# taz.de -- Debatte um Fachkräfteeinwanderungsgesetz: Weg frei für Fachkräfte
       
       > Die Ampelfraktionen wollen am Freitag das Fachkräfteeinwanderungsgesetz
       > verabschieden. Neue Daten wecken Zweifel an der Fairness der
       > Westbalkanregelung.
       
 (IMG) Bild: Personen, die über die Westbalkanregelung einreisen, enden in Deutschland oft in schlecht bezahlten Jobs
       
       BERLIN taz | Die Fraktionen von SPD, Grünen und FDP wollen am Freitag im
       Bundestag das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz verabschieden. Durch
       Vereinfachungen und abgesenkte Hürden sollen mehr Arbeitnehmer*innen
       aus Nicht-EU-Staaten nach Deutschland gelockt werden. Ebenfalls beschlossen
       wird ein Gesetz zur Stärkung der Ausbildungen in Deutschland. Und auch die
       sogenannte Westbalkanregelung soll verlängert und ausgeweitet werden.
       
       Hintergrund der Pläne ist der [1][Fachkräftemangel in Deutschland].
       Mindestens 400.000 spezialisierte Arbeitskräfte müssten künftig jährlich
       einreisen, um die Lücke auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu füllen – ein
       Wert, von dem Deutschland derzeit weit entfernt ist. Um das zu ändern,
       sieht das Fachkräfteeinwanderungsgesetz vor, dass Ausländer*innen mit
       in Deutschland anerkanntem Berufsabschluss künftig auch dann einreisen
       dürfen, wenn sie eine Jobzusage in einer Branche haben, für die ihr
       Abschluss sie nicht direkt prädestiniert. Außerdem sollen die Lohngrenzen
       abgesenkt werden und der Familiennachzug erleichtert werden.
       
       Auch wessen Berufsabschluss in Deutschland nicht anerkannt ist, soll
       einreisen dürfen, sofern er oder sie ein Jobangebot hat und zwei Jahre
       Berufserfahrung vorweisen kann. Zudem soll es möglich sein, die Anerkennung
       des Abschlusses erst nach Arbeitsantritt in Deutschland vornehmen zu
       lassen.
       
       Schließlich bietet das Gesetz auch die Möglichkeit, ohne Jobzusage nach
       Deutschland zu kommen und sich erst hier nach einer Stelle umzusehen. Dafür
       [2][wird ein Punktesystem eingeführt]. Bewertet werden etwa Qualifikation,
       Sprachkenntnisse und Alter. Wer über einer gewissen Punktzahl liegt, darf
       einreisen.
       
       ## Westbalkanregelung soll entfristet und ausgeweitet werden
       
       Zuletzt hatten die Ampelfraktionen auch einen Spurwechselmechanismus für
       Asylbewerber*innen in den Gesetzentwurf mit aufgenommen. Geflüchtete
       sollen unabhängig vom Asylantrag bleiben dürfen, wenn sie einen Job finden.
       Allerdings ist diese Regelung begrenzt auf Geflüchtete, deren Antrag zum
       Stichtag 29. März 2023 noch in Bearbeitung war.
       
       Zusammen mit dem Gesetz für ausländische Fachkräfte soll am Freitag auch
       ein Gesetz beschlossen werden, das mehr Menschen in Deutschland die
       Ausbildung zur Fachkraft ermöglicht. Geplant ist etwa eine
       Ausbildungsgarantie für junge Menschen. Per Mobilitätsprämie sollen
       Menschen außerdem dazu gebracht werden, auch Ausbildungsstellen an Orten
       anzunehmen, die weit vom Wohnort entfernt sind.
       
       Zusammen mit den Gesetzen soll auch die sogenannte Westbalkanregelung
       entfristet und ausgeweitet werden. Diese basiert aber auf einer Verordnung,
       sodass der Bundestag nicht zustimmen muss. Künftig sollen 50.000 Personen
       jährlich aus den Balkanstaaten kommen dürfen. Der [3][prinzipielle
       Mechanismus] soll künftig zudem auf weitere Regionen angewendet werden
       können.
       
       Neue Infos der Linken-Bundestagsabgeordneten Susanne Ferschl zeigen indes,
       dass Personen, die über die Westbalkanregelung einreisen, in Deutschland
       oft in schlecht bezahlten Jobs enden. Obwohl viele gut ausgebildet sind,
       arbeitet ein Großteil von ihnen im Baugewerbe und verdient rund 1.000 Euro
       weniger im Monat als der Median aller Beschäftigten in Deutschland.
       
       Über ein Drittel arbeiten demnach im Niedriglohnbereich, bei den Frauen
       sind es sogar fast 60 Prozent. Ferschl sagte der taz dazu: „Die Lösung darf
       nicht sein, dass noch mehr Beschäftigte aus dem Ausland die Personallücke
       füllen sollen, ohne dass dabei Maßnahmen getroffen werden, um
       Arbeitsbedingungen, Löhne und Schutz dieser Beschäftigten zu verbessern.“
       
       23 Jun 2023
       
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