# taz.de -- Kritik an Giffeys Wohnungsbündnis: Bündnis für Deregulierung
       
       > Das Wohnungsbündnis mit den Privaten könnte fatale Folgen für sozialen
       > Neubau und Mieterrechte haben. Das befürchtet die Linke-Politikerin
       > Gennburg.
       
 (IMG) Bild: Außen hui, innen pfui
       
       BERLIN taz | Im Juni wurde das [1][Wohnungsbündnis des Senats mit Teilen
       der privaten Wohnungswirtschaft] geschlossen. Es könnte zu einer
       Deregulierung bei Neubauvorhaben führen und außerdem
       Regulierungsmöglichkeiten beschneiden. Die im Bündnis versprochenen
       Mieterschutzmaßnahmen drohen dabei hintenrunterzufallen. Diese Befürchtung
       äußert die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linksfraktion Katalin
       Gennburg angesichts der Antwort auf eine von ihr eingebrachte Kleine
       Anfrage zu den Bündnisvereinbarungen, die der taz exklusiv vorliegt.
       
       60.000 Wohnungen sollen private Unternehmen bis 2026 bauen. Um diese Zahl
       zu erreichen, wurde im Wohnungsbündnis das Ziel formuliert, vermehrt
       einfache Genehmigungen nach Paragraf 34 des Baugesetzbuches zu erteilen.
       Dies bedeutet den Verzicht auf das Aufstellen von Bebauungsplänen, in denen
       formale Vorgaben definiert werden. Blumig heißt es in dem Papier dazu, dass
       „auch in diesen Fällen sozialer Wohnungsbau angestrebt werden soll“.
       
       Gennburg wollte nun wissen, wie der Senat garantieren will, dass dennoch
       günstiger Wohnraum entsteht. Antwort: „Eine verbindliche Sicherung des
       Sozialwohnungsbaus ist im Zusammenhang von Befreiungen von bestehendem
       Planungsrecht und Projekten nach § 34 BauGB rechtlich nicht direkt
       möglich.“ Dieser könne nur auf Grundlage einer „Einigung der
       Bündnispartnerinnen“ und „auf freiwilliger Basis erfolgen“.
       
       Gennburg nennt dies einen „Offenbarungseid“ und spricht von einer „Abkehr
       von sozialer Stadtentwicklung und von der Konzentration auf soziales
       Bauen“. Sie warnt auch, dass Bezirke darauf verzichten müssten, die soziale
       Infrastruktur im Umfeld von Neubauvorhaben zu gestalten. „Die Folgen davon
       sind über die nächsten 100 Jahre spürbar“, sagt Gennburg.
       
       ## Weniger Regeln im Milieuschutz
       
       Ein Rückschritt droht auch in den [2][Milieuschutzgebieten]. Bislang können
       Bezirke hier teure Sanierungen zulasten der Mieter*innen unterbinden.
       Das Bündnis hatte sich dagegen auf die Gründung einer Arbeitsgruppe
       Milieuschutz „unter Beteiligung der wohnungswirtschaftlichen Verbände“
       geeinigt, um „mögliche Erleichterungen für die Genehmigungspraxis“ zu
       prüfen.
       
       In der Antwort auf die Anfrage wird nun konkretisiert, dass „Maßnahmen zur
       Herstellung von Barrierefreiheit (Aufzüge etc.) und zur energetischen
       Optimierung der Gebäude besondere inhaltliche Schwerpunkte darstellen
       werden“. Laut Gennburg droht hier eine „Deregulierung“ und die
       „Beschneidung einer der letzten verbliebenen Kompetenzen der Bezirke“.
       
       Bei den zwei im Bündnis beschlossenen zentralen mietbegrenzenden Maßnahmen
       ist die Umsetzung ungewiss. So sollten für WBS-Berechtigte Mieterhöhungen
       bis Ende 2023 auf 2 Prozent begrenzt werden und sollte auf Mieterhöhungen
       verzichtet werden, die zu einer Belastung von mehr als 30 Prozent des
       Haushaltsnettoeinkommens führen. Der Senat sieht sich anscheinend
       außerstande dies zu kontrollieren und verweist lediglich darauf, dass die
       Unternehmen diese Versprechen „in geeigneter Weise in
       Mieterhöhungsverlangen umsetzen“.
       
       Das Problem: Weder der Senat noch die Unternehmen wissen, was
       Mieter*innen verdienen und ob sie WBS-berechtigt sind. Gennburg
       bezweifelt, dass die Unternehmen alles tun, um die Schutzregeln tatsächlich
       umzusetzen. Das Pochen auf ihre Rechte sei für Mieter*innen dabei zu
       voraussetzungsreich. „In der Praxis wird es diejenigen, die am dringendsten
       eine Entlastung bei der Miete brauchen, nicht erreichen“, sagt sie.
       
       30 Aug 2022
       
       ## LINKS
       
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