# taz.de -- Neuer Frankfurter Oberbürgermeister: Aus Syrien über Ulm in den Römer
       
       > Mike Josef gewinnt die Stichwahl am Main. Der SPDler hat eine klassische
       > Aufsteiger-Biografie und etwas gemeinsam mit Linken-Chefin Wissler.
       
 (IMG) Bild: Mike Josef nach dem Gewinn der Stichwahl mit seiner Frau im Römer
       
       FRANKFURT/MAIN taz | Ein weiter Umzug steht für Mike Josef zumindest nicht
       an. Seit 2016 ist er schon Planungsdezernent der Stadt Frankfurt. Vom
       Stadtplanungsamt in sein neues Büro mit dem Blick auf den Römerberg sind es
       nur wenige hundert Meter. Dort, im Frankfurter Rathaus, wird [1][der
       SPD-Mann demnächst als Oberbürgermeister amtieren].
       
       „Ich danke der Stadt, dass sie mir diese Chance gegeben hat“, sagt der
       Wahlsieger am Sonntagabend im Gedränge der Frankfurter M-Bar, wo die
       Sozialdemokraten ihren Erfolg feiern. Die Frankfurter SPD will jetzt
       endgültig aus dem Schatten der AWO-Affäre treten. Ihr einstiger
       Lokalmatador Peter Feldmann war wegen Bestechungsvorwürfen als OB abgewählt
       worden [2][und verließ die Partei im Zorn]. „Ich werde gewisse Strukturen
       verändern, dass klar ist, dass wir das alte Kapitel abgeschlossen haben“,
       sagt Josef.
       
       Auf dem Höhepunkt seiner Karriere erinnert er dann an seinen langen Weg:
       „Ich habe mit meiner Mutter telefoniert. Sie hat gemeint: ‚Weißt du noch,
       wie wir in den Achtzigern zusammen nach Deutschland gekommen sind?‘“
       
       Einen „furiosen Aufstieg“ hat die Frankfurter Rundschau dem 40-Jährigen
       bereits vor seinem Wahlsieg bescheinigt. Mit vier Jahren kam er als Sohn
       aramäischer Christen aus Syrien nach Deutschland. In Ulm wuchs er in einer
       bescheidenen Wohnsiedlung auf, absolviert die Realschule und schafft es
       schließlich an die Uni.
       
       Als Studentenvertreter der Frankfurter Goethe-Universität macht er in den
       Nuller Jahren erstmals von sich reden. Zusammen mit der heutigen
       Linken-Vorsitzenden Janine Wissler startet er eine spektakuläre Kampagne
       des Asta gegen die Studiengebühren, die die CDU geführte Landesregierung
       eingeführt hat. Bei der Landtagswahl 2008 verliert die Regierung Roland
       Kochs ihre Mehrheit. Die Studiengebühren werden abgeschafft – ein erster
       großer Erfolg.
       
       ## Vom Vorgänger abgesetzt
       
       Nach seinem Politikdiplom wird Josef Gewerkschaftssekretär. Als 30-Jähriger
       übernimmt er schließlich den Vorsitz der Frankfurter SPD, damals hinter CDU
       und Grünen nur noch Nummer drei im Römer. An der Seite seines damaligen
       Genossen Feldmann feiert er mit ihm bald überraschende Erfolge.
       
       In der AWO-Affäre setzt er sich aber rechtzeitig von dem unter
       Bestechungsverdacht stehenden OB ab – zögerlich, sagen seine Kritiker, zu
       Unrecht und in einem Akt der Vorverurteilung, kritisieren bis heute
       SPD-Linke. Doch inhaltlich setzt Josef auf die Themen, mit denen auch
       Feldmann erfolgreich war. Bezahlbare Wohnung, kostenfreie Kitas, eine auf
       den Klimaschutz ausgerichtete Verkehrswende.
       
       Im ersten Wahlgang liegt er zwar vor der Grünen-Kandidatin Manuela
       Rottmann, aber mehr als 10 Prozentpunkte hinter dem CDU-Bewerber Uwe
       Becker. In der Stichwahl erreicht er am Sonntag dann aber 51,7 Prozent.
       
       ## Zeichen für den Herbst?
       
       Die Nachricht lockt auch Bundesprominenz in den Römer. Die
       SPD-Landesvorsitzende, Bundesinnenministerin Nancy Faeser ist gekommen. „Es
       ist ein gutes Zeichen für die Weltoffenheit und Toleranz dieser Stadt“,
       sagt sie und freut sich über den „Rückenwind“ für ihre eigenen Ambitionen
       auf das Amt der hessischen Ministerpräsidentin.
       
       Am 8. Oktober wird in Hessen ein neuer Landtag gewählt. „Das ist so geil“,
       freut sich ein Juso in der jubelnden Menge und macht sich Hoffnung auf
       mehr: „Die Nancy ist die nächste, die gewinnt“, sagt er. Bis dahin ist es
       aber noch ein weiter Weg: In einer aktuellen Umfrage liegt die Landes-SPD
       hinter CDU und Grünen auf dem dritten Platz.
       
       27 Mar 2023
       
       ## LINKS
       
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