# taz.de -- Wahlkampf der SPD in Berlin: Regierende Spitzenkandidatin
       
       > Die SPD setzt bei ihrer Wahlkampagne voll auf Franziska Giffey und
       > versucht, mit dem 29-Euro-Ticket den Grünen Stimmen abzujagen.
       
 (IMG) Bild: Die Politik wagt sich seit Montag wieder auf die Straßen: Wahlplakate in Berlin
       
       BERLIN taz | Die Vorstellung der SPD-Wahlkampagne an diesem Montagmorgen
       läuft bereits eine knappe Stunde, und noch hat keiner der beiden
       SPD-Chef*innen Franziska Giffey und Raed Saleh den Namen einer anderen
       Partei oder Spitzenkandidat*in in den Mund genommen. Das ist ganz klar
       Teil der Taktik, mit der die Sozialdemokraten bei der Wiederholungswahl
       [1][das Rote Rathaus am 12. Februar verteidigen wollen]: Sie setzen voll
       auf sich, auf sozialen Ausgleich und Zusammenhalt – und vor allem auf die
       Regierende Bürgermeisterin und Spitzenkandidatin. „Die SPD muss die
       führende und ausgleichende Kraft sein in Berlin“, betont Franziska Giffey,
       ganz in Rot gekleidet.
       
       Offene Attacken auf die Opposition aus CDU, FDP und AfD scheinen da derzeit
       genauso fehl am Platz wie Kritik an den Koalitionspartnern Grüne und Linke.
       Schließlich gibt sich Giffey betont siegessicher: „Wir werden wieder
       gewinnen.“ Unmöglich ist das nicht, verschiedene Umfrageinstitute sehen
       CDU, SPD und Grüne gleichauf bei je rund 20 Prozent. Eine Tendenz, wer als
       Erster durchs Ziel geht bei der Wahlwiederholung, ist derzeit nicht
       erkennbar.
       
       Doch kurz vor Ende der Kampagnenvorstellung in einem Hotel nahe der
       Oberbaumbrücke – die übrigens stattfindet, nachdem in der Nacht zuvor alle
       Parteien bereits die ersten Plakate in der Stadt aufgehängt haben – drängt
       es SPD-Co-Chef Raed Saleh dann doch zu einem Angriff auf die Grünen. Deren
       Verkehrssenatorin und Spitzenkandidatin Bettina Jarasch [2][hatte den
       Anspruch erklärt, Giffey im Roten Rathaus ablösen zu wollen]. Saleh
       verpackt seine Attacke geschickter: Statt Jarasch offen zu kritisieren,
       ermutigt er sie, sich offensiver für die Verkehrswende einzusetzen: „Ich
       wünsche mir mehr Mut und Visionen aus der Verkehrsverwaltung.“
       
       Während die SPD im Wahlkampf 2021 noch freie Fahrt für Autos forderte, will
       sie diesmal den Begriff Verkehrswende für sich kapern. Insbesondere die
       Position der Grünen zum Berliner 29-Euro-Ticket könne er nicht
       nachvollziehen, so Saleh weiter. Die von seiner Partei einst vorgeschlagene
       Verlängerung des ursprünglichen 9-Euro-Tickets für den öffentlichen
       Nahverkehr sei, schon allein gemessen an den Verkaufszahlen, ein Erfolg.
       „Ich habe kein Verständnis dafür, dass sich die grüne Verkehrssenatorin
       dagegen sperrt, das Ticket über den April hinaus zu verlängern.“
       
       Die SPD hingegen verspricht, das nur im Berliner AB-Bereich gültige Ticket
       auch dann zu diesem Preis fortzusetzen, wenn das bundesweite 49-Euro-Ticket
       wie vom Bund geplant zum 1. Mai kommen sollte. Man müsse Anreize schaffen,
       um Menschen zu motivieren, auf den ÖPNV umzusteigen, betont Saleh. Die
       Grünen lehnen bisher ab, dass beide Tickets parallel angeboten werden, und
       fordern statt einem Pauschalangebot für alle spezifischer auf sozial
       schwache Zielgruppen ausgerichtete Fahrkarten.
       
       Ob sie das durchhalten bis zum 12. Februar? Die SPD jedenfalls will die
       Debatte über das 29-Euro-Ticket zu einem zentralen Wahlkampfthema machen.
       Auch das einzige an diesem Montag vorgestellte Großplakat mit inhaltlichen
       Forderungen zielt genau darauf. Ansonsten dominiert Franziska Giffey die
       Kampagne und die 1.600 sogenannten Großflächen, also frei stehende Plakate;
       zudem hängen die Sozialdemokraten rund 47.000 kleinere Poster auf, etwa an
       Laternen.
       
       So steht auf einem Poster über dem Foto einer am Schreibtisch Akten
       lesenden Giffey der Satz: „Arbeiten für Berlin“. Auf einem anderen ist die
       Regierende überschrieben mit dem Slogan „Franziska Giffey, unsere
       Regierende“. „In schwerer See wechselt man nicht die Steuerfrau“, erklärt
       Giffey dazu. Unverändert eckig bleibt das rote SPD-Herz, den Hashtag
       #zusammenBerlin verkürzt die Partei gern zu „zsm Berlin“ wohl in der
       Hoffnung, eine junge Klientel zu erreichen.
       
       ## Olaf Scholz macht Wahlkampf für Giffey
       
       Voll auf Angriff gegen die Mitstreiter*innen soll es dann aber
       kommenden Montagabend gehen. Im traditionsreichen Wintergarten kommt zum
       offiziellen Wahlkampfauftakt auch Bundeskanzler Olaf Scholz.
       
       Nicht beirren lassen will sich Giffey derweil von der Möglichkeit, dass die
       Wahlwiederholung noch einmal abgesagt wird. Mitte Dezember haben mehr als
       40 Berliner Abgeordnete aus Bezirksparlamenten und dem Abgeordnetenhaus
       [3][vor dem Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gegen das Urteil des
       Berliner Verfassungsgerichts geklagt]; Letzteres hatte die Wahl von 2021
       für ungültig erklärt.
       
       Die Kläger*innen halten die Begründung der Berliner Richter*innen
       [4][für nicht ausreichend für eine komplette Wiederholung]. Bis 10. Januar
       hat Karlsruhe nun Stellungnahmen eingefordert. „Wir können uns nicht
       ständig auf alles Neue einstellen“, sagt die SPD-Spitzenkandidatin dazu auf
       taz-Nachfrage. „Jetzt bereiten wir uns mit ganzer Entschlossenheit auf den
       12. Februar vor.“
       
       2 Jan 2023
       
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 (DIR) Bert Schulz
       
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