# taz.de -- OECD-Empfehlung für Deutschland: Besser „flexible Haushaltsregeln“
       
       > Gürtel enger schnallen? Stattdessen muss Deutschland in eine
       > klimaneutrale Wirtschaft investieren, meint der Industrieländer-Club.
       
 (IMG) Bild: Dringend nötig: Wind machen beim ökologischen Umbau der Wirtschaft
       
       BERLIN taz | Deutschland hat viel Aufholbedarf bei der Entwicklung einer
       ökologischen Wirtschaft – das attestierte der Bundesregierung am Montag
       nicht Greenpeace, sondern die Organisation für wirtschaftliche
       Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).
       
       Der Club der Industrieländer übergab Bundeswirtschaftsminister Robert
       Habeck und Bundesumweltministerin Steffi Lemke (beide Grüne) zwei
       [1][Berichte] über seine Sicht auf Deutschland: einen Wirtschaftsbericht
       und einen Umweltprüfbericht.
       
       Ein wichtiger Punkt auf dem Weg zur Klimaneutralität ist für die
       Marktwirtschaftsfans von der OECD: kein Spardiktat! „Der
       haushaltspolitische Rahmen muss angepasst werden“, schreibt die
       Organisation. Sie kritisiert die Sondervermögen des Bundes. Das sind
       Geldtöpfe, die die Bundesregierung neben ihrem eigentlichen Haushalt
       aufgemacht hat. Da gibt es etwa das Sondervermögen Bundeswehr, den Klima-
       und Transformationsfonds, den Klärschlamm-Entschädigungsfonds.
       
       Die Ausgaben und teils auch aufgenommenen Schulden tauchen nicht im
       Bundeshaushalt auf, für den in der Regel die Schuldenbremse gilt. Das war
       zwar während der Coronapandemie zeitweise ausgesetzt, für das laufende Jahr
       will Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) [2][die engen Grenzen zur
       Aufnahme staatlicher Kredite allerdings wieder einhalten]. In den kommenden
       Wochen will die Bundesregierung zudem den Haushalt für das kommende Jahr
       beschließen.
       
       ## Angemessene Investitionen ermöglichen
       
       „Um dem Investitionsstau zu begegnen, wurden mehrere Sondervermögen
       aufgelegt“, heißt es nun im Wirtschaftsbericht. „Die über sie getätigten
       Ausgaben gehen jedoch nicht in den Kernhaushalt ein und verringern so die
       Transparenz und Glaubwürdigkeit der Schuldenbremse.“ Daraus ergibt sich für
       die OECD-Expert:innen: „Die Extrahaushalte nach und nach in den
       Kernhaushalt überführen, gleichzeitig aber die Schuldenbremse flexibler
       gestalten, um angemessene Investitionen zu ermöglichen.“
       
       Zudem empfiehlt die Organisation, die Staatskasse besser zu füllen, indem
       klimaschädliche Subventionen abgebaut werden. Außerdem hält sie die
       Erhöhung mancher Steuern für angebracht, etwa der Erbschaft- und
       Schenkungsteuer. Für FDP-Finanzminister Christian Lindner steht das bislang
       ebenso wenig zur Debatte wie eine Aufweichung der Schuldenbremse.
       Stattdessen will er Ausgaben drosseln.
       
       Während auch die OECD empfiehlt, alle Ausgaben genau auf ihre Wirksamkeit
       zu überprüfen, spricht sie sich nicht grundsätzlich zum Sparen aus. „Die
       Bewältigung des bestehenden Infrastrukturstaus und der Investitionsbedarf
       für die ökologische und digitale Transformation werden erhebliche
       öffentliche Mittel erfordern“, heißt es.
       
       Damit Deutschland das selbst gesteckte Ziel der Klimaneutralität bis 2045
       erreicht, müsse das Tempo der Emissionsminderung verdreifacht werden, meint
       die OECD. Das entspricht [3][Berechnungen des Umweltbundesamts]. „Der
       Energiemix des Landes beruht nach wie vor überwiegend auf fossilen
       Energieträgern“, moniert die Organisation.
       
       Sie lobt indes, dass Deutschland schnell auf die Energiekrise des
       vergangenen Jahres reagiert habe und dass Umweltministerin Steffi Lemke ein
       Gesetz zur Klimaanpassung erarbeitet sowie ein Aktionsprogramm für
       naturbasierte Klimaschutzlösungen auf den Weg gebracht hat.
       
       9 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.oecd-ilibrary.org/economics/oecd-wirtschaftsberichte-deutschland-2023_80df9211-de
 (DIR) [2] /Christian-Lindner-beim-FDP-Parteitag/!5929469
 (DIR) [3] /Weniger-Treibhausgasausstoss/!5918983
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Schwarz
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Energiewende
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Windkraft
 (DIR) OECD
 (DIR) Windräder
 (DIR) Christian Lindner
 (DIR) Olaf Scholz
 (DIR) Steuer
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Autoverkehr
 (DIR) Erderwärmung
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Einsparungen im Bundeshaushalt: Sparen ist nicht normal
       
       Finanzminister Lindner setzt beim Bundeshaushalt 2024 den Rotstift an. Das
       Ergebnis ist ein sozialer Kahlschlag.
       
 (DIR) Haushaltsstreit in der Ampel: Der Kanzler soll es richten
       
       Weil die Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2024 zwischen Finanzminister
       Lindner und den Ministerien feststecken, schaltet sich nun Scholz ein.
       
 (DIR) Steuerpläne aus der SPD: SPD-Linke will Privilegien kürzen
       
       Um soziale Projekte nicht zu gefährden, schlagen SPD-Politiker vor,
       Steuersubventionen wie das Dienstwagenprivileg zu streichen.
       
 (DIR) Kinder in der Klimakrise: Papa, wann geht die Welt unter?
       
       Wie können wir Kindern von der Klimakrise erzählen? So ehrlich wie möglich,
       meint unser Autor. Hier antwortet er kleinen Menschen auf große Fragen.
       
 (DIR) Expertenrat kritisiert Ampel: Staugefahr beim Klimaziel
       
       Deutschlands Klima-Expert:innen stellen der Bundesregierung ein schlechtes
       Zeugnis aus: Zu viele Autos auf den Straßen und zu viele fossile Heizungen.
       
 (DIR) Klimabilanz des Jahres 2022: Ausgebremste Verkehrswende
       
       In der Wohnungsbau- und der Verkehrspolitik muss das Tempo angezogen
       werden. Doch die FDP und ihr Minister Volker Wissing stehen auf der Bremse.