# taz.de -- Viele Tote bei Terrorangriffen in Mali: Die Gewaltspirale dreht sich
       
       > Nach dem Angriff mit 132 Toten gibt es in Mali Proteste. Dort und in in
       > Burkina Faso nimmt die Gewalt zu – die Militärherrscher reagieren mit
       > Härte.
       
 (IMG) Bild: Der Militärherrscher von Burkina Faso, Oberstleutnant Damiba, beim Truppenbesuch 15. Juni
       
       BERLIN taz | Lange taten Malis Militärmachthaber so, als führe der Rückzug
       Frankreichs und der Einzug russischer Söldner zu mehr Sicherheit.
       Spätestens jetzt ist das vorbei. Die Militärregierung von Oberst Assimi
       Goita hat am Montag drei Tage Staatstrauer verhängt, nachdem mutmaßliche
       Angehörige der bewaffneten Gruppe Katiba Macina in der Nacht zum Sonntag
       mehrere Dörfer im Kreis Bankass in Zentralmali überfielen und nach
       amtlichen Angaben mindestens 132 Zivilisten töteten.
       
       „Von Diallassagou ist nichts mehr übrig“, erklärte in Malis Hauptstadt
       Bamako ein Politiker aus der Region. Die Terroristen rückten lokalen
       Berichten zufolge am Samstagnachmittag in das Dorf ein, zündeten die
       Getreidespeicher an und entführten die Viehherden und den Dorfchef.
       
       Vier Stunden später zogen sie weiter in die Nachbardörfer Dianweli und
       Deguessagou. Deren Bewohner ergriffen die Flucht, so sie konnten. Getötet
       wurden die Zurückgebliebenen: Kinder und alte Leute.
       
       Die Region Bankass ist ein altes Konfliktgebiet zwischen den Volksgruppen
       der Peul, zu denen Islamistenführer Kouffa zählt, und der Dogon, die
       Selbstverteidigungsmilizen mit Unterstützung der Armee gegründet haben. So
       wird aus dem Terrorkrieg [1][ein schmutziger ethnischer Krieg].
       
       In derselben Region wurden im März 2019 134 Peul beim Überfall auf das Dorf
       [2][Ogossagou] getötet. Das Unvermögen der zivilen Regierung Malis, solche
       Konflikte zu beenden, war 2020 ein Grund für die [3][Machtergreifung des
       Militärs] gewesen.
       
       Nun beklagt die Bevölkerung der Konfliktgebiete wieder mangelnden Schutz.
       In Zentralmali sei die Präsenz des Staates dieses Jahr von 27 Prozent der
       Region auf 21 Prozent zurückgegangen, [4][berichtete die UN-Mission in Mali
       (Minusma)] dem UN-Sicherheitsrat vergangene Woche.
       
       Jugendgruppen in Bankass riefen am Dienstag zu einer Kampagne des zivilen
       Ungehorsams auf: Alle staatlichen Dienste außer dem Gesundheitswesen müssen
       schließen, die Straße in die nächste größere Stadt Mopti wurde gesperrt.
       
       Radikale Regierungsanhänger sehen in den Terrorangriffen hingegen Teil
       einer internationalen Kampagne gegen Malis Militär. „Die Realität dieser
       Killerbanden ist mittlerweile bekannt: Es ist ein zynisches Spiel der
       imperialistischen Mächte, die sich unser Land unter den Nagel reißen
       wollen“, behauptete ein [5][Editorial der Zeitung Le National] und rief
       alle Bürger „zu den Waffen, um das Vaterland zu verteidigen“.
       
       ## „Sperrgebiete“ in Burkina Faso
       
       Das Massaker von Diallasagou erinnert an das [6][Massaker von Seytenga] im
       benachbarten Burkina Faso. Das forderte genau eine Woche zuvor mindestens
       86 Tote. Die dortige Militärregierung startete daraufhin neue Operationen
       und vermeldete am Montag die Tötung von 128 „Terroristen“.
       
       Am selben Tag erklärten die Behörden zwei Gebiete im Norden und Osten des
       Landes zu militärischen Sperrgebieten. „Jede menschliche Präsenz oder
       Aktivität in diesen Zonen ist verboten, unter Gefahr, sich den Auswirkungen
       der dort zu führenden Militäroperationen auszusetzen“, [7][so der
       Verteidigungsrat] in Ouagadougou. Die dort lebenden Menschen sollen
       umziehen.
       
       Die Strategie, ganze Landstriche zu Sperrgebieten zu erklären, in denen
       nach Ablauf einer Frist jeder Mensch vogelfrei ist, ist eher aus kolonialen
       Eroberungskriegen in Afrika bekannt.
       
       Der zivilgesellschaftliche Dachverband [8][Bürgerkoalition für den Sahel
       kritisierte] vergangene Woche die „rein militärische“ Strategie der
       Regierungen der Sahelzone. Diese führe in eine „Gewaltspirale, die das
       Vertrauen der Bevölkerung in den Staat weiter schwächt“.
       
       22 Jun 2022
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) [4] https://minusma.unmissions.org/sites/default/files/n2236094eng.pdf
 (DIR) [5] https://www.maliweb.net/editorial/edito-ne-surtout-pas-se-laisser-demoraliser-2980884.html
 (DIR) [6] /Ueberfall-in-Burkina-Faso/!5857995
 (DIR) [7] http://news.aouaga.com/h/141049.html
 (DIR) [8] https://www.coalition-sahel.org/coalition-citoyenne-pour-le-sahel/
       
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