# taz.de -- Westafrika beendet Mali-Sanktionen: Wirtschaftsblockade aufgehoben
       
       > Ein Westafrika-Gipfel beendet die vor einem halben Jahr gegen Mali
       > verhängten Sanktionen. Zuvor hatte Mali einen Zeitplan für Wahlen
       > beschlossen.
       
 (IMG) Bild: Gut bewacht: Der Ecowas-Gipfel in Accra, Ghana. Thema waren unter anderem die Sanktionen gegen Mali
       
       BERLIN taz | Westafrka beendet seine Wirtschaftsblockade gegen [1][Mali und
       seine Militärjunta]. Auf einem Gipfeltreffen in Ghanas Hauptstadt Accra
       beschlossen die Staats- und Regierungschefs der Regionalorganisation ECOWAS
       (Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft) am Sonntagabend, die seit Januar
       gegen Mali geltenden Wirtschaftssanktionen aufzuheben.
       
       Am 9. Januar hatte die Ecowas beispiellos scharfe Strafmaßnahmen gegen Mali
       verhängt, nachdem die seit 2020 dort herrschenden Militärs eine Zusage
       zurückgezogen hatten, im Februar 2022 freie Wahlen zur Rückkehr zur
       Demokratie zu organisieren. Die Militärs unter Oberst Assimi Goita wollten
       stattdessen bis 2026 an der Macht bleiben. Westafrikas Staaten – mit
       Ausnahme Guineas, wo ebenfalls Mliärputschisten herrschen – suspendierten
       daraufhin Mali aus der Ecowas, zogen ihre Botschafter aus Mali zurück,
       schlossen ihre Grenzen zu Mali und schlossen das Land sogar aus dem
       regionalen Zahlungssystem des [2][westafrikanischen CFA-Franc] aus.
       
       Das waren schärfere Sanktionen als alles, was bisher gegen Russland wegen
       des Angriffskrieges gegen die Ukraine verhängt worden ist, und es sorgte
       für eine nationalistische Aufwallung in Mali, das sich noch deutlicher als
       vorher Russland zuwandte und vom „westlichen“ Lager löste. Die militärische
       Zusammenarbeit mit Frankreich und der EU wurde beendet, zuletzt wurde eine
       Verlängerung des Mandats der UN-Mission in Mali (Minusma) nur unter
       Vorbehalt akzeptiert – Malis Regierung erklärte vergangene Woche, sie werde
       der UN-Mission nicht zulassen, ihr Mandat zum Schutz der Menschenrechte in
       Mali zu erfüllen.
       
       Nun hat Westafrika angesichts dieser politischen Verhärtung eingelenkt. Die
       Sanktionen enden „mit diesem Tag“, erklärte Ecowas-Kommissionspräsident
       Jean-Claude Kassi am späten Sonntagabend vor der Presse. Individuelle
       Reisesperren gegen Malis Putschisten bleiben aber bestehen, und das Land
       bleibt aus den Ecowas-Organen suspendiert.
       
       ## Durch die Sanktionen war der Außenhandel Malis unterbrochen
       
       Offizieller Grund ist, dass Mali nun einen neuen Wahlkalender vorgelegt
       hat: es soll im November 2023 Parlamentswahlen geben und im Februar 2024
       Präsidetnschaftswahlen. Vorher wird eine neue Verfassung ausgearbeitet.
       Damit ist aus Sicht der Ecowas die Grundlage für eine Aufhebung der
       Sanktionen erfüllt. Verhandlungen dazu gab es in Malis Hauptstadt Bamako
       vergangene Woche.
       
       Ob ein bloßer Wahlfahrplan die schweren politischen Probleme Malis löst,
       dessen Staat über weite Teile des eigenen Territoriums die Kontrolle an
       bewaffnete Gruppen verloren hat, bleibt dahingestellt. Die Sanktionen
       Westafrikas allerdings waren auch kein Beitrag zur Problemlösung gewesen.
       Der Außenhandel des bitterarmen Landes, der vor allem über Dakar in
       [3][Senegal] und Abidjan in der Elfenbeinküste läuft, war unterbrochen,
       Geld wurde knapp.
       
       Erst vor wenigen Tagen revidierte die Regierung ihr Haushaltsprognosen für
       2022 kräftig nach unten: die erwarteten Steuer- und Zolleinnahmen für das
       Jahr sanken von umgerechnet 3,25 auf 2,71 Milliarden Euro. Dazu wurden
       Steuererhöhungen, beispielsweise in der Landwirtschaft und dem
       Telekommunikationssektor angekündigt.
       
       Zur Wirtschaftskrise kommen die globalen Auswirkungen des Ukraine-Krieges
       mit kräftigen Preissteigerungen für Agrarprodukte – was nicht nur für Mali
       ein Problem ist. In weiten Teilen der Sahelregion wird mit einer Zunahme
       des Hungers gerechnet und eine Ausweitung [4][terroristischer Gewalt]
       konstatiert.
       
       ## Ein weiterer Konfliktpunkt: Das Militär als Wahlkandidat
       
       Noch sind allerdings nicht alle Probleme zwischen Mali und Ecowas geklärt.
       So besteht der westafrikanische Staatenbund darauf, dass die regierenden
       Militärs bei den zugesagten Wahlen nicht selbst antreten dürfen. Ein am 24.
       Juni von Malis Präsident Goita in Kraft gesetztes neue Wahlgesetz macht
       solche Kandidaturen hingegen ausdrücklich möglich – Militärangehörige, die
       zu Wahlen antreten wollen, müssen bloß mindestens sechs Momate vorher den
       Dienst quittieren.
       
       In diesem und anderen Punkten, etwa die Zusammensetzung der Wahlkommission,
       hat der vom Miliär dominierte „Nationale Übergangsrat“ – die von den
       Putschisten gebildete Legislative – die Vorlage der Regierung von
       Premierminister Choguel Maiga grundlegend umgeschrieben. Sollte es dabei
       bleiben, wäre der nächste Streit zwischen Mali und seinen Nachbarn
       vorprogrammiert – und auch zwischen Malis Militärs und den zivilen
       politischen Kräften.
       
       4 Jul 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [3] /Glaubensgemeinde-in-Senegal/!5854997
 (DIR) [4] /Viele-Tote-bei-Terrorangriffen-in-Mali/!5859754
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Dominic Johnson
       
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