# taz.de -- Angriffe auf Andersdenkende: Wenn die AfD zur Gewalt greift
       
       > Opferverbände klagen über vermehrte Angriffe durch AfD-Kommunalpolitiker.
       > Die Entwicklung sei „besorgniserregend“.
       
 (IMG) Bild: Die AfD hat eine besorgniserregende Zahl gewaltbereiter Menschen in ihren Reihen
       
       BERLIN taz | Erst Ende März war der Schkopauer AfD-Gemeinderat und
       Kreistagsabgeordnete Sven Ebert in Sachsen-Anhalt verurteilt worden. Der
       Grund: Im Mai 2021 soll er zwei Frauen mit Pfefferspray attackiert haben,
       denen er vorwarf, ein AfD-Plakat besprüht zu haben. Einer soll er auch ins
       Gesicht und in den Bauch getreten haben. [1][Sechs Monate auf Bewährung
       bekam er dafür]. Schon zuvor war Ebert verurteilt worden, weil er in einer
       Mensa in Halle zwei Studierende mit Pfefferspray angegriffen hatte, die ihn
       beschimpft haben sollen.
       
       Laut dem Dachverband der Beratungsstellen für Betroffene rechter Gewalt
       (VBRG) ist der Übergriff kein Einzelfall. In einer Übersicht, die der taz
       vorliegt, warnt der Verband, dass sich Angriffe durch AfD-Politiker:innen
       inzwischen „besorgniserregend“ häuften. Eine konkrete Zahl wird nicht
       genannt, aber mehrere drastische Beispielfälle sind aufgelistet. Keine
       andere Partei habe „ein derartig großes Potenzial an rechten Gewalttätern
       in den eigenen Reihen wie die AfD“, warnt der Verband.
       
       Offizielle Polizeizahlen zu dieser Frage existieren nicht. Die
       Parteizugehörigkeit von Tatverdächtigen wird in der Kriminalstatistik
       grundsätzlich nicht erfasst, sagte ein BKA-Sprecher der taz.
       
       ## Beleidigt, geschlagen, gebissen
       
       Die Opferberatungsstellen aber verweisen etwa auf den Berliner
       AfD-Bezirksverordneten Kai Borrmann, der eine Musikjournalistin beleidigt,
       geschlagen und gebissen hatte und [2][zu einer Geldstrafe von 10.800 Euro
       verurteilt wurde]. Oder auf den früheren Brandenburger
       AfD-Kreistagsabgeordneten Marcel Donsch, der 2015 mit drei Komplizen in
       Selbstjustiz einen Mann gefesselt, verprügelt und in einem Wald ausgesetzt
       haben soll, weil dieser Frauen drangsaliert habe.
       
       In Freiburg wiederum hatte der frühere AfD-Gemeinderatskandidat Robert H.
       zwei Jugendliche mit Reizgas attackiert, als diese ihn einen „Fascho“
       nannten. Als ein älteres Ehepaar dazwischenging, wurde auch dieses
       besprüht, dem Mann stach H. ein Messer in die Brust. Für den
       Pfeffersprayangriff wurde der AfD-Mann verurteilt, den Messerstich wertete
       das Gericht als Notwehr.
       
       Der Paderborner AfD-Mann Mirko F. schlug 2021 die
       Linken-Bundestagskandidatin Martina Schu bei einer Gegenkundgebung zu einer
       AfD-Veranstaltung gegen den Kopf. Der sächsische AfD-Mann Daniel Zabel
       wurde 2022 zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er als
       JVA-Bediensteter mit Kollegen im Jahr 2018 Häftlinge aus rassistischen
       Motiven misshandelt haben soll. Und in Freiburg hatte der frühere
       AfD-Stadtrat [3][Dubravko Mandic einen Radfahrer mit einem Reizgas
       attackiert], der einschreiten wollte, als Mandic zwei Personen festhielt,
       denen er unterstellte, AfD-Plakate beschädigt zu haben.
       
       ## „Die Gefahr wird unterschätzt“
       
       Robert Kusche von der sächsischen Opferberatung RAA warnt: „Die Folgen
       dieser Gewalttaten sind für die Betroffenen besonders gravierend.“ Denn die
       AfD-Täter seien oft bürgerlich situierte, ältere Männer, die nicht dem
       Klischee rechter Gewalttäter entsprächen. „Die von ihnen ausgehende Gefahr
       und Bedrohung wird schlichtweg unterschätzt“, so Kusche. Vielfach würden
       die AfD-Angreifer zudem keine Reue zeigen, sondern sich selbst als Opfer
       bezeichnen und auf Notwehrrechte pochen. Und die Partei fungiere als
       Stichwortgeber für Hass gegen Geflüchtete und Andersdenkende, was
       Gewalttäter motivieren könne.
       
       Auf der anderen Seite fürchteten die Angegriffenen um ihre Sicherheit und
       fühlten sich „im Stich gelassen“, sagt Kusche. Umso mehr, als die AfD in
       Umfragen vor allem in Ostdeutschland derzeit breiten Zuspruch erhalte.
       
       Auch angesichts der Vorfälle fordern die Opferverbände eine konsequente
       Abgrenzung aller demokratischen Parteien von der AfD. „Die zunehmende
       Gewaltbereitschaft der AfD verbietet jede Zusammenarbeit“, erklärt Kusche.
       „Die demokratischen Parteien müssen sich klar auf die Seite der
       Angegriffenen stellen.“
       
       Richtigstellung: In einer ersten Version hieß es, der frühere Freiburger
       AfD-Stadtrat Dubravko Mandic habe einen Radfahrer mit einer Zange
       geschlagen. Dies ist nicht korrekt. Er hatte den Radfahrer mit einem
       Reizgas attackiert, wofür er rechtskräftig verurteilt wurde. Ein
       Mitbeschuldigter soll den Radfahrer mit einer Zange oder Schere angegriffen
       haben. Dieser wurde freigesprochen, weil eine Notwehrsituation nicht
       ausgeschlossen werden konnte. Wir bitten den Fehler zu entschuldigen. d. R.
       
       8 May 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.mz.de/lokal/merseburg/strafbefehl-gegen-afd-politiker-sven-ebert-bleibt-prozess-fern-angriff-auf-junge-frauen-3574727?reduced=true
 (DIR) [2] /Nach-rassistischer-Attacke-auf-Frauen/!5915364
 (DIR) [3] /Mutmassliche-rechte-Gewalt-in-Freiburg/!5783113
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Konrad Litschko
       
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       dar.