# taz.de -- Rückgabe von Benin-Bronzen an Nigeria: Neuer Umgang mit altem Unrecht
       
       > Nach Baden-Württemberg und Köln signalisiert nun auch Berlin,
       > Benin-Bronzen aus dem Ethnologischen Museum an Nigeria zurückführen zu
       > wollen.
       
 (IMG) Bild: Deutschland und Nigeria haben sich über den Umgang mit den sogenannten Benin-Bronzen in deutschen Museen verständigt
       
       BERLIN taz/epd | Vor gut einem Jahr beschloss das Land Baden-Württemberg,
       geraubte Benin-Bronzen an Nigeria zurückzugeben, die sich im Bestand des
       Linden Museum in Stuttgart befanden. Fast ein Jahr lang zeigte das Museum
       eine Ausstellung, [1][“Schwieriges Erbe“], die sich mit der Verwobenheit
       zwischen musealen Erwerbungen und Kolonialismus beschäftigte.
       
       Im Februar dieses Jahres fasste auch die Stadt Köln den Beschluss, die
       Benin-Hofkunstwerke aus dem Rautenstrauch-Joest-Museum zurückzugeben. Am
       Dienstag signalisierte jetzt auch Berlin, im zweiten Halbjahr 2022 die
       Benin-Bronzen aus der Sammlung des Ethnologischen Museums der Staatlichen
       Museen zu Berlin an Nigeria zurückzuführen. Konkret steht eine Vereinbarung
       über eine Eigentumsübertragung und Leihgaben an.
       
       Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth
       (beide Grüne) werden nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur am
       Freitag in Berlin mit ihren nigerianischen Amtskollegen eine
       Absichtserklärung unterzeichnen, die den Weg für die Eigentumsübertragungen
       der wertvollen Kunstobjekte freimacht. Für die nigerianische Seite sollen
       Kulturminister Lai Mohammed und der Staatsminister für Auswärtige
       Angelegenheiten, Zubairo Dada, dabei sein. Zwei Bronzen sollen direkt im
       Anschluss übergeben werden.
       
       Die 500 Jahre alten Skulpturen aus dem Königspalast von Benin waren bei der
       sogenannten Britischen Strafexpedition von 1897 geraubt worden. Die
       britische Armee nahm den Königspalast ein, plünderte ihn und brannte ihn
       schließlich nieder. Die Briten verschleppten ihre Kriegsbeute nach London.
       Ab Sommer 1897 wurden die geraubten Hofkunstwerke sukzessive in
       europäischen Auktionshäusern versteigert oder von den britischen Soldaten
       auf dem Kunstmarkt verkauft. Rund 1.100 Bronzen erwarben deutsche Museen,
       oft ein Höhepunkt ihrer ethnologischen Sammlungen, allein mehr als 400
       davon sollen sich in Berlin befinden.
       
       ## Wunden der Kolonialherrschaft
       
       Unter der Leitung der BKM war seit März 2021 über die Rückführungen der
       Benin-Bronzen aus Berlin verhandelt worden. Auf deutscher Seite war neben
       Hermann Parzinger auch die Sprecherin der Benin Dialogue Group und
       Direktorin des Hamburger MARKK, Museum am Rothenbaum Kulturen und Künste
       der Welt, Barbara Plankensteiner, an den Gesprächen beteiligt.
       
       Kulturstaatsministerin Claudia Roth erklärte: „Die Rückgabe von
       Kulturgütern kann nicht die Wunden der brutalen Kolonialherrschaft heilen,
       aber sie ist ein erster Schritt für einen neuen Umgang mit der bisher
       weitgehend ausgeblendeten Vergangenheit. Menschen überall auf der Welt
       haben ein Recht darauf, Zugang zu ihrem eigenen kulturellen Erbe zu haben.
       Sie sollen selbst entscheiden zu können, wie dieses bewahrt und an
       zukünftige Generationen weitergetragen wird.“ Roth wertete die Rückgabe der
       Benin-Bronzen als Anfang einer neuen Zusammenarbeit.
       
       In den Verhandlungen über die Rückgabe ist auch vorgesehen, dass ein Teil
       der Objekte langfristig als Leihgaben in Berlin bleiben soll. Die Auswahl
       darüber ist noch nicht getroffen.
       
       Wichtig ist dieses Ergebnis auch für die Zukunft des Humboldt Forums in
       Berlin, dem neuen Standort der Ethnologischen Museen aus der Stiftung
       Preußischer Kulturbesitz. [2][Seine Eröffnung war überschattet von den
       Debatten um die Raubkunst] und der wachsenden Erkenntnis von dem Ausmaß der
       Geschichten unrechtsmäßiger Aneignung. Auch vor diesem Hintergrund sprach
       Parzinger erleichtert von einer neuen Dimension der Zusammenarbeit. „Die
       Tatsache, dass Nigeria bereit ist, Deutschland hochwertige Leihgaben zu
       überlassen, zeigt, dass wir Vertrauen aufgebaut haben. Wir sind stolz
       darauf, diese Schätze der Weltkultur im Humboldt Forum zeigen zu dürfen.“
       
       29 Jun 2022
       
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