# taz.de -- Urteil gegen Cum-Ex-Schlüsselfigur: Mehr als acht Jahre Haft
       
       > Steueranwalt Hanno Berger hat in einem zweiten Urteil mehr als acht Jahre
       > Haft bekommen. Er hatte die Betrugsmasche Cum-Ex Investoren angeboten.
       
 (IMG) Bild: Hanno Berger betritt am Donnerstag den Gerichtssaal in Wiesbaden zur Verkündung des Urteils
       
       WIESBADEN rtr/taz | Im zweiten Cum-Ex-Prozess gegen den ehemaligen
       Steueranwalt Hanno Berger hat das Landgericht Wiesbaden eine
       Freiheitsstrafe von acht Jahren und drei Monaten verhängt. Berger habe sich
       der Steuerhinterziehung in drei Fällen schuldig gemacht, erklärte die
       vorsitzende Richterin Kathleen Mittelsdorf am Dienstag.
       
       Die Staatsanwaltschaft hatte eine Freiheitsstrafe von zehneinhalb Jahren
       sowie die Einziehung von Vermögenswerten gefordert. Die Ankläger hatten
       Berger vorgeworfen, von 2006 bis 2008 mit [1][Cum-Ex-Geschäften] einen
       Steuerschaden von rund 113 Millionen Euro verursacht zu haben. Bei den von
       Berger vermittelten Geschäften seien zudem über frühere Beschäftigte der
       Hypovereinsbank Dax-Aktien im Wert von 15,8 Milliarden Euro gehandelt
       worden. Profiteur war ein inzwischen verstorbener Immobilieninvestor. Die
       Gewinne habe man aufgeteilt.
       
       Der 72-Jährige gilt als einer der geistigen Väter des
       Cum-Ex-Betrugssystems, mit dem sich Investoren eine einmal gezahlte
       Kapitalertragssteuer auf Aktiendividenden vom Finanzamt mehrfach erstatten
       ließen. Dazu verschoben sie um den Stichtag für die Auszahlung der
       Dividende herum untereinander Aktien mit („cum“) und ohne („ex“)
       Dividendenanspruch. Experten schätzen den Gesamtschaden durch den
       Cum-Ex-Betrug auf einen zweistelligen Milliardenbetrag.
       
       Richterin Mittelsdorf erklärte, Berger sei zwar nicht der Erfinder der
       Cum-Ex-Struktur gewesen, die bereits vor ihm hauptsächlich im Eigenhandel
       der Banken erfolgreich umgesetzt worden sei. Jedoch habe er für deren
       Verbreitung unter vermögenden Privatinvestoren gesorgt und diesen ein
       „Rundum-sorglos-Paket“ angeboten.
       
       ## „Menschen wie Berger stehen nicht über dem Gesetz“
       
       Berger hatte sich 2012 nach der Durchsuchung seiner Kanzlei in die Schweiz
       abgesetzt. Er war im Februar 2022 an die deutsche Justiz ausgeliefert
       worden. Die in der Schweiz bereits vollzogene Auslieferungshaft werde auf
       die Strafe angerechnet, sagte Richterin Mittelsdorf.
       
       „Die Urteile gegen Hanno Berger senden wichtige Signale: Der Rechtsstaat
       ist wehrhaft, auch Menschen wie Hanno Berger stehen nicht über dem Gesetz“,
       kommentierte Gerhard Schick, Vorstand der Bürgerbewegung Finanzwende. Klar
       sei aber auch: „Wir befinden uns erst am Anfang der juristischen
       Aufklärung“, so Schick. Nur sehr wenigen der insgesamt 1.700 Beschuldigten
       sei mehr als zehn Jahre nach dem Stopp der unseriösen Geschäfte der Prozess
       gemacht worden.
       
       [2][Vom Landgericht Bonn war Berger im Dezember in einem anderen Verfahren]
       bereits zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt worden. Er
       hatte angekündigt, gegen dieses Urteil in Revision zu gehen. Berger hat
       stets erklärt, das Vorgehen sei ein legales Steuersparmodell. Doch im Juli
       2021 hatte der Bundesgerichtshof in einem Grundsatzurteil die
       Cum-Ex-Transaktionen als strafbar bewertet. Insgesamt ermitteln deutsche
       Staatsanwaltschaften gegen rund 1.500 Beschuldigte wegen
       Cum-Ex-Aktiendeals.
       
       Gegen Berger wurden zwei getrennte Prozesse geführt, da sich die
       Staatsanwaltschaften in Frankfurt und Köln, die jeweils die Auslieferung
       Bergers angestrengt hatten, nicht auf eine Zusammenführung der beiden
       Verfahren einigen konnten. In Bonn hatten die Ankläger Berger vorgeworfen,
       einen Steuerschaden von gut 278 Millionen Euro verursacht zu haben.
       
       Razzien bei Banken wegen des Cum-Ex-Komplexes gibt es immer noch, zuletzt
       etwa in den Frankfurter Büros der japanischen Investmentbank Nomura sowie
       von BNP Parisbas und in Frankreich bei den Großbanken Société Générale, BNP
       Paribas und HSBC. Die Deutsche Bank musste im September zusammen mit der
       Warburg Bank und The Bank of New York Mellon 60 Millionen Euro wegen der
       illegalen Aktiengeschäfte an den Fiskus zurückzahlen.
       
       30 May 2023
       
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