# taz.de -- Zu wenig Berichterstattung laut NGO Care: Vergessene Krisen in Afrika
       
       > Viele globale Krisen – insbesondere in Zentralafrika – gehen in der
       > derzeitigen medialen Berichterstattung unter. Das fand eine
       > internationale NGO heraus.
       
 (IMG) Bild: Fischer an den Ufern des Flusses Oubangui in Bangui, Hauptstadt der Zentralafrikanischen Republik
       
       BONN epd | Angesichts des Ukraine-Krieges drohen der internationalen
       Hilfsorganisation Care zufolge viele andere globale Krisen bei der
       weltweiten Berichterstattung in den Hintergrund zu rücken. Betroffen ist
       demnach vor allem Zentralafrika, wie Care Deutschland am Mittwoch in Bonn
       mitteilte. Alle zehn humanitären Krisen, über die 2022 in Online-Medien am
       wenigsten berichtet wurde, beträfen diese Region.
       
       Für die inzwischen siebte jährliche Auswertung [1][„Breaking the Silence
       (das Schweigen brechen) – zehn humanitäre Krisen, die keine Schlagzeilen
       machten“] untersuchte der internationale Medienbeobachtungsdienst Meltwater
       im Auftrag von Care mehr als 5,8 Millionen Online-Artikel in den Sprachen
       Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch zwischen Januar und
       Oktober 2022.
       
       Demnach war der [2][Krieg in der Ukraine] mit 2,2 Millionen Online-Artikeln
       die am meisten dokumentierte Krise. Dagegen gab es etwa über die in Angola
       herrschende schlimmste Dürre seit 40 Jahren mit vier Millionen Hungernden
       lediglich knapp 2.000 Artikel.
       
       Die „Top Ten“ wurden aus einer Liste mit 47 humanitären Krisen
       herausgefiltert, unter denen jeweils mindestens eine Million Menschen
       leiden. Nach dem „Spitzenreiter“ [3][Angola], der am wenigsten mediale
       Aufmerksamkeit erhielt, folgen auf dem zweiten Platz Malawi – 37 Prozent
       der Kinder sind dort mangelernährt – und auf Platz drei die
       Zentralafrikanische Republik – dort brauchen 3,1 Millionen Menschen
       humanitäre Hilfe. Außerdem gelistet sind Sambia, wo die Hälfte der Menschen
       von weniger als 1,90 Euro am Tag lebt, und der Tschad mit der weltweit
       zweithöchsten Sterblichkeitsrate von Müttern.
       
       ## Mitarbeiter von Care erleben täglich Ausmaß der Krisen
       
       „Die Vereinten Nationen warnten kürzlich vor einer historischen Hungerkrise
       in Afrika“, erklärte die Vize-Präsidentin für internationale Programme bei
       Care, Claudine Awute. Das Ausmaß erlebten Mitarbeiter der Hilfsorganisation
       täglich bei ihrer Arbeit. „Angesichts dieser dramatischen Lage ist es umso
       besorgniserregender, dass über die Not der Menschen kaum berichtet wird.
       Wenn wir weiterhin wegsehen, hat das katastrophale Konsequenzen.“
       
       Für den Care-Generalsekretär in Deutschland, Karl-Otto Zentel, belegt die
       Auswertung auch eine ungeschriebene Regel in der Medienwelt: „Je weniger
       räumliche Distanz zwischen uns und einer Krise ist und je besser wir uns
       mit den betroffenen Menschen identifizieren können, desto mehr
       Aufmerksamkeit widmen wir den Ereignissen.“
       
       Die Geschäftsführerin von Care Österreich, Andrea Barschdorf-Hager, fügte
       hinzu: „Es ist Teil unseres Auftrags, die vergessenen Krisen zu erwähnen.“
       Der Blick der Medien richte sich immer darauf, was aktuell sei. Das heiße
       aber eben nicht, dass die anderen [4][humanitären Krisen] nicht mehr da
       seien. Weltweit sind nach Angaben von Care inzwischen 339 Millionen
       Menschen auf humanitäre Hilfe in Form von Wohnungen, Nahrungsmitteln sowie
       Wasser- und Gesundheitsversorgung angewiesen.
       
       12 Jan 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.care.at/wp-content/uploads/2023/01/Breaking-the-Silence-2022_at_RZ_digital-1.pdf
 (DIR) [2] /Schwerpunkt-Krieg-in-der-Ukraine/!t5008150
 (DIR) [3] /Angola-nach-den-Wahlen/!5877644
 (DIR) [4] /Humanitaere-Hilfe-fuer-Pakistan/!5904853
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Humanitäre Hilfe
 (DIR) Krise
 (DIR) Angola
 (DIR) Afrika
 (DIR) Berichterstattung
 (DIR) NGOs
 (DIR) Tschad
 (DIR) Afrika
 (DIR) Sambia
 (DIR) Deutscher Kolonialismus
 (DIR) Schwerpunkt Demokratische Republik Kongo
 (DIR) Schwerpunkt Pestizide
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Tschad erbost über „unhöfliche Haltung“: Deutscher Botschafter ausgewiesen
       
       Diplomat Jan-Christian Gordon Kricke soll das Land innerhalb von 48 Stunden
       verlassen. Örtliche Medien vermuten Kritik an der Regierung als Grund.
       
 (DIR) Lücken der deutschen Afrikastrategie: Afrikas Vielfalt wahrnehmen
       
       Das BMZ übersieht, dass 54 Länder auf unterschiedliche Ansätze warten. Die
       Regierung sollte die Strategie entwickeln, nicht nur ein Ministerium.
       
 (DIR) Energienotstand im südlichen Afrika: Der dunkle Kontinent
       
       In immer mehr Ländern im südlichen Afrika verschlechtert sich die
       Stromversorgung. Es wurde wenig investiert, nun kommen Folgen des
       Klimawandels dazu.
       
 (DIR) Historiker über koloniale Aufarbeitung: „Ein Kratzen an der Oberfläche“
       
       Der Historiker Jürgen Zimmerer erforscht, wie Hamburg von Völkermord und
       Kolonialismus profitiert hat. Dabei stößt er zunehmend auf Widerstände.
       
 (DIR) Europäische Söldner im Kongo: Unselige Tradition
       
       Weiße Abenteurer, die in Afrika auf Bestellung töten, gab und gibt es
       viele. Nun wütet eine rumänische Söldnertruppe im Kongo.
       
 (DIR) Landwirtschaft und Ernährungssicherheit: Gift aus dem Ausland
       
       Kleinbauern in Uganda verwenden Pestizide, die in Europa verboten sind. Nun
       will Deutschland auch deren Export untersagen. Welche Folgen hätte das?