben, wenn EU-Staaten die Rechtsstaatlichkeit missachten.
       Geschützt werden damit aber nur die finanziellen Interessen des
       EU-Haushalts.
       
       Die EU kann nun also nicht gleich mit milliardenschweren Zuschusskürzungen
       auf die Korruption in Ungarn und die zügige Abschaffung unabhängiger
       Gerichte in Polen reagieren. Sie muss stets deutlich machen, dass hier eine
       ordnungsgemäße Verwendung von EU-Mitteln gefährdet ist.
       
       Diese Einschränkung ist unpopulär, deshalb wird sie von vielen
       verschwiegen, die jetzt das EuGH-Urteil feiern. Aber so steht es schon in
       der neuen Sanktionsverordnung, die der EuGH nun geprüft und gebilligt hat.
       
       Typisch EU, werden manche sagen, die Eurokraten denken nur an ihren
       Haushalt und nicht an die inakzeptablen Missstände in den Mitgliedstaaten
       und an die Probleme, die das für die Menschen bringt.
       
       Doch die Einschränkung war nötig, damit die EU-Staaten überhaupt mit
       Mehrheit – gegen die Stimmen von Polen und Ungarn – einen derartigen
       Sanktionsmechanismus einführen konnten. Laut EuGH handelt es sich nämlich
       nur um „Haushaltsvorschriften“, die auch mit Mehrheit beschlossen werden
       durften. Eine Änderung des EU-Vertrags, wo ein echter Sanktionsmechanismus
       hingehört hätte, wäre nie zustande gekommen, denn dafür ist Einstimmigkeit
       erforderlich.
       
       Außerdem ist die Fokussierung auf den EU-Haushalt auch nicht völlig
       unempathisch und kontraproduktiv. Polen und Ungarn bekommen viele
       Milliarden aus dem EU-Säckel, deutlich mehr, als sie einzahlen. Deshalb ist
       die EU in diesen Ländern auch recht beliebt. Es ist also durchaus auch im
       Interesse der Bevölkerung in Ungarn und Polen, dass EU-Gelder nicht
       bevorzugt an Günstlinge von [2][Victor Orbán] gehen und dass die Verwendung
       von EU-Geldern [3][in Polen durch unabhängige Richter] kontrolliert werden
       kann. Der Kampf für Rechtsstaatlichkeit kann also sowohl dem EU-Haushalt
       als auch den Menschen nutzen.
       
       Welche Rolle der neue Sanktionsmechanismus spielen wird, kann niemand
       sagen. Der EuGH hat erst einmal nur das Regelwerk abgenickt.
       
       Es besteht auch keine Eile, dass die EU-Kommission nun schon nächste Woche
       Sanktionen verhängen müsste. Denn Polen und Ungarn warten schon seit
       Monaten auf die Milliarden aus dem Corona-Aufbaufonds, die die
       EU-Kommission wegen der rechtsstaatlichen Mängel in beiden Ländern
       blockiert. Das EuGH-Urteil hat diese De-facto-Sanktionen nun nachträglich
       auch legitimiert.
       
       16 Feb 2022
       
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