# taz.de -- Fraktionsklausur der Grünen: Klimaschutz mit Absage
       
       > Die Grünen beraten, wie sie mehr Klimaschutz in der Ampel durchsetzen
       > können. Sie scheitern bereits an Betriebsräten aus der Lausitz.
       
 (IMG) Bild: Angesäuert beim Klausurauftakt in Weimar: Spitzen-Grüne aus Fraktion und Regierung Dröge, Habeck, Haßelmann und Baerbock
       
       WEIMAR taz | In der Theorie klingt gut, was die Fraktionsvorsitzende der
       Bundestags-Grünen am Dienstag in Weimar sagt. „Im Dialog mit den Menschen“
       wollten die Grünen den Weg in den Klimaneutralität schaffen, betont
       Katharina Dröge beim Auftakt der Klausurtagung ihrer Fraktion. Und: Bei den
       Grünen stehe das Soziale immer direkt neben [1][der Klimapolitik].
       
       Verdeutlichen sollte das eigentlich auch die Auswahl der Gäste, die die
       Fraktion zu ihrer Klausur eingeladen hatte. Doch zwei Arbeitnehmervertreter
       des Lausitzer Energiekonzerns Leag machten den Grünen einen Strich durch
       die Rechnung. Kurz vor Beginn der Klausur sagten am Montag der
       Betriebsratsvorsitzende Uwe Teubner und sein Stellvertreter ihre Teilnahme
       ab. Hintergrund ist eine Beschlussvorlage für die Klausur. Darin heißt es,
       dass die Grünen den Kohleausstieg auch im Osten um acht Jahre auf 2030
       vorziehen wollen.
       
       „Leider sehen wir uns gezwungen, von einer Teilnahme an der
       Fraktionsklausur der Grünen am 21.03.2023 in Weimar Abstand zu nehmen“,
       schrieben die Betriebsräte am Montag in einem Brief an die Fraktion.
       Eingeladen worden seien sie ursprünglich zum Thema „Strukturwandel“. Sie
       hätten berichten sollen, wie dieser „für unsere Kolleginnen und Kollegen
       gelingen könnte“. Offensichtlich sei in Wahrheit aber Sinn und Zweck der
       Klausur, ein „willkürliches neues Ausstiegsdatum“ zu setzen – und das gehe
       gar nicht.
       
       Die Fraktion hatte den Betriebsräten ihren Beschlussentwurf in der
       vergangenen Woche übermittelt. Betriebsrat Teubner sagte der taz am
       Dienstag: Als er und seine Kollegen den Text und die Jahreszahl 2030
       gelesen hätten, seien sie bereits ins Grübeln geraten. „Wollen wir uns für
       die Schlagzeile zur Verfügung stellen, dass die Grünen mit
       Belegschaftsvertretern über einen vorgezogenen Kohleausstieg beraten?“
       Übers Wochenende habe man über die Sache nachgedacht. Als sich am
       Montagmorgen dann erste Medien meldeten, um Interviews zur Klausur
       anzufragen, habe man die Reißleine gezogen. In ihrer Position sind die
       Betriebsräte klar: Einen vorgezogenen Ausstieg wie im Rheinland wollen sie
       nicht. „Wir stehen für solche Deals nicht zur Verfügung“, heißt es in ihrer
       Absage.
       
       ## Klimaschutz kommt nicht voran
       
       An Schadensbegrenzung versucht sich in Weimar der Wirtschaftsminister. Es
       sei ein kluges und starkes Zeichen der Fraktion gewesen, die Betriebsräte
       einzuladen, sagt Robert Habeck. Er kenne und schätze die beiden Männer als
       „kluge ausgewogene Vertreter“. Dass die ausgestreckte Hand nicht ergriffen
       werde, sei schade. Das Gesprächsangebot gelte aber weiter.
       
       Eine Posse, einerseits. Andererseits: An der Anekdote zeigt sich, mit
       welchen Problemen die Grünen in ihrem zweiten Regierungsjahr auch allgemein
       zu kämpfen haben. Mit ihren Vorhaben [2][zum Klimaschutz kommen] sie
       momentan nicht wirklich voran. Die öffentliche Meinung und die
       Koalitionspartner stehen zu häufig im Weg.
       
       Nur drei der vielen Streitthemen: Das Verbot von Verbrennermotoren in
       Neuwagen ab 2035, für das der Koalitionspartner FDP mehr Ausnahmen fordert;
       die Beschleunigung von Planungsverfahren in deutschen Behörden, die die
       Liberalen nicht nur für Windräder und Bahngleise, sondern auch für
       Autobahnen durchsetzen wollen; und das schrittweise Verbot von Öl- und
       Gasheizungen, das Wirtschaftsminister Habeck gerade plant und das ebenfalls
       auf Widerstände stößt.
       
       ## Drei Tage Weimar
       
       Entsprechend angesäuert klingen die Spitzen-Grünen am Dienstag beim
       Klausurauftakt. „Es kann nicht sein, dass in einer ‚Fortschrittskoalition‘
       nur ein Koalitionspartner für den Fortschritt verantwortlich ist“, sagt
       Habeck. Fraktionschefin Britta Haßelmann mahnt: „Die Bekämpfung der
       Klimakrise ist die zentrale Menschheitsaufgabe. Es reicht nicht, sie in
       Sonntagsreden zu beklagen.“
       
       Und ihre Co-Vorsitzende Katharina Dröge drängt auf Fortschritte beim fürs
       Wochenende angesetzten Koalitionsausschuss, gerade im Bereich Verkehr. Sie
       kritisiert [3][FDP-Verkehrsminister Volker Wissing], der nicht liefere –
       aber auch Olaf Scholz, der sich aus Sicht vieler Grüner zu stark aus den
       Konflikten heraushält. Am Ende verantworte auch der Kanzler den
       Klimaschutz, sagt Dröge.
       
       Drei Tage lang tagt die Grünen-Fraktion insgesamt in Weimar; die
       Klimakonflikte in der Koalition werden dabei die Debatten bestimmen.
       „Klimaschutz und sozial-ökologische Transformation“, lautet einer der
       Tagesordnungspunkte. „Das zweite Ampel-Jahr: Ein Blick nach vorne“, ein
       anderer.
       
       21 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Milliarden-fuer-den-Klimaschutz-in-Berlin/!5922511
 (DIR) [2] /Klimabilanz-des-Jahres-2022/!5918932
 (DIR) [3] /CO2-Emissionen-im-Verkehr/!5918724
       
       ## AUTOREN
       
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 (DIR) Tobias Schulze
       
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