# taz.de -- Olympia-Attentat in München 1972: Beschämend spät
       
       > Deutschland hat beim Olympia-Attentat von 1972 große Schuld auf sich
       > geladen. Dass nun Verantwortung dafür übernommen wird, ist lange
       > überfällig.
       
 (IMG) Bild: Renovierungsarbeiten an einem Gedenkstein für die 11 israelischen getöteten Sportler
       
       Es ist die erste gute Nachricht in einer 50 Jahre andauernden beschämenden
       Farce. Eine Einigung über die Entschädigungszahlungen an die Familien der
       israelischen Terroropfer in München 1972 zeichnet sich ab. Läuft es wie
       geplant, könnten die Familien der elf Athleten, die von einem
       palästinensischen Terrorkommando zuerst entführt und dann ermordet wurden,
       an der [1][Gedenkzeremonie am 5. September, dem Jahrestag des Anschlags,]
       teilnehmen.
       
       Geld spielte bei der Einigung nur zum Teil eine Rolle. Die Überlebenden und
       Hinterbliebenen forderten Einsicht in die Untersuchungsakten. 50 Jahre lang
       verwehrten die deutschen Behörden den Angehörigen, die erklärtermaßen und
       zu Recht wissen wollten, was [2][genau sich in der vom 5. zum 6. September
       1972 abgespielt] hat.
       
       Es war ein Chaos erster Klasse. Zvi Samir, damals Chef des israelischen
       Auslandsgeheimdienstes Mossad, musste machtlos zusehen, wie sich eine
       Handvoll deutscher Scharfschützen ohne Präzisionsgewehr in Position bringt,
       um die Geiseln zu befreien. Geblendet von Scheinwerfern und offenbar im
       Unwissen darüber, wie viele Terroristen überhaupt vor Ort sind, schießen
       sie daneben, sind mit ihrer Mission hoffnungslos überfordert, während die
       erhoffte Verstärkung im Stau steckt.
       
       Israel hatte Hilfe angeboten, hatte flehentlich darum gebeten, die eigenen
       Leute, die für derartige Situationen ausgebildet, ausgerüstet und darauf
       vorbereitet waren, nach Deutschland schicken zu dürfen. Vergebens. Gegen
       Mitternacht kam dann Entwarnung – fälschlicherweise, wie sich wenige
       Stunden herausstellte. „Sie sind alle tot“, erinnert sich Ex-Mossad-Chef
       Samir noch Jahrzehnte nach dem Alptraum mit Tränen ringend an sein
       Telefonat mit Golda Meir, der damaligen Regierungschefin.
       
       Schon kurz darauf werden die Spiele fortgesetzt. Es ist schließlich die
       erste Olympiade seit 1936 auf deutschem Boden. Dass jetzt wieder Juden
       Opfer sind, reichte den Behörden nicht aus, um Verantwortung zu übernehmen,
       um dem [3][Versagen der Polizei] personelle Konsequenzen folgen zu lassen
       oder sich auch nur bei den Familien der Opfer zu entschuldigen.
       
       Eine Million an die Hinterbliebenen ließen die Behörden unmittelbar
       springen und nach 30 Jahre nochmal 3 Millionen, die sich Bayern, die Stadt
       München und die Bundesrepublik teilten. Und die sich die 25
       Familienmitglieder der israelischen Opfer teilen mussten – nach Abzug der
       Gerichtskosten. Jetzt endlich ist mit 28 Millionen Euro eine
       ernstzunehmende Summe im Gespräch. Eine Summe, die erkennen lässt, dass man
       in Deutschland – wenngleich mit großer Verspätung – Verantwortung zu
       übernehmen bereit ist.
       
       31 Aug 2022
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Knaul
       
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