# taz.de -- Klimawandel im Mittelmeerraum: 40 Grad im Frühling
       
       > Der Mittelmeerraum kämpft mit Hitze und Dürre. Forscher:innen haben
       > die Ursache für die hohen Temperaturen untersucht. Die ist nicht nur
       > natürlich.
       
 (IMG) Bild: Olivenernte in Sevilla im Oktober 2022: Weniger und schlechtere Oliven durch Dürre und Hitze
       
       BERLIN taz | Der Alltag wird zum Luxusgut: Olivenöl ist deutlich teurer
       geworden. Rund 20 Prozent mehr haben deutsche Verbraucher:innen zum
       Beispiel im März für das beliebte Nahrungsmittel gezahlt, zeigen Daten des
       Statistischen Bundesamts. In anderen Ländern ist der Anstieg teils noch
       steiler. Währenddessen gehen die Kosten für die Herstellung weiter durch
       die Decke.
       
       „Die Preise liegen jetzt höher als jemals zuvor“, sagt Kyle Holland von dem
       Analyseunternehmen Mintec in einem Video-Update. Er beobachtet die Branche
       kleinteilig. „Es war zu trocken, die Bäume haben nicht genug Wasser
       bekommen“, erklärt er und zeigt eine Grafik zur Olivenölproduktion im
       Jahresvergleich. Der Balken für die Saison 2022/23 in Spanien ist nicht
       einmal halb so lang wie der vom Vorjahr, auch in Italien und Portugal zeigt
       sich der Rückgang. „Eine Rolle spielt auch die Hitze, das wirkt sich auf
       die Qualität aus“, so Holland.
       
       Der Trend dürfte Bestand haben. Schließlich kämpft der westliche
       Mittelmeerraum erneut mit Extremhitze [1][und Dürre]. Schon Ende April
       herrschten in Spanien, Portugal, Marokko und Algerien teils Temperaturen um
       die 40 Grad, wie sonst im Juli oder August. Das sind rund 20 Grad mehr als
       üblich und übertrifft sogar die bisherigen örtlichen Rekorde im April um
       bis zu 6 Grad.
       
       Die Wetterlage mit all ihren schweren Folgen für Landwirtschaft und
       Gesundheit ist kein Zufall – sondern wurde durch die Klimakrise deutlich
       begünstigt. Das zeigt eine aktuelle [2][Studie] der Forschungsinitiative
       World Weather Attribution.
       
       ## Mindestens 100-mal wahrscheinlicher durch Klimakrise
       
       Die Hitzewelle in Spanien, Portugal, Marokko und Algerien habe der
       Klimawandel mindestens 100-mal wahrscheinlicher gemacht, heißt es von den
       internationalen Wissenschaftler:innen. Ohne die menschlich verursachten
       Treibhausgase wären solche Temperaturen im April demnach „fast unmöglich“
       gewesen.
       
       „Die intensive Hitzewelle kam noch zu einer ohnehin existierenden
       mehrjährigen Dürre hinzu, verschärft den Wassermangel in den westlichen
       Mittelmeerregionen und bedroht die Ernte 2023“, sagte Fatima Driouech,
       Klimaforscherin an der Mohammed VI Polytechnic University im marokkanischen
       Ben Guerir, die an der Studie mitgearbeitet hat. „Während sich der Planet
       erwärmt, werden solche Situationen häufiger und erfordern langfristige
       Planung, nachhaltige Landwirtschaftsmodelle und ein effektives
       Wasser-Management“.
       
       Die Studie haben die Wissenschaftler:innen selbst veröffentlicht, also
       nicht in einem Fachmagazin und ohne die Prüfung unabhängiger Kolleg:innen,
       wie das sonst üblich ist. Das Ziel der Gruppe: Sie will die Öffentlichkeit
       schnell darüber informieren, was aktuelle Wetterextreme mit dem Klimawandel
       zu tun haben. Dafür nutzt das Team aber erprobte Methoden, die den
       konventionellen Veröffentlichungsprozess sehr wohl durchlaufen haben.
       
       Vereinfacht gesagt: Die Forschenden füttern viele verschiedene Klimamodelle
       mit den meteorologischen Details des Wetterereignisses – einmal mit den
       Rahmenbedingungen der aktuellen Welt und einmal mit denen einer fiktiven
       Welt ohne menschliche Treibhausgase. Dann wird verglichen. Ist das
       Wetterereignis im ersten Fall häufiger zu erwarten, kann man das auf den
       menschengemachten Klimawandel zurückführen.
       
       Auf diese Weise haben Studien zum Beispiel schon gezeigt, dass der
       [3][Starkregen während der Ahrtalkatastrophe durch den Klimawandel bis zu
       neunmal wahrscheinlicher war].
       
       ## Italien ernennt Anti-Dürre-Sonderkommissar
       
       „Das Mittelmeer ist eine der verletzlichsten Regionen in Europa, was den
       Klimawandel angeht“, sagte die Klimaforscherin Friederike Otto vom Imperial
       College London, die World Weather Attribution leitet und als Pionierin des
       Fachs gilt. „Wenn wir nicht schnellstens aufhören, fossile Kraftstoffe zu
       verbrennen, und uns nicht an ein heißeres, trockeneres Klima anpassen,
       werden die Schäden und Verluste in der Region dramatisch ansteigen.“
       
       Spaniens Regierung hat Ende April bereits Notfallhilfen der EU beantragt:
       Zu schlecht geht es der Landwirtschaft durch die Dürre. Auf einem Drittel
       der Landesfläche gilt der Notstand, die Wassernutzung ist streng reguliert.
       Viele Landwirt:innen müssen dichtmachen, weil die Ernten ausbleiben.
       
       Auch in anderen Ländern herrscht große Sorge. Italien hat am Freitag einen
       Sonderkommissar für den Kampf gegen Trockenheit und Dürre benannt. Sein
       Name soll Programm machen: Er heißt Nicola Dell’Acqua, wortwörtlich etwa
       Nicola vom Wasser.
       
       5 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Winterduerre-in-Europa/!5916007
 (DIR) [2] https://www.worldweatherattribution.org/extreme-april-heat-in-spain-portugal-morocco-algeria-almost-impos%20sible-without-climate-change
 (DIR) [3] /Studie-zur-Flutkatastrophe-im-Juli/!5791167
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
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