# taz.de -- Strafverfolgung in Niedersachsens Westen: Rassistisch grundierte Kooperation
       
       > Die Kooperationsvereinbarung zwischen Polizei, Staatsanwaltschaft und
       > Städten der Landkreise Emsland und Grafschaft Bentheim klingt übel nach
       > AfD.
       
 (IMG) Bild: Freut sich auf gemeinsame „Action-Days“: Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck, hier im Jahr 2012
       
       Wüsste man es nicht besser, könnte man denken: falsches Gebäude? Aber
       draußen steht tatsächlich „Staatsanwaltschaft“ auf dem Schild und nicht
       „CDU“ oder „AfD“. Doch was am Donnerstag in Osnabrück bei
       Vollmilch-Waffelröllchen und Kaffee präsentiert wird, klingt danach.
       
       Hier sitzen keine Stammtisch-PolitikerInnen, die rassistische Hetze für den
       rechten Rand raushauen. VertreterInnen von Polizei und Staatsanwaltschaft
       sitzen hier, von Städten und Landkreisen, vom Finanzamt. Aber wenn sie
       anekdotisch von [1][„dicken Autos“] reden und von Geldscheinen, mit denen
       „um sich geworfen“ werde, hören sie sich ähnlich an. Worte wie
       „Respektlosigkeit“ gegenüber dem Staat und „Panik“ bei seinen
       Repräsentanten fallen. Der Staat müsse „klare Kante“ zeigen, „ohne Wenn und
       Aber“. Obwohl er, wie er betont, keine Anglizismen mag, freut sich
       Osnabrücks Leitender Oberstaatsanwalt Bernard Südbeck auf gemeinsame
       „Action Days“.
       
       Die Hauptaufgabe der zehnköpfigen „Sicherheitspartnerschaft“ an diesem
       Morgen: Unterschriften leisten, als Signal an „besorgte Bürger“. Eine
       Kooperationsvereinbarung zur „interdisziplinären Bekämpfung von Gefahren,
       Straftaten und Ordnungswidrigkeiten durch clankriminelle Gruppierungen“
       liegt auf dem Tisch. Leider stecken ein paar Polizisten aus Lingen lange im
       Stau, und das heißt: warten. „Die haben doch Blaulicht!“, witzelt die
       Tischrunde. Aber dann wird es ernst: [2][Clankriminalität] ist schließlich
       ein „gesamtgesellschaftliches Problem“.
       
       Stört es hier wirklich niemanden, dass das [3][Wort „Clankriminalität“
       rassistische Beiklänge hat?] Weil es stigmatisierend suggeriert, dass die
       Familienangehörigkeit migrantischer Menschen ein Indiz für ihre
       Kriminalität ist? Stigmatisiert werde hier niemand, beschwichtigen die
       zehn, vorverurteilt auch nicht. Zwischendrin bedauert jemand, dass
       „Behörden manchmal nicht so eng miteinander sprechen dürfen wie sie gerne
       würden“. Ein Seitenhieb gegen die Gewaltenteilung?
       
       ## Tiefstapler im Landeskriminalamt?
       
       Auch von „ethnischer Herkunft“ ist die Rede. Die Clanbekämpfer aus Raum 304
       hätten vielleicht besser vorher bei der Antidiskriminierungsstelle des
       Bundes nachgelesen. Ethnische Herkunft sei „eine Vorstellung“ steht da,
       „keine Tatsache“. Auch ein Blick in § 1 des Allgemeinen
       Gleichbehandlungsgesetzes hätte geholfen.
       
       Es ist ein düsteres Bild. Konkrete Regionalzahlen kann die gefechtsbereite
       Behördenschar jedoch nicht liefern. Aber sie ist sich sicher: Was der
       LKA-Bericht „Clankriminalität in Niedersachsen 2021“ auflistet, hat mit der
       Realität nichts zu tun. Von 472.096 Fällen, heißt es da, sind nur 2.841 als
       Clankriminalität registriert: 0,6 Prozent. Sind sie also gar nicht nötig,
       die „Action Days“? Vieles, raunen die zehn, werde „statistisch nicht
       erfasst“, es gebe ein „Störgeräusch“, ein „Grundrauschen“ der
       Clankriminalität. Das erzeuge Angst, daraus folge Schweigen. Aha.
       
       Niedersachsens CDU [4][wirbt im Wahlkampf mit „Null Toleranz für Clans“,
       als hätte sie die AfD kopiert.] Bei dem, was an diesem Morgen in Raum 304
       vorgeht, zehn Tage vor der niedersächsischen Landtagswahl, wird sie sich
       die Hände reiben.
       
       Bleibt die Frage, wie es um die biodeutschen Clans steht. Sind die mit im
       Visier? Klar, beteuern die zehn. Einer sagt: „Aber da findet man meist
       nicht diese patriarchalen Strukturen.“ Na, dann ist ja gut
       
       30 Sep 2022
       
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 (DIR) Harff-Peter Schönherr
       
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