# taz.de -- Durchbruch in der Kryptologie: Mary Stuarts verschlüsselte Briefe
       
       > Ein internationales Forscherteam hat Briefe von Mary Stuart I.
       > entschlüsselt. Geholfen hat dabei ein Algorithmus.
       
 (IMG) Bild: Maria Stuart (1542-1587), Königin von Schottland, in einem historischen Stich
       
       Was hatte die schottische Königin [1][Mary Stuart] zu ihren Haftbedingungen
       zu sagen? Und was sollte der französische Botschafter, mit dem sie aus dem
       Gefängnis in Kontakt stand, dringend von ihr wissen? Das sind nicht
       unbedingt Fragen, die uns täglich umtreiben. Trotzdem sind die Antworten
       darauf spannend. Denn in vielen Archiven der Welt liegen Briefe herum, die
       niemand lesen kann, weil sie durch eine Geheimschrift verschlüsselt sind.
       
       Drei Hobby-Kryptologen – ein israelischer ITler, ein Professor an der
       Berliner Universität der Künste und ein japanischer Astrophysiker – haben
       nun in der französischen Nationalbibliothek mehr als 50 Briefe gefunden,
       die offenbar aus der Feder von Königin Mary stammen. Sie hat sie Ende des
       16. Jahrhunderts aus der Gefangenschaft in England heraus an den
       französischen Botschafter in London geschrieben. Ein Zufallsfund – denn
       katalogisiert waren die zunächst unlesbaren Briefe als „irgendwas mit
       Italien“.
       
       ## Die Studie
       
       Die von Mary I. verfassten Briefe enthielten keine Buchstaben, sondern
       Symbole. Diese Zeichen fütterten die Kryptologen im Rahmen eines
       Online-Entschlüsselungsprojektes einem Algorithmus ein, der zunächst
       italienische Worte finden sollte. Erst als die Spezialisten den Algorithmus
       auf Französisch umstellten, entschlüsselte er einige Fragmente. Aus diesen
       konnten die [2][Kryptologen] ein paar Vor- und Nachsilben sowie häufig
       vorkommende Worte ableiten.
       
       Der verwendete Code ist kniffelig, er enthielt zum Beispiel auch einige
       Symbole, die keinem Buchstaben entsprechen, sondern zum Beispiel eine
       Doppelung anzeigen. Erst als die Forscher in britischen Archiven Briefe
       fanden, die zu den entschlüsselten Fragmenten passten, konnten sie sich
       sicher sein, dass die Briefe wirklich von Mary persönlich stammten. Ihre
       Ergebnisse [3][veröffentlichten sie im Fachmagazin Cryptologia].
       
       ## Was bringt’s?
       
       Neue Erkenntnisse über die Machtkämpfe am englischen Königshof im späten
       16. Jahrhundert. In den Briefen geht es unter anderem um verschiedene
       Intrigen gegen Königin Elizabeth I. – mal mit, mal ohne Beteiligung Mary
       Stuarts. Auch die Bedingungen ihrer Haft beschreibt Mary in den Briefen.
       Viel Raum nimmt zudem die Frage ein, wie die Inhaftierte und der
       Botschafter ihre geheime Kommunikation aufrechterhalten können.
       
       Mary warnte den Botschafter mehrfach, es gebe einen Spion in seiner
       Botschaft. Und sie sollte recht behalten: Tatsächlich stammen die
       unverschlüsselten Briefe, anhand derer die Forscher die Echtheit der
       kodierten Briefe beweisen konnten, aus der Sammlung des Chef-Agenten von
       Elizabeth I.
       
       Für die weitere Auswertung hoffen die Autoren auf Interessierte: Wer sich
       den Schriftverkehr genauer anschauen möchte, ist herzlich eingeladen, sich
       bei ihnen zu melden. Besonders schön wäre es, eine kommentierte Ausgabe der
       entschlüsselten Briefe herauszugeben. Freiwillige vor!
       
       22 Feb 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Historienfilm-Maria-Stuart--ein-Trend/!5563428
 (DIR) [2] /Archiv-Suche/!1220734&s=Kryptologie&SuchRahmen=Print/
 (DIR) [3] https://www.tandfonline.com/doi/full/10.1080/01611194.2022.2160677
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jonas Waack
       
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