# taz.de -- 70 Jahre Augsburger Puppenkiste im TV: Puppenkiste feiert TikTok-Revival
       
       > Vor 70 Jahren wurde die erste Augsburger Puppenkiste gesendet. Tom
       > Böttcher verhilft den Marionetten auf TikTok nun zu neuer Beliebtheit.
       
 (IMG) Bild: Strippenzieherinnen in Augsburg, 1957. (Bildausschnitt – das ganze Bild steht weiter unten)
       
       Die beiden Frauen auf dem Foto aus dem Jahr 1957 kennen Sie vermutlich
       nicht. Wohl aber die Wesen am anderen Ende der Strippen: Urmel aus dem Eis,
       das Sams, den kleinen König Kalle Wirsch – die Figuren [1][der Augsburger
       Puppenkiste]. Und die feiert ein Jubiläum: Vor 70 Jahren strahlte die ARD
       mit „Peter und der Wolf“ erstmals ein Stück des Marionettentheaters im
       Fernsehen aus. Zahlreiche Stücke folgten – das wohl bekannteste: „[2][Jim
       Knopf und Lukas der Lokomotivführer]“. 
       
       Doch inzwischen haben die Fernsehsender das Interesse am Puppenspiel
       verloren. Zu Unrecht, findet Tom Böttcher. Der 28-Jährige Schauspieler ist
       dank der Puppenkiste seit Neuestem auch Social-Media-Star. [3][Auf dem
       Videoportal Tiktok] ahmt er die skurrilen Bewegungen der Puppen nach. Er
       wandelt mit schlabberigen Gliedmaßen und leerem Blick durchs Bild, kocht
       sich Kaffee, schnackt mit dem Nachbarn, unterlegt mit der ikonischen Musik
       aus „Jim Knopf“.
       
       wochentaz: Herr Böttcher, sind Puppenspiele nicht viel zu langweilig, um
       junge Menschen noch zu begeistern? 
       
       Tom Böttcher: Das dachte ich am Anfang auch. Gerade auf Tiktok, wo das
       Publikum ziemlich jung ist, kennt das doch niemand mehr! Mich hat
       überrascht, wie gut die ersten Videos ankamen.
       
       [4][Ihre Videos] haben zum Teil Hunderttausende Likes. Woher kommt diese
       Begeisterung? 
       
       Ich glaube, bei vielen werden ganz tief sitzende Erinnerungen geweckt. Den
       Klang der „Jim Knopf“-Musik und die Ästhetik der Puppenkiste verbinden
       viele mit ihrer Kindheit. Ich habe seit Oktober wohl an die tausend
       Nachrichten, in denen Menschen erzählen, wie glücklich sie meine Videos
       machen. Das berührt mich sehr.
       
       Was verbinden Sie persönlich mit der Augsburger Puppenkiste? 
       
       Ich war [5][als Kind ein Riesenfan]. Ich kann mich genau erinnern, wie ich
       Abend für Abend vor unserem Röhrenfernseher saß und mir diese VHS-Kassetten
       reingezogen habe. Dabei habe ich auch die Bewegungen der Puppen komplett
       verinnerlicht. Um die Tiktok-Videos zu drehen, musste ich mir die Videos
       nicht noch mal anschauen.
       
       Wie kamen Sie auf die Idee? 
       
       Ich hatte schon immer großen Spaß daran, andere nachzuahmen. Vielleicht bin
       ich deshalb Schauspieler geworden. Und die Puppen aus der Puppenkiste habe
       ich schon als kleines Kind nachgeahmt. Ich wollte einfach mal was Neues
       ausprobieren, [6][Tiktok war dafür] die perfekte Plattform, weil man mit
       den richtigen Inhalten in ganz kurzer Zeit sehr viele Menschen erreichen
       kann. Da kennt mich noch niemand, dann kann ich da auch mal etwas
       Experimentelles posten.
       
       Welcher ist Ihr Lieblingsfilm der Augsburger Puppenkiste? „Schlupp vom
       Grünen Stern“. Da geht es um einen Roboter, der nur durch
       Streicheleinheiten zum Leben erweckt werden kann.
       
       25 Jan 2023
       
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 (DIR) Alexandra Hilpert
       
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