# taz.de -- Appell gegen deutsche Aufrüstungspläne: 600 gegen 100 Milliarden
       
       > Ein illustrer Kreis aus Wissenschaft, Kunst und Kultur sowie den
       > Gewerkschaften protestiert gegen die geplante massive Steigerung der
       > Militärausgaben.
       
 (IMG) Bild: Friedensdemo am 27. Februar 2022 in Berlin: Wer gegen den Krieg ist, muss nicht für Aufrüstung sein
       
       BERLIN taz | Hochrüstung wollen sie verhindern, die Demokratie und den
       Sozialstaat bewahren. Anlässlich der ersten Lesung des Bundeshaushalts sind
       an diesem Dienstag rund 600 mehr oder weniger prominente Menschen aus
       verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen mit [1][einem gemeinsamen
       Appell] an die Öffentlichkeit getreten.
       
       Ihr Protest richtet sich gegen [2][das geplante
       100-Milliarden-Euro-„Sondervermögen“ für die Bundeswehr] ebenso wie gegen
       das Vorhaben, dauerhaft mindestens zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts
       für das deutsche Militär auszugeben. „Die auf Jahrzehnte geplante
       Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht, macht unsere Welt
       nicht friedlicher und nicht sicherer“, heißt es in dem Appell. „Wir können
       sie uns im Namen der Zukunft nicht leisten.“
       
       Zu den Erstunterzeichner:innen gehören zahlreiche
       Wissenschaftler:innen, darunter die Soziologen Klaus Dörre, Hartmut Rosa
       und Stephan Lessenich, der Arbeitsrechtler Wolfgang Däubler sowie die
       Politikwissenschaftler Christoph Butterwegge, Ulrich Brand und Frank Deppe.
       Unterschrieben haben auch die Theolog:innen Margot Käßmann, die frühere
       Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, und Andreas
       Lob-Hüdepohl, Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und des
       Deutschen Ethikrats.
       
       Ebenfalls dabei sind die Schriftsteller:inen Kathrin Röggla und Eugen
       Ruge, der Verleger Jörg Sundermeier, die Journalist:innen Şeyda Kurt
       und Günter Wallraff. Mit an Bord sind die Schauspieler:innen Corinna
       Harfouch, Katja Riemann, Annette Frier und Robert Stadlober, die
       Theaterregisseure Milo Rau und Volker Lösch, der Kabarettist Max Uthoff
       sowie die Musiker Bela B. von den „Ärzten“, Sebastian Krumbiegel von den
       „Prinzen“, Torsten Schulz von den „Beatsteaks“ und der unverwüstliche
       Konstantin Wecker.
       
       Etliche Gewerkschafter:innen wie der geschäftsführende
       IG-Metall-Vorstand Hans-Jürgen Urban, der stellvertretende GEW-Vorsitzende
       Andreas Keller oder die nordrhein-westfälische Ver.di-Chefin Gabriele
       Schmidt gehören zu den Unterstützer:innen. Das gilt auch für den
       Ex-IG-Metall-Chef Jürgen Peters und das ehemalige grüne
       DGB-Bundesvorstandsmitglied Annelie Buntenbach.
       
       ## Eindeutige Verurteilung von Putins Angriffskrieg
       
       Mit deutlichen Worten verurteilen die Verfasser:innen des Appells den
       russischen Überfall auf die Ukraine, der durch nichts zu rechtfertigen sei.
       Putins Begründungen für den Krieg seien „Lügen und Propaganda“, er trage
       „die volle Verantwortung für die Toten und die Menschen auf der Flucht“.
       
       Gleichwohl könne dieser Krieg und die fürchterlichen Bilder der Toten und
       Zerstörungen in der Ukraine „eine radikale Kursänderung in der deutschen
       Außenpolitik und die höchste Steigerung der deutschen Rüstungsausgaben seit
       dem Zweiten Weltkrieg – gar durch eine Grundgesetzänderung – nicht
       rechtfertigen“, heißt es in dem Appell. „Die neu anzuschaffenden Waffen
       werden die Ukrainer:innen in ihrem Kampf und Recht auf
       Selbstverteidigung nicht unterstützen.“
       
       Die Appell-Verfasser:innen verweisen darauf, dass schon jetzt die
       Militärausgaben aller 30 Nato-Staaten die russischen um fast das
       Zwanzigfache übersteigen. Sie befürchten, dass eine massive Steigerung der
       deutschen Rüstungsausgaben in Kombination mit der Ankündigung der
       Bundesregierung, an der Schuldenbremse festzuhalten, „die Gefahr massiver
       Kürzungen im sozialen, im kulturellen, im öffentlichen Bereich mit sich
       bringt“.
       
       Sie fordern demgegenüber eine „breite demokratische Diskussion über ein
       umfassendes Sicherheitskonzept, das die Sicherheit vor militärischen
       Angriffen genauso einschließt wie pandemische und ökologische Aspekte“.
       Nicht Hochrüstung, sondern Sicherheit und soziale Gerechtigkeit seien
       Auftrag des Grundgesetzes.
       
       Unter dem Appell stehen, wenig verwunderlich, diverse Mitglieder der
       Linkspartei, [3][an der Spitze Gregor Gysi]. Aber mit dabei sind ebenso
       Politiker:innen der Regierungsparteien SPD und Grüne, wenn auch nicht
       aus den vorderen Reihen.
       
       So gehört der niederrheinische SPD-Bundestagsabgeordnete Jan Dieren ebenso
       zu den Initiator:innen des Appells wie die frühere hessische
       SPD-Landes- und Landtagsfraktionsvorsitzende Andrea Ypsilanti. Bekannteste
       Grüne sind Sarah-Lee Heinrich und Timon Dzienus, die
       Bundessprecher:innen der Grünen Jugend, sowie der mittlerweile
       82-jährige Ex-Parteivorsitzende Hans-Christian Ströbele.
       
       22 Mar 2022
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://derappell.de/
 (DIR) [2] /Bundestags-Sondersitzung-zur-Ukraine/!5835039
 (DIR) [3] /Gysi-attackiert-Wagenknecht--Co/!5838062
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Pascal Beucker
       
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