# taz.de -- Prozess in Simbabwe: Dem Regime zu unbequem
       
       > In Simbabwe geht der Schauprozess gegen die mit einem Deutschen
       > verheiratete Tsitsi Dangarembga weiter. Die Schriftstellerin gibt sich
       > kämpferisch.
       
 (IMG) Bild: Vor Gericht: Tsitsi Dangarembga, Gewinnerin des Friedenspreises des deutschen Buchhandels 2021
       
       KAMPALA taz | Es ist ein Schauprozess, der an diesem Mittwoch in Simbabwe
       abgehalten wird. Afrikas berühmteste Buchautorin und [1][Gewinnerin des
       Friedenspreises des deutschen Buchhandels, Tsitsi Dangarembga], steht in
       ihrem Heimatland vor Gericht. Die 63-Jährige ist wegen öffentlichen Aufrufs
       zu Gewalt, Friedensbruch und Bigotterie angeklagt. Mit ihrem Beispiel will
       die autoritäre Regierung ein Exempel gegen alle Regimekritiker statuieren.
       
       Ende Juli 2020 wurden Dangarembga und ihre Mitstreiterin, die Journalistin
       Julie Barnes, während eines Protestmarsches außerhalb der Hauptstadt Harare
       entlang einer Überlandstraße verhaftet, angeblich wegen Verstoßes gegen die
       Corona-Auflagen. Ihr Gesicht versteckt hinter einer Maske zum Schutz gegen
       Corona, mit einer Mütze auf dem Kopf, hielt sie damals ein Schild in der
       Hand: „Wir wollen unsere Institutionen besser reformieren“, stand darauf.
       
       Gründe, in Simbabwe zu protestieren, gibt es genug. Das einst wohlhabende
       Land liegt schon seit Jahrzehnten wirtschaftlich am Boden, seine
       Inflationsrate ist eine der höchsten Afrikas. Die Hoffnung auf Veränderung
       und Besserung, die sich 2017 nach dem Sturz des alten, gebrechlichen Robert
       Mugabe kurzzeitig eingestellt hatte, ist schon lange verpufft. Dessen
       Nachfolger, Emmerson Mnangagwa, führt die autoritäre Politik gegen Kritiker
       unverändert fort.
       
       Das zeigt der Prozess gegen Dangarembga nur allzu deutlich – und das ist
       wohl mitunter der Grund, warum die Frau, die in Berlin mit einem Deutschen
       verheiratet ist und dort Kinder hat, vor zwei Wochen freiwillig in ihre
       Heimat zurückgekehrt ist, um sich dort dem Gericht zu stellen. Zuvor war
       sie noch in Europa auf Lesetour, hat zahlreiche Interviews gegeben. Darin
       hat sie nicht in erster Linie über ihre Bücher gesprochen, sondern über die
       schwierigen Verhältnisse in ihrer Heimat.
       
       ## Gravierende internationale Aufmerksamkeit
       
       28 Verhandlungstage dauert das Verfahren vor dem Korruptionsgericht, das
       direkt dem Präsidenten untersteht und nicht dem Justizministerium, in
       Harare schon an. Zuletzt hat das Gericht einen Haftbefehl gegen sie
       erwirkt. Zum letzten Verhandlungstag am 4. August war die Autorin aufgrund
       von Krankheit nicht erschienen, so ihr Anwalt. Bis zuletzt war Dangarembga
       zuversichtlich, dass die Anklage gegen sie fallen gelassen wird, immerhin
       hat ihr Fall gravierende internationale Aufmerksamkeit erzeugt.
       
       Doch das Gericht zieht den Prozess nun durch. Ein Grund dafür mag sein,
       dass im nächsten Jahr Wahlen in Simbabwe anstehen. Es sind die ersten
       Wahlen seit der Machtübernahme 2017 durch einen Putsch gegen den alten
       Präsidenten Mugabe durch Mnangagwa.
       
       Beide gehören derselben Partei an, Zanu-PF (Zimbabwe African National
       Union/Patriotic Front), die schon seit Jahrzehnten an der Macht ist.
       [2][Bei den nächsten Wahlen geht es also um den Fortbestand des korrupten
       autoritären Regimes.] Einflussreiche Regierungskritiker:innen, die weltweit
       bekannt sind, stören dabei enorm.
       
       ## „Ich habe keine Angst“
       
       Das hat die Schriftstellerin bewogen, so sagt sie in einem Interview vor
       ihrer Abreise aus Europa, sich dem Gericht zu stellen, auch wenn es
       gefährlich für sie ist. Es drohen hohe Haftstrafen. „Ich bin simbabwische
       Staatsbürgerin. Ich habe mein Zuhause und meine Arbeit dort. Ich werde
       diese Turbulenzen durchstehen“, versicherte sie. „Ich habe keine Angst.“
       
       Als Beobachterin mit vor Ort in Harare ist Cornelia Zetzsche,
       Vizepräsidentin des Schriftstellerverbands PEN-Zentrum Deutschland. Laut
       Zetzsche gilt Dangarembga als „unbequeme Kritikerin“ in Simbabwe. Doch
       „Autokraten wollen keine Kritiker“, so Zetzsche: „Ein friedlicher Protest
       wird hier kriminalisiert.“
       
       Im Gerichtsaal werden heute die Zeugen der Verteidigung gehört. Bislang war
       die Strategie des Gerichts offenbar eher Zermürbung, denn zahlreiche
       Termine wurden nur halbherzig durchgezogen, mitunter tauchten weder
       Staatsanwalt noch Richter auf. Dreimal wurde der Richter sogar
       ausgetauscht.
       
       Wie der Prozess ausgehen wird, ist unklar. Dangarembga selbst nennt ihr
       Verfahren einen „kleinen Fall“, denn in Simbabwe sitzen bereits zahlreiche
       Journalisten, Anwälte und Oppositionelle in Haft, die das Regime kritisiert
       haben.
       
       10 Aug 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Simone Schlindwein
       
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