# taz.de -- Konflikt im Westjordanland: Razzia, Anschlag, Ausschreitungen
       
       > Nach einer Militär-Razzia und einem Anschlag auf Israelis ziehen
       > Siedler*innen durch palästinensische Dörfer. Die Gewaltspirale dreht
       > sich weiter.
       
 (IMG) Bild: In Jenin wurden bei Zusammenstößen mit israelischen Truppen fast 100 Menschen verletzt
       
       TEL AVIV taz | Eine eskalierte Razzia in einem Flüchtlingslager im
       Westjordanland, bei der mindestens sechs Palästinenser*innen getötet
       werden, ein Anschlag, bei dem vier Israelis getötet werden und
       Ausschreitungen von Siedler*innen in palästinensischen Dörfern – diese
       Abfolge der Vorfälle der letzten Tage ist so schon einmal geschehen.
       
       Im Februar eskalierte der Konflikt zwischen Palästinenser*innen und
       Israelis im Westjordanland ganz ähnlich: Razzia, Anschlag, Ausschreitungen.
       Damals gingen die Bilder der pogromartigen Übergriffe von Siedler*innen
       in dem [1][palästinensischen Dorf Huwara, im Norden des Westjordanlands],
       um die Welt. Die Siedler*innen sahen diese als gerechte Vergeltung für
       einen zuvor geschehenen Anschlag an, bei dem zwei Israelis von
       Palästinensern getötet worden waren.
       
       Nun also erneut: In der Nacht auf Mittwoch zogen Siedler*innen durch
       palästinensische Ortschaften, unter anderem auch Huwara, zerstörten Häuser,
       setzten Felder und Fahrzeuge in Brand, darunter auch einen Krankenwagen.
       
       Am Dienstagnachmittag hatten zwei palästinensische Attentäter bei einem
       Anschlag an einer Tankstelle nahe der Siedlung Eli im Westjordanland
       [2][vier Israelis getötet und vier weitere verletzt]. Einer der Attentäter
       wurde am Tatort von einem bewaffneten Zivilisten getötet, der zweite kurz
       darauf auf der Flucht.
       
       ## Attentäter waren Mitglieder der Hamas
       
       Die militante Hamas, die den Gazastreifen kontrolliert und versucht, im
       Westjordanland an Einfluss zu gewinnen, bezeichnete die beiden Attentäter
       als Mitglieder, bekannte sich aber nicht zu dem Anschlag. Der Anschlag, so
       die Hamas, sei eine Antwort auf die „Verbrechen der kriminellen
       Besatzungsregierung gegen die gesegnete Al Aqsa Moschee und ihre Aggression
       gegen Nablus und Jenin.“
       
       Sie beziehen sich damit auch eine Razzia des israelischen Militärs, die am
       Montag [3][im Flüchtlingslager von Jenin eskaliert war]. Mindestens sechs
       Palästinenser*innen wurden getötet oder starben an den Verletzungen,
       unter ihnen ein fünfzehnjähriges Mädchen und ein gleichaltriger Junge. Fast
       100 wurden verletzt.
       
       Zeitgleich mit den Ausschreitungen in den palästinensischen Dörfern zogen
       in der Nacht auf Mittwoch – wie schon im Februar – Hunderte von
       Siedler*innen zum Außenposten Evyatar, darunter auch Mitglieder der
       extrem rechten Regierungskoalition von Ministerpräsident Benjamin
       Netanjahu.
       
       Der Außenposten Evyatar – eine Siedlung, die auch nach israelischem Recht
       illegal ist – befindet sich im Norden des besetzten Westjordanlandes und
       ist in den letzten Jahren zu einem Herzstück der Kämpfe der
       Siedler*innen um das Land geworden. Die Bewohner*innen mussten den
       Außenposten im Juli 2021 räumen, im Gegenzug richtete dort jedoch das
       israelische Militär einen Stützpunkt ein, die Wohncontainer blieben intakt.
       
       ## Evyatar soll als dauerhafte Siedlung genehmigt werden
       
       Die [4][Siedler*innen] fordern, als Reaktion auf die tödlichen Schüsse
       vom Dienstag Evyatar als neue dauerhafte Siedlung zu genehmigen. Der extrem
       rechte Knessetabgeordnete Zvi Sukkot von der Partei Religiöser Zionismus
       tweetete ein Foto von sich und einigen anderen Siedlern im Außenposten:
       „Wir sind in der Nacht nach Evyatar zurückgekehrt. Diesmal für immer.“
       
       Die Geschichte wiederholt sich, doch dieses Mal scheinen Israel und die
       Palästinenser*innen noch näher an einer möglichen weiteren Eskalation
       der Lage zu sein als im Februar.
       
       Verschiedene Mitglieder der israelischen Regierungskoalition, unter ihnen
       auch der extrem rechte Minister für Innere Sicherheit Itamar Ben Gvir,
       fordern eine „großangelegte Operation“ im Westjordanland, die wiederum zu
       einer weiteren Eskalation führen könnte. Israelische Sicherheitskreise
       äußern sich zurückhaltender.
       
       21 Jun 2023
       
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