# taz.de -- Ampel reformiert Familienrecht: Mehr als Mama, Papa, Kind
       
       > Justizminister Buschmann will das Zusammenleben ohne Liebesbeziehung
       > rechtlich stärken. Auch für lesbische Mütter soll es endlich
       > Verbesserungen geben.
       
 (IMG) Bild: Justizminister Buschmann hatte die sogenannte Co-Mutterschaft schon vor einem Jahr versprochen
       
       BERLIN taz | „Wir werden das Familienrecht modernisieren.“ Das hatte die
       Ampel im Koalitionsvertrag versprochen. Nun soll tatsächlich etwas
       passieren: Bald nach der Sommerpause will Bundesjustizminister Marco
       Buschmann (FDP) Eckpunkte für die sogenannte Verantwortungsgemeinschaft
       vorlegen – für Menschen also, die füreinander Verantwortung übernehmen
       wollen, ohne eine romantische Beziehung zu führen.
       
       Und auch für lesbische Mütter soll es bald die lange ersehnten
       Verbesserungen geben: Das Bundesjustizministerium erklärte auf taz-Anfrage,
       es wolle „zeitnah“ Eckpunkte für eine [1][umfassende Reform des
       Abstammungsrechts] vorlegen.
       
       Zugutekommen soll die Verantwortungsgemeinschaft zum Beispiel älteren
       Menschen: Eine alleinstehende Seniorin zieht mit zwei Freundinnen zusammen.
       Die eine stürzt mit dem Rad und muss ins Krankenhaus. Bisher haben die
       anderen keinerlei Rechte, über ihren Zustand Auskunft zu erhalten. Solche
       Fragen seien „bislang auf die klassischen Familienbeziehungen
       zugeschnitten“, sagte Buschmann.
       
       Das soll sich nun ändern. Die Verantwortungsgemeinschaft soll laut
       Koalitionsvertrag zwei oder mehr Volljährigen offenstehen, die „dauerhaft“
       füreinander Verantwortung übernehmen wollen. Ein Ersatz für oder eine
       Gleichstellung mit der Ehe sei sie aber nicht, betonte Buschmann. So seien
       keinerlei steuerlichen Vorteile geplant.
       
       Gudrun Lies-Benachib vom Deutschen Juristinnenbund erkennt an, dass die
       Ampel Verantwortung füreinander künftig auch abseits der klassischen Ehe
       ermöglichen möchte. Sie sieht aber auch Schwierigkeiten bei der
       Ausgestaltung einer Verantwortungsgemeinschaft. So könne etwa ein
       Standesbeamter nicht mal eben so überprüfen, ob die Beantragenden
       eigentlich eine Liebesbeziehung hätten oder nicht. Damit könnte das
       Konstrukt auch von Menschen genutzt werden, die gar nicht Zielgruppe sind.
       Das sei gerade für Frauen in heterosexuellen Beziehungen problematisch.
       
       ## Ampel hat gleich mehrere Vorhaben
       
       „Die Verantwortungsgemeinschaft könnte zum Beispiel wegen der
       Auskunftsrechte für die vielen Paare, die gar nicht heiraten, als
       attraktive Alternative erscheinen“, so Lies-Benachib vom Deutschen
       Juristinnenbund. „Wenn sie dann aber auch eine traditionelle Arbeitsteilung
       leben, in der die Frau deutlich weniger verdient, und die Beziehung
       irgendwann auseinandergeht, stehen die Frauen ohne jeden Unterhaltsanspruch
       da.“ Diese Probleme müsse der Gesetzgeber im weiteren Verfahren im Blick
       haben.
       
       Es ist eines von einer ganzen Reihe Vorhaben der Ampel aus dem Bereich
       Familienpolitik. Schon für das vergangene Jahr hatte der Justizminister
       eigentlich die sogenannte Co-Mutterschaft versprochen: Lesbische Mütter
       sollten nicht länger ihre eigenen Kinder adoptieren müssen. „Die Arbeiten
       an dem Gesetzgebungsvorhaben sind weit vorangeschritten“, so ein Sprecher
       des Ministeriums.
       
       Bislang werden hetero- und homosexuelle Ehepaare [2][ungleich behandelt,
       wenn es um Elternschaft] geht: Ein Mann gilt automatisch als Vater eines
       Kindes, das seine Ehefrau zur Welt bringt – ganz unabhängig davon, ob er
       auch der genetische Vater ist. Eine Frau aber muss das Kind ihrer Ehefrau
       erst in einem langwierigen Verfahren adoptieren, um als Mutter zu gelten.
       Niemand solle sich „als Elternteil zweiter Klasse fühlen“ müssen, hatte
       Buschmann im Sommer 2022 gesagt.
       
       Im September vergangenen Jahres erhob die Gesellschaft für Freiheitsrechte
       (GFF) zusammen mit der Initiative Nodoption und einer betroffenen Familie
       Verfassungsbeschwerde. Auch mehrere Gerichte haben dem
       Bundesverfassungsgericht bereits entsprechende Fälle zur Prüfung vorgelegt.
       
       10 Aug 2023
       
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