# taz.de -- Rückgabe von Benin-Bronzen: Die Schätze sind nur noch geliehen
       
       > Die größte deutsche Sammlung an Benin-Bronzen gehört nun offiziell
       > Nigeria. Aber Berlin darf ein Drittel als Leihgaben behalten.
       
 (IMG) Bild: Eine „Berliner“ Bronze (Ausschnitt): König mit zwei Begleitern, Relief aus Messing (16. Jahrhundert)
       
       BERLIN taz | Seit Donnerstag gehören die 512 „Berliner“ Benin-Bronzen
       offiziell Nigeria – und die in drei Wochen eröffnende Benin-Ausstellung im
       Humboldt Forum wird „nur noch“ Leihgaben zeigen. Hermann Parzinger,
       Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK), und Abba Isa Tijani,
       Generaldirektor der National Commission for Museums and Monuments (NCMM),
       unterzeichneten am Vormittag den Vertrag über die Eigentumsübertragung.
       Laut Parzinger ist es die größte Eigentumsrückübertragung von
       Sammlungsobjekten aus kolonialen Kontexten.
       
       Kulturstaatssekretärin Claudia Roth sagte: „Diese Rückgabe hat
       Vorbildcharakter für alle Museen in Deutschland, die Sammlungsgut aus
       kolonialen Kontexten besitzen.“ Auch Parzinger zeigte sich in einer
       Pressekonferenz am Nachmittag hoch zufrieden. „Wir sind ausgesprochen
       dankbar für den guten Geist der Gespräche“, sagte er. Kein Wunder: Laut
       Vertrag bekommt Berlin rund ein Drittel der Bronzen, 168 Objekte werden für
       10 Jahre als (kostenlose) Leihgabe zur Verfügung gestellt.
       
       Die Benin-Bronzen sind Kunstwerke aus dem Königreich Benin im heutigen
       Nigeria. Mehrere Tausend wurden im Zuge einer kolonialen „Strafaktion“ 1897
       von britischen Soldaten geraubt und in der Folge von europäischen Museen
       aufgekauft. [1][Berlin hat nach London die zweitgrößte Sammlung weltweit].
       Nigeria verlangt die Bronzen seit Anfang der 1970er-Jahre offiziell zurück,
       doch erst seit wenigen Jahren ist durch den Druck der afrodiasporischen
       Zivilgesellschaft hierzulande, sowie durch den Streit ums Humboldt Forum
       Bewegung in die Restitutionsdebatte kommen.
       
       Im April 2021 erklärten die deutschen Museen mit größeren Benin-Beständen –
       neben Berlin sind dies Hamburg, Köln, Leipzig und Stuttgart – ihre
       grundsätzliche Bereitschaft zu „substanziellen Rückgaben“. Am 1. Juli 2022
       unterzeichneten Roth und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) mit
       ihren nigerianischen Amtskollegen eine entsprechende Absichtserklärung;
       dabei wurden [2][symbolisch zwei Bronzen aus Berlin] übergeben. Mit dem nun
       unterzeichneten Vertrag ist Berlin die erste deutsche Stadt, die in diesem
       Prozess Fakten schafft.
       
       ## Ausstellung umgekrempelt
       
       Die ersten Bronzen würden noch in diesem Jahr zurückgehen, erklärte
       Parzinger; welche, müsse Nigeria noch erklären. Auch die Auswahl der 168
       Leihgaben, die in den kommenden zehn Jahren in Wechselausstellungen im
       Humboldt Forum gezeigt werden sollen, habe Tijani als Chef des NCMM
       getroffen, ergänzte Lars-Christian Koch, Direktor des Ethnologischen
       Museums. Auch er zeigte sich dankbar, dass Berlin weiter Bronzen zeigen
       darf. Die Leihgaben würden „die herausragende Kunst aus Benin in all ihren
       Facetten zeigen“. Die Ausstellung, die am 16. September eröffnet, sei
       gemeinsam mit nigerianischen Partnern völlig neu gestaltet worden.
       Ursprünglich sollten mehr als 200 Benin-Objekte gezeigt werden.
       
       Nun werde es im ersten von zwei Benin-Räumen nur eine Bronze geben, so
       Koch: den Gedenkkopf einer Königinmutter, Iyoba genannt. „Dadurch wird
       Platz geschaffen für die Darstellung der Restitutionsdebatte und der
       Geschichte und Bedeutung der Objekte“, sagte er. Dies werde in Form einer
       Videoinstallation geschehen, in der zehn Akteur*innen der Debatte – auch
       aus Nigeria – zu Wort kommen.
       
       Im zweiten Raum werden rund 30 der historischen Objekte gezeigt, dazu
       aktuelle Kunst aus Nigeria. Die zeitgenössische Kunst spiele eine große
       Rolle, „weil wir zeigen wollen, welch wichtige Rolle die Bronzen als
       Referenz in Nigeria immer noch spielen“, erklärte die Kuratorin Kerstin
       Pinther.
       
       25 Aug 2022
       
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 (DIR) Susanne Memarnia
       
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