# taz.de -- Landtagswahl in Bremen: Die SPD lässt sich bitten
       
       > Nach der Wahl in Bremen ist offen, ob es wieder Rot-grün-rot oder eine
       > Große Koalition geben wird. Die SPD will "ergebnisoffen" mit fast allen
       > reden.
       
 (IMG) Bild: Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) kann auf viel Zugeständnisse der Koalitionspartner setzen
       
       BREMEN taz | Noch gibt es kein amtliches Endergebnis der Landtagswahl in
       Bremen, das wird angesichts des komplexen Wahlsystems [1][erst für
       Mittwoch] erwartet. Doch nach den ersten Hochrechnungen am Tag danach ist
       klar: Es gibt weiterhin eine [2][Mehrheit für ein progressives Bündnis] aus
       SPD, Grünen und Linken.
       
       Ob es am Ende dazu kommen wird, ist aber völlig offen. Die Sozialdemokraten
       vermeiden auch nach ihrem Wahlsieg – die [3][Hochrechnungen] sprechen von
       30,1 Prozent der Stimmen – jede Koalitionsaussage. Seine Partei wolle „sehr
       ernsthaft“ und „ergebnisoffen“ mit allen im Landtag vertretenen Parteien
       außer den rechten Wutbürgern reden, sagt SPD-Chef Reinhold Wetjen. „Wir
       wollen so viel von unserem Programm umsetzen wie möglich.“ Eine
       Ampelkoalition ist angesichts der Gegensätze von FDP und Grünen bei der
       Verkehrspolitik nahezu ausgeschlossen, auch wenn sie rechnerisch möglich
       sein sollte.
       
       Die Wahlbeteiligung lag bei 57,5 Prozent – sieben Prozentpunkte niedriger
       als bei der vorigen Bürgerschaftswahl.
       
       Sowohl die CDU als auch Linke und Grüne werden zu viel Zugeständnissen
       bereit sein, um am Ende von der SPD als Koalitionspartner ausgewählt zu
       werden. Die [4][Grünen] wollen zunächst einmal ein Signal für den „dringend
       nötigen Aufbruch“ senden, sagt ihr Landesvorsitzender Florian Pfeffer –
       ihre Spitzenkandidatin Maike Schaefer kündigte am Montag an, nicht mehr für
       den Senat zur Verfügung zu stehen. Angesichts von nur 11,9 Prozent der
       Stimmen in den Hochrechnungen halten sich die Grünen mit inhaltlichen
       Positionierungen oder gar Forderungen für die Sondierungsgespräche momentan
       streng zurück.
       
       ## Selbstbewusste Linke
       
       Die [5][Linkspartei] hingegen tritt mit mehr Selbstbewusstsein auf. Mit
       11,1 Prozent der Stimmen in den aktuellen Hochrechnungen liegen sie fast
       gleichauf mit ihrem Ergebnis bei der letzten Bürgerschaftswahl – [6][stehen
       aber deutlich besser da als Die Linke im Bund]. „Das ist ein unglaubliches
       starkes Ergebnis“, sagt Landessprecher Christoph Spehr und ein „starker
       Vertrauensbeweis“ für die eigene Politik.
       
       Erste Analysen der Wähler:innenwanderungen zeigten, dass es
       Umverteilungen vor allem innerhalb der Regierungskoalition gab – von den
       Grünen hin zu SPD und der Linkspartei. Spehr betont, dass bei einer
       Neuauflage von R2G neben der Bildungs- die Sozialpolitik eine zentrale
       Rolle spiele: „Es muss um die Frage gehen: Wie leisten wir mehr bei der
       sozialen Gerechtigkeit?“ In diesem Zusammenhang kritisierte er den Umgang
       mit der Energiekrise – damit sei die Linkspartei „unzufrieden“ gewesen. Das
       ist als Geste an die SPD und als Kritik an den Grünen zu verstehen.
       Trotzdem: „Wir wollen, dass die Mehrheit für Rot-Grün-Rot realisiert wird“,
       sagt Spehr.
       
       Doch auch die CDU macht sich Hoffnungen auf eine Regierungsbeteiligung:
       „Wir sind offen für Gespräche mit der SPD“, betont der Landesvorsitzende
       Carsten Meyer-Heder, dessen Partei in den Hochrechnungen bei 25,4 Prozent
       der Stimmen liegt. Er sieht „eine Wechselstimmung“, ähnlich wie 2019, als
       die CDU mit ihm als Spitzenkandidaten erstmals seit Kriegsende die SPD als
       stärkste Kraft ablösen konnte. Die letzte große Koalition in Bremen gab es
       unter den Bürgermeistern Henning Scherf und Jens Böhrnsen, 1995 bis 2007.
       
       Gemeinsamkeiten mit der SPD sieht der CDU-Chef vor allem dort, wo es um
       Verkehr, Inneres und Bildung geht – also die klassischen Politikfelder der
       Landespolitik. Auch in der Wirtschaftspolitik gebe es „nur graduelle
       Unterschiede“, so der Unternehmer Meyer-Heder. Einzige Ausnahme: Der kurz
       vor der Wahl beschlossene, von der Handelskammer bekämpfte
       [7][Ausbildungsfonds], der von der CDU scharf kritisiert wird, aber ein
       Herzensanliegen von SPD und Gewerkschaften ist.
       
       Meyer-Heder sieht „mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede“ mit der SPD und
       spricht immer wieder davon, dass es in der Bremer Politik „kein
       Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem“ gebe. Im Falle einer
       Regierungsbeteiligung wird die CDU angesichts ihrer Schwerpunkte im
       Wahlkampf neben dem Finanz- sicher auch das Bildungsressort besetzen
       wollen. Derzeit gibt es neben dem SPD-Bürgermeister acht Senator:innen,
       drei davon von der SPD.
       
       ## Die Grünen müssten ein Ressort abgeben
       
       Sollte es zu einer Neuauflage der rot-grün-roten Koalition kommen, werden
       sich die Gewichte im Senat zugunsten der SPD verschieben: Derzeit stellen
       die Linken zwei Senatorinnen, die für Wirtschaft und Gesundheit, die Grünen
       aber drei: die Senator:innen für Finanzen, für Soziales sowie für
       Klimaschutz, Umwelt, Mobilität, Stadtentwicklung und Wohnungsbau. Letzteres
       Ressort wird bisher von Maike Schaefer geführt. Wer ihr nachfolgen könnte,
       ist völlig offen, ihre beiden Vorgänger Reinhard Loske und Joachim Lohse
       (beide Grüne) kamen aber nicht aus Bremen.
       
       Nicht unwahrscheinlich ist, dass dieses Ressort Teile seiner
       Zuständigkeiten abgeben muss. Zudem ist davon auszugehen, dass die Grünen
       ein Ministerium abgeben müssen.
       
       Dass die Sozialsenatorin seit 2011 nicht mehr von der SPD gestellt wurde,
       sondern von den Grünen, hat damals viele Sozis gewurmt; jetzt könnte sich
       die SPD dieses Ressort – in ihrer eigenen Wahrnehmung ja ein Herzstück der
       Sozialdemokratie – wieder zurückholen. Dass die SPD den Bürgermeister
       stellen und das Finanzministerium besetzen darf, gilt hingegen als eher
       unwahrscheinlich.
       
       Anders als in anderen Bundesländern werden die Senator:innen in Bremen
       aber von der Bürgerschaft, also dem Landtag gewählt. Der Bürgermeister
       ernennt also nicht die einzelnen Mitglieder seiner Regierung.
       
       16 May 2023
       
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