# taz.de -- Inflationsrate ist existenzbedrohend: Kaum Geld für Süßigkeiten
       
       > Überall auf der Welt werden Lebensmittel teurer. Ob hierzulande oder in
       > Marokko, vor allem Rentner*innen und Kinder müssen jeden Cent
       > umdrehen.
       
 (IMG) Bild: Muss für manche Kinder auch hierzulande derzeit zurück ins Regal: Schokoladen-Nikolaus
       
       Neulich im Supermarkt stand ich hinter den Kassen neben zwei Senior*innen.
       Das bescheidene Rentner*innenpärchen sah so aus, als sei es
       jahrzehntelang durch dick und dünn gegangen.
       
       Beide klammerten sich an einen langen Kassenbon, vor ihnen ein mit
       Alt-Herren-Schokolade [1][und anderen kleinen Sünden] gefüllter
       Einkaufswagen. Sie lächelten hinter ihren Masken. Sie hatten ihre
       Treuepunkte eingelöst und ihren kleinen Einkauf günstiger ergattert. Die
       beiden mussten lange Punkte sammeln und Geld ausgeben, um [2][in den Genuss
       dieses Rabatts] zu kommen. Die Freude über das Schnäppchen in diesen
       schwierigen Zeiten schien unbezahlbar zu sein.
       
       Ich habe in den vergangenen Monaten beobachtet, dass in
       Lebensmittelgeschäften immer mehr Menschen vor Regalen stehen, sich doppelt
       und dreifach Gedanken machen, ob ein Produkt in ihren Einkaufskorb wandert
       oder nicht. Es gibt in Deutschland einen Index für Konsumlaune. Doch geht
       es bei vielen nicht um eine Laune, sondern um [3][Kalkulationen und
       Existenz].
       
       Neulich irrte eine Mutter durch den Discounter mit Einkaufszettel und
       Rechner-App auf dem Handy. Das Kind quengelte, drohte, jeden Moment in
       einen Wutanfall überzugehen. Es wollte unbedingt eine dieser Süßigkeiten
       haben, die ungenießbar sind, die Kids aber schamlos mit ihren
       Lieblingstrickfilmen als Werbung locken.
       
       Die Mutter ging auf Augenhöhe in die Hocke und erklärte mit ruhiger Stimme,
       es sei nicht im Budget. Das Kind nickte und packte die Süßigkeit brav
       zurück ins Regal. So bedrohlich ist die Lage gerade, dass Kinder kampflos
       auf Transfette und Industriezucker verzichten.
       
       ## Existenzsorgen überall
       
       Nicht nur hierzulande ist es existenzbedrohend geworden. In Marokko
       existieren als koloniales Erbe in den Köpfen der Menschen mehrere
       Währungen: 10 Dirham (offizielle Währung) machen 200 Rial (vor allem für
       Ü60er im einst von Spanien besetzten Norden), 1.000 Francs (im
       Landesinneren, wo der französische Kolonialismus wütete) oder einen Euro
       (für Auslandsmaroks). 10 Dirham, so viel kostete bis vor Kurzem auch ein
       Zuckerhut, der zwei Kilo wiegt.
       
       Vor allem für Arme waren Zuckerhüte lange eine vertrauenswürdige und
       stabile Währung. Man konnte sie in Läden kaufen und wieder verkaufen.
       Schenkte sie gerne als Geldanlage weiter.
       
       Heute kostet ein Zuckerhut fast 15 Dirham (1,50 Euro). Die Teuerungsrate
       ist für viele Menschen eine Katastrophe. In anderen ärmeren Regionen dieser
       Welt sieht die Lage nicht besser aus. Kinder und Rentner*innen machen
       sich überall Gedanken und Existenzsorgen.
       
       Es stellt sich die Frage, ob wir als Menschheit nicht grundsätzlich anders
       über Wachstum, die Renditen der Superreichen, die Globalisierung und den
       Kapitalismus an sich nachdenken und Wirtschaften menschenfreundlich
       gestalten sollten. So dass sich alle Zucker leisten können.
       
       1 Dec 2022
       
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