# taz.de -- AfD-Kandidatenwahl: Verfassungsfeindliche Positionen
       
       > Die AfD-Bewerber für das Europaparlament werden vom Verfassungsschutz
       > genau beobachtet. Das Bundesamt erkennt rechtsextremistische
       > Verschwörungstheorien.
       
 (IMG) Bild: Alice Weidel, Bundes- und Fraktionsvorsitzende der AfD, auf der Europawahlversammlung in der Messe Magdeburg
       
       BERLIN/MAGDEBURG dpa/afp | Bei der Europawahlversammlung [1][der AfD in
       Magdeburg] sind nach Einschätzung des Verfassungsschutzes teilweise
       „rechtsextremistische Verschwörungstheorien“ verbreitet worden. Der
       Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, sagte
       der Deutschen Presse-Agentur am Sonntagabend: „Zwar sind die komplette
       Wahlbewerberliste und auch das Wahlprogramm für die Europawahl noch nicht
       final abgestimmt. Doch bereits jetzt zeigt sich, dass Personen, die in der
       Vergangenheit mit Positionen aufgefallen sind, die nicht mit unserer
       freiheitlichen demokratischen Grundordnung vereinbar sind, der
       AfD-Delegation im kommenden Europäischen Parlament angehören werden.“
       
       Vertreter des ehemaligen gemäßigteren Lagers hätten [2][bei der Aufstellung
       an diesem Wochenende so gut wie keine Rolle] mehr gespielt. „Vielmehr
       äußerten diverse Wahlbewerber rechtsextremistische Verschwörungstheorien,
       wie beispielsweise die vom sogenannten ‚Großen Austausch‘“, sagte
       Haldenwang. Er fügte hinzu: „Die bisherige Europawahlversammlung der AfD,
       die wir als Verdachtsfall bearbeiten, belegt einmal mehr unsere
       Einschätzung, dass innerhalb der Partei starke verfassungsfeindliche
       Strömungen bestehen, deren Einfluss weiter zunimmt.“
       
       Die AfD hatte [3][am Samstag und Sonntag in Magdeburg] ihre ersten 15
       Kandidaten für die Europawahl gewählt. Am Sonntagabend wurde die
       Versammlung unterbrochen, ab Freitag sollen rund 15 weitere Kandidaten
       gewählt werden.
       
       Das Wahlprogramm soll erst nach der Listenaufstellung beschlossen werden.
       Möglicherweise könnte es erst bei einer zusätzlichen Versammlung diskutiert
       werden, die spätestens im Januar stattfinden müsste. Erst dann wird
       feststehen, ob die AfD diesmal mit der Forderung antritt, die Europäische
       Union radikal zu reformieren, so dass wieder mehr Entscheidungen national
       getroffen werden. Es könnte sich aber auch das „Dexit“-Lager durchsetzen,
       das einen Austritt Deutschlands aus der EU befürwortet. Ein weiterer
       Streitpunkt dürfte die Haltung zur Nato sein.
       
       ## Anleihen an Identitäre Bewegung
       
       Irmhild Boßdorf, die am Wochenende auf Rang neun landete, warb in ihrer
       Bewerbungsrede mit einem Schlagwort der Identitären Bewegung um Stimmen.
       Sie forderte eine „millionenfache Remigration“ und sagte, eher als den
       menschengemachten Klimawandel sollten die Deutschen den „menschengemachten
       Bevölkerungswandel“ fürchten. Das Bundesamt für Verfassungsschutz führt die
       Identitäre Bewegung in seinem aktuellen Bericht im Kapitel zu
       Rechtsextremismus auf. Das Kölner Verwaltungsgericht hatte 2022
       festgestellt, in der „massiven ausländerfeindlichen Agitation“ der Bewegung
       komme „eine Missachtung der im Grundgesetz konkretisierten Menschenrechte
       zum Ausdruck. Aussagen wie „Remigration“ oder „Bevölkerungsaustausch
       stoppen“ seien ausländer- und islamfeindlich.
       
       Andere Listenplätze gingen an AfD-Vertreter, die „Multikulti“ oder eine
       „Masseneinwanderung“ beklagten. Platz zwei sicherte sich der bayerische
       Bundestagsabgeordnete Petr Bystron. In seiner Bewerbungsrede sagte er: „Das
       Schlimmste, die Migrantenquoten, die zwangsweise Zuweisung von Migranten,
       das ist ein Angriff auf alles, was uns lieb ist, unsere Kultur, unsere
       Religion, ja, unsere Heimat.“
       
       Das Bundesamt für Verfassungsschutz hatte die AfD im März 2021 als
       rechtsextremistischen Verdachtsfall eingestuft. Diese Einstufung, die den
       Einsatz von nachrichtendienstlichen Mitteln erlaubt, hatte das Kölner
       Verwaltungsgericht im März 2022 bestätigt. Die AfD legte Berufung ein. Das
       Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht in Münster ist noch nicht
       abgeschlossen.
       
       Am Samstag hatten sich Vertreter der deutschen Wirtschaft besorgt über den
       Höhenflug der AfD in den aktuellen Umfragen geäußert. „Die Partei lehnt
       vieles ab, was für unsere Wirtschaft wichtig ist, etwa Zuwanderung oder den
       Euro“, sagte der Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau
       (VDMA), Karl Haeusgen, der Welt. „Das könnte zu einem negativen
       Standortfaktor werden.“ Zudem leugne die AfD den menschengemachten
       Klimawandel und seine Folgen.
       
       Der Chef des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI), Siegfried
       Russwurm, sagte dem Münchner Merkur, die AfD entwickle sich zum
       zusätzlichen Risiko für den Industriestandort. „Als BDI-Präsident sage ich
       ganz klar: Deutschland lebt von seiner weltweiten Vernetzung. Und jede
       Politik, die diese Vernetzung reduzieren will, schadet dem
       Wirtschaftsstandort und damit uns allen.“ Außerdem brauche Deutschland
       qualifizierte Zuwanderung, allein schon für den Arbeitsmarkt.
       
       31 Jul 2023
       
       ## LINKS
       
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