# taz.de -- Italiens Erfolge in der Champions League: Schwere Wiedergeburt
       
       > Drei italienische Clubs stehen im Viertelfinale der Königsklasse. Der AC
       > Mailand und der SSC Neapel treffen aufeinander. Ist die Serie A so stark?
       
 (IMG) Bild: Rafael Leao vom AC Mailand jubelt über einen Treffer gegen den SSC Neapel in der Liga
       
       Gleich drei Vertreter der Serie A stehen im Viertelfinale der Champions
       League. Mindestens einer von ihnen wird es sogar ins Halbfinale schaffen.
       Grund ist das direkte Aufeinandertreffen vom SSC Neapel und dem AC Mailand
       am Mittwochabend. Alle drei Teams – das dritte ist Inter Mailand – gehen
       allerdings auch im Krisenmodus in diese international entscheidende
       Saisonphase. Der Calcio spielt wieder einmal verrückt.
       
       Carlo Ancelotti freut sich schon auf eine Wiederbegegnung an historischer
       Stätte. Es wäre schön, ließ der Trainer von Real Madrid verlauten, wenn er
       das Finale der Champions League in diesem Jahr in Istanbul gegen seinen
       alten Klub AC Mailand bestreiten könnte. Denn beiden böte es Gelegenheit,
       eine alte Schmach auszuwetzen.
       
       2005 verlor der AC Mailand, damals trainiert von Ancelotti, nach
       3:0-Führung noch sensationell gegen den FC Liverpool – die einzige
       Finalniederlage in der Königsklasse, die der frühere Bayerncoach hinnehmen
       musste.
       
       Dass jetzt ein im Ausland tätiger italienischer Trainer von einem
       Champions-League-Finale mit einem italienischen Gegner träumen darf, ist
       eine dicke Überraschung. Denn lange ist es her, dass es ein Vertreter der
       Serie A ins Finale schaffte. 2017 war Juventus Turin chancenlos gegen Real.
       Die letzte Halbfinalbeteiligung ist fünf Jahre her: 2018 flog der AS Rom
       gegen Liverpool raus.
       
       ## Zum Siegen verdammt
       
       Jetzt aber ist rein rechnerisch sogar eine Finalbeteiligung wahrscheinlich.
       Setzt sich Inter Mailand gegen Benfica Lissabon durch, kann im Halbfinale
       der Gegner nur Neapel oder Lokalrivale AC Mailand heißen. Vieles deutet
       daraufhin. Am Dienstagabend konnte Inter sehr effizient das Hinspiel bei
       Benfica für sich entscheiden (2:0). Im Rückspiel dürften sie ähnlich
       defensiv und ergebnisorientiert auftreten.
       
       Das sorgt für Begeisterung in Italien. Der Corriere della Sera sah Inter
       bereits favorisiert gegen Benfica und Neapel gegen den AC Mailand. Das war
       allerdings vor der herben 0:4-Schlappe, die sich die Süditaliener zuletzt
       in der Meisterschaft zuzogen.
       
       Da brillierten vor allem Rafael Leao und Brahim Diaz. Die Offensivtalente
       des AC Mailand sind aber auch die Sorgenkinder. Jeder herausragenden
       Leistung folgt prompt eine seelenlose.
       
       Genau deshalb liegt Mailand in der Serie A 22 Zähler hinter
       [1][Tabellenführer Neapel]. Dort brillieren besonders Kvisha Kvaratskhelia
       – wegen seiner exzellenten Technik gern „Kvaradona“ genannt – und der
       gereifte Torjäger Victor Osimhen. Beim 0:4 legte Milans Coach Stefano Pioli
       jedoch den Mittelfeldmotor Napolis still. Der Slowake Stanislaw Lobotka und
       der Pole Piotr Zieliński hatten kaum Entfaltungsspielraum. Pioli weiß also,
       wie man Europas derzeit aufregendste Mannschaft ins Straucheln bringt.
       
       Die hat sich von dem Schock noch nicht erholt. Beim folgenden
       2:1-Pflichtsieg gegen Neuling Lecce profitierte der Tabellenführer von
       einem Eigentor. Milan kam nur zu einem 0:0 gegen Empoli – Stimmungsdämpfer
       auf beiden Seiten.
       
       Größer noch ist die Krise bei Inter. Nach nur einem Punkt aus den letzten
       drei Spielen wackelt der Stuhl von Trainer Simone Inzaghi. Die gute
       Ausgangssituation der italienischen Teams in der Serie A erweist sich auf
       einmal als Bürde.
       
       Alle drei sind zum Siegen verdammt: Inter, damit der Coach überhaupt noch
       weitermachen darf. Milan, damit die Achterbahnfahrt im Saisonverlauf eine
       Spur von Sinn bekommt. Neapel, damit die fast schon sichere Meisterschaft
       durch ein Stolpern gegen die Ligarivalen nicht noch aus den Händen gleitet.
       
       Von einem Comeback [2][der Serie A] wagt daher niemand zu sprechen. Der
       ökonomische Abstand zur Premier League ist weiterhin groß. Wer als Spieler
       herausragt in der Serie A, wird flugs weggekauft. Die Entwicklung
       einheimischer Talente stagniert ohnehin. Weil die Serie-Klubs lieber auf –
       wahlweise – billigere, erfahrenere, robustere oder mehr versprechende
       Profis aus dem Ausland setzen, besucht Nationalcoach Roberto Mancini
       derzeit mehr die Plätze der unteren Ligen zur Sichtung von Kandidaten für
       die Squadra Azzurra.
       
       Die drei italienischen Teams im Halbfinale der [3][Champions League] sind
       eher ein Zufall und mitnichten das Zeichen einer Wiedergeburt. Neu
       allerdings ist, dass der Süden den Norden dominiert. Napoli ist den
       Mailänder Teams und auch Branchenkönig Juventus spielerisch eindeutig
       überlegen. Sogar die römischen Vereine Lazio und AS haben die Konkurrenz
       aus Mailand und Turin überholt.
       
       12 Apr 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Famoser-Umbruch-beim-SSC-Neapel/!5883895
 (DIR) [2] /Serie-A/!t5057274
 (DIR) [3] /Champions-League/!t5007807
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Tom Mustroph
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
 (DIR) Champions League
 (DIR) Italien
 (DIR) AC Mailand
 (DIR) SSC Neapel
 (DIR) Serie A
 (DIR) Fußball
 (DIR) Real Madrid
 (DIR) Europa League
 (DIR) Diego Maradona
 (DIR) FC Bayern München
 (DIR) Champions League
 (DIR) Eintracht Frankfurt
 (DIR) SSC Neapel
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Halbfinale der Champions League: Nachvollziehbare Erregung
       
       Inter und der AC Mailand wechseln munter die Besitzer. Nun geht es endlich
       wieder um großen Sport – um den Einzug ins Champions-League-Finale.
       
 (DIR) Robuster Stil in den Fußballarenen: Viel Autsch und Aua
       
       Der Spitzenfußball tritt wieder ein in eine Ära des superrobusten Duells.
       Die Barcelonisierung des Spiels ist von gestern, Treter sind Trendsetter.
       
 (DIR) AS Rom in der Europa League: Turbulente Tage
       
       Im Halbfinale der Europa League ist AS Rom gegen Bayer Leverkusen zum
       Siegen verdammt, denn der Fußballklub braucht Geld.
       
 (DIR) Scudetto für Napoli: Neapel, ein Volksmärchen
       
       Die erste Fußballmeisterschaft des SSC Neapel seit 33 Jahren ist der
       Triumph einer gereiften Stadt, die ihre Ecken und Kanten behalten hat.
       
 (DIR) FC-Bayern-Manager Hasan Salihamidžić: Zwischen Welt- und Kreisklasse
       
       Salihamidžić steht als Sportvorstand des FC Bayern zunehmend infrage.
       Verliert das Team gegen Manchester City, wird es eng für ihn.
       
 (DIR) Guardiola versus Tuchel: Partie mit viel Pep
       
       In der Champions League treffen sich mit Bayern München und Manchester City
       nicht nur zwei Teams, sondern auch zwei sehr ähnliche Trainer.
       
 (DIR) Ausschreitungen bei Frankfurt-Neapel: Neapel sehen und verlieren
       
       Rund um die Partie zwischen der SSC Neapel und der SG Eintracht Frankfurt
       kam es zu Ausschreitungen. Es war mehr als nur ein verlorenes Fußballspiel.
       
 (DIR) Famoser Umbruch beim SSC Neapel: Neue Blüte am Vesuv
       
       Der Fußballclub SCC Neapel ist trotz zahlreicher Abgänge in der Serie A und
       Champions League ungeschlagen. Das liegt nicht nur an der Transferpolitik.