# taz.de -- Lehrer*innenmangel in Berlin: Neue Senatorin, alte Probleme
       
       > Katharina Günther-Wünsch (CDU) rechnet wieder mit rund 1.000 fehlenden
       > Lehrer*innen zum Start des neuen Schuljahrs. Berlin müsse daher mehr
       > ausbilden.
       
 (IMG) Bild: Erste CDU-Schulsenatorin in Berlin seit Menschengedenken: Katharina Günther-Wünsch
       
       BERLIN dpa | Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch ist noch ganz neu
       im Amt und bekommt es mit vielen alten Problemen zu tun. Eines ist der
       chronische Mangel an Lehrerinnen und Lehrern. Ein schnelles Ende ist nicht
       in Sicht. „Im vergangenen Sommer fehlten rund 1.000 Lehrkräfte. Sie können
       davon ausgehen, dass wir dieses Jahr mit einer ähnlichen Zahl umgehen
       müssen“, sagte die CDU-Politikerin, die [1][am Freitag den Vorsitz der
       Kultusministerkonferenz übernimmt], der Deutschen Presse-Agentur.
       
       „Als künftige KMK-Präsidentin will ich gemeinsam mit allen Bundesländern
       auch neue Wege zur Fachkräftegewinnung beschreiten“, sagte Günther-Wünsch.
       Grund zur Entwarnung gibt es nach ihrer Einschätzung auch in naher Zukunft
       nicht. „Im Gegenteil: Wenn Sie schauen, dass uns die Pensionierung der
       geburtenreichen Jahrgänge erst noch bevorsteht, dann kann man davon
       ausgehen, dass die Lücke in ganz Deutschland sogar größer werden wird.“
       
       Am Lehrkräftemangel haben sich schon ihre beiden SPD-Vorgängerinnen an der
       Spitze der Bildungsverwaltung abgearbeitet. Nun hat die CDU die
       Verantwortung für das als schwierig geltende Ressort. „Wir kämpfen gegen
       diesen Fachkräftemangel an: Mit der systematischen Weiterqualifizierung von
       Quereinsteigern, mit dem Einsatz von Pensionären und Studierenden und mit
       zahlreichen Werbemaßnahmen zur Fachkräftegewinnung“, so die
       CDU-Bildungsexpertin. Auch die Zahl der Studienplätze in den
       Lehramtsstudiengängen soll erhöht werden.
       
       Günther-Wünsch plädiert dafür, Neues auszuprobieren – und zum Beispiel auch
       Lehrkräfte zuzulassen, die nur ein Fach unterrichten. „Können wir es uns
       wirklich leisten, zu sagen, der Diplom-Chemiker, der Mathematiker, der
       IT-ler muss auf Teufel komm raus noch drei, vier, fünf Jahre nachstudieren
       und dann noch das Referendariat machen?“ Stattdessen sollte er das nötige
       methodisch-didaktische Handwerkszeug bekommen und dann nach anderthalb,
       zwei Jahren auch mit einem Fach unterrichten können, schlägt Günther-Wünsch
       vor – zumindest bei Mangelfächern.
       
       Dagegen hält sie wenig von den Überlegungen aus Brandenburg,
       Seiteneinsteigern mit Bachelor-Abschluss die Verbeamtung zu ermöglichen.
       „Was wir in Erwägung gezogen haben, ist ein duales Studium: Nach einem
       Bachelor kann man den Master gemeinsam mit dem Referendariat machen, so
       dass man nach fünf Jahren fertig wäre.“
       
       ## Mehr ausländische Abschlüsse anerkennen
       
       Mehr Tempo wünscht sich die Bildungssenatorin bei der Anerkennung
       ausländischer Abschlüsse etwa von ukrainischen Lehrkräften. „Das Zweite ist
       die sprachliche Barriere: Momentan brauchen ausländische Lehrkräfte, die im
       Berliner Schuldienst eingestellt werden wollen, zwingend das
       C2-Sprachniveau“, sagte Günther-Wünsch.
       
       „Ich habe mal zwei Jahre Arabisch gelernt – bis ich auf dem Level
       angekommen wäre, wäre ich in Pension gewesen.“ Auch hier seien innovative
       Lösungen gefragt – etwa, solche Lehrkräfte begleitet durch Mentorinnen und
       Mentoren einzusetzen oder zur Unterstützung der teils traumatisierten
       schutzsuchenden Kinder und Jugendlichen.
       
       Potenzial sieht Günther-Wünsch außerdem bei Lehrkräften, die aktuell nicht
       in der Schule arbeiten: „Es gibt Vollzeitstellen von Lehrkräften, die sich
       in Abordnungen befinden – oft in ganz wichtigen Bereichen: in der
       Schulpsychologie, in der Referendarausbildung und auch in die
       Senatsbildungsverwaltung“, so die Bildungssenatorin. „Wenn uns rund 1.000
       Lehrkräfte fehlen, müssen wir ganz sorgfältig und mit Augenmaß prüfen,
       welche dieser Abberufungen wir reduzieren können.“ Wie viel das bringt, ist
       schwer abzuschätzen.
       
       ## Mehr Lehrer ausbilden
       
       Als sicher gilt, dass Berlin mehr ausbilden muss. „In den aktuellen
       Hochschulverträgen steht die Zahl 2000“, so die Senatorin. „Wir haben uns
       jetzt auf 2500 Studienplätze geeinigt.“ Die Gewerkschaft GEW fordert
       dagegen 3000 pro Jahr. „Aber die Frage ist, hilft uns eine bloße Zahl im
       Koalitionsvertrag?“, fragte Günther-Wünsch. „Was uns die Hochschulen
       spiegeln ist, dass ihnen die Bewerber fehlen oder dass viele nicht zu Ende
       studieren und das Studienfach wechseln.“
       
       „Wir sehen, dass die, die Grundschullehramt studieren, immer noch ganz
       klassisch Mathematik machen müssen und zwar höhere Mathematik.“ In der
       Folge gebe es dann eine Abbruchquote von 40 Prozent und mehr. „Das müssen
       wir ernsthaft hinterfragen: Muss der Grundschullehrer für Mathematik
       tatsächlich Analysis und Algebra können oder ist uns daran gelegen, dass
       der seinen Abschluss macht und zwar mit den Kompetenzen, die er von der
       ersten bis zur sechsten Klasse benötigt?“ Günther-Wünsch sieht hier
       Änderungsbedarf. „Darüber sollten wir mit den Hochschulen in die Debatte
       gehen.“
       
       5 May 2023
       
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