# taz.de -- Sturz der Regierung in der Slowakei: Neuwahlen in Aussicht
       
       > Die slowakische Regierung tat sich in den vergangenen drei Jahren schwer,
       > besonders mit sich selbst. Wie geht es nach ihrem Aus weiter?
       
 (IMG) Bild: Nur noch geschäftsführend im Amt: der slowakische Ministerpräsident Eduard Heger
       
       PRAG taz | Die slowakische Regierung des Ministerpräsidenten Eduard Heger
       hat ihren Rücktritt bei Präsidentin Zuzana Čaputová eingereicht. Tags zuvor
       hatte das Parlament in der Hauptstadt Bratislava der Koalition von Heger
       das Vertrauen entzogen. Bis zum Amtsantritt einer neuen Regierung soll die
       Heger-Regierung kommissarisch die Geschäfte weiterführen.
       
       Von den 150 Abgeordneten hatten 78 gegen die Regierung gestimmt. Das
       Misstrauensvotum war von der liberalen Partei Freiheit und Solidarität
       (SaS) initiiert worden, die ursprünglich selbst an der Regierung beteiligt
       war, aber [1][nach Unstimmigkeiten über die Familien- und Steuerpolitik] im
       September 2022 die Koalition verlassen hatte.
       
       Es ist noch keine drei Jahre her, dass sich die [2][slowakischen Wähler]
       Hoffnungen auf einen Neustart der Regierungspolitik machten. Aus den Wahlen
       im Februar 2020 ging eine Regierung aus vier Parteien hervor – aus dem
       liberalkonservativem und dem rechtspopulistischen Lager.
       [3][Ministerpräsident wurde Igor Matovič]. Doch das vorzeitige Ende der
       Hoffnungen war früh absehbar.
       
       Ihrer Stimmmehrheit zum Trotz kränkelte die Vierparteienkoalition von
       Anfang an, vor allem an sich selbst. Das erste Misstrauensvotum gegen Igor
       Matovič gab es schon nach vier Monaten. Die Tageszeitung Denník N hatte
       herausgefunden, dass er seine Masterarbeit plagiiert hatte. Zwar überstand
       Matovič diese Abstimmung, aber die Regierung blieb im Krisenmodus.
       
       ## Pausenclown der enttäuschten Hoffnung
       
       Um interne Streitigkeiten zu besänftigen und die Koalition zu retten, gab
       Matovič dann nach einem Jahr sein Amt ab. Er tauschte Ende März 2021 mit
       seinem Finanzminister Eduard Heger die Rollen: Heger übernahm die
       Regierung, Matovič das Finanzministerium.
       
       Doch auch da sorgte [4][Matovič weiter für Unmut]. Seine offenbar
       chaotische Art und Unfähigkeit zu jeglicher Zusammenarbeit gilt als
       Hauptursache für das frühe Ende der Regierung. Jetzt wird auch Igor Matovič
       seinen Abschied von der politischen Bühne geben müssen.
       
       Zumindest seine Abschlussvorstellung war bemerkenswert: Schon am
       Mittwochabend war Matovič theatralisch in die Präsidentenkanzlei gestürmt,
       um sein Rücktrittsgesuch als Finanzminister zu übergeben. So sollte das
       Regierungsaus verhindert werden. Noch bevor Präsidentin Caputová das
       Schreiben richtig annehmen konnte, riss er es wieder an sich. War Matovič
       einst als Bürgerschreck der slowakischen Politik angetreten, so endete er
       als Pausenclown enttäuschter Hoffnungen.
       
       Doch kommissarisch bleibt die Regierung Heger erst einmal im Amt, so will
       es die Verfassung. Dabei steht sie aber unter der erhöhten Aufsicht der
       Präsidentin.
       
       Jetzt gibt es drei Wege, die aus der Krise führen: Die Parteien, die im
       Nationalrat vertreten sind, beginnen miteinander zu verhandeln und einigen
       sich auf die Bildung einer neuen Regierung. Oder die Präsidentin ernennt
       eine Übergangsregierung aus Staatsbeamten ihrer Wahl. Einen solchen Schritt
       gehe ein Staatsoberhaupt aber nur äußerst ungern, erklärte Čaputová, noch
       bevor Spekulationen in diese Richtung auftauchen konnten. Als
       wahrscheinliche Lösung gelten aber Neuwahlen. Diese könnten theoretisch im
       Mai oder Juni kommenden Jahres stattfinden.
       
       18 Dec 2022
       
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