# taz.de -- Erinnerungen an die Kindheit: Marmeladengläser und kleine Krokodile
       
       > Woran sich Kinder später erinnern werden, hat man nicht in der Hand. Sie
       > entwickeln eine eigene Perspektive auf ihre Kindheit.
       
 (IMG) Bild: Rumhüpfen im Regen: Flüchtiger Moment oder prägende Erinnerung?
       
       Heute sind die Kinder barfuß und kreischend im Sommerregen durch den Garten
       ihres Opas gelaufen, bis sie klatschnass waren. Ich habe ihnen eine Weile
       dabei zugesehen und mich so darüber gefreut, wie sie sich darüber freuen,
       dass mir ganz warm ums Herz wurde. Ob sie sich an [1][diese Momente mal
       erinnern werden können]? Hoffentlich. Und hoffentlich vergessen sie gleich
       auch all die Momente, in denen es nicht so schön war. [2][Wenn ich
       ungeduldig war und ihnen nicht zugehört habe]. Wenn ich mich geärgert habe
       und sie entnervt dazu gedrängt habe, schneller zu machen.
       
       Auf Instagram habe ich mal gelesen, dass Leute diese schönen, leichten
       Momente, die scheinen, wie aus einem Werbekatalog für Fortpflanzung
       gerissen, gerne als „Marmeladenglasmomente“ bezeichnen. Ich habe nur leider
       nie so recht verstanden, wieso. Ich vermute, das soll heißen, dass man die
       Momente in Marmeladengläsern aufheben soll, um sie später wieder anzusehen.
       
       Aber wer hebt denn irgendwas in Marmeladengläsern auf? Also außer
       Marmelade, Schrauben oder große Spinnen, die man einfängt, damit sie jemand
       anders, der sich nicht so ekelt, später wieder freilassen kann. Ich hebe
       Dinge eher in Ramschschubladen auf. Aber Ramschschubladenmomente klingt
       eben nicht so lieblich.
       
       Ich verstehe aber, woher der Impuls kommt, diese Momente benennen zu
       wollen. Sie schwimmen wie kleine Inseln in dieser grün-gelben Suppe aus
       Familienalltag und man kann sich für eine Weile auf ihnen ausruhen. Sie
       geben ein wenig Zuversicht, dass man vielleicht doch auch ein paar Dinge
       richtig macht in dieser ganzen Kindersache. Denn um das Gefühl zu haben,
       dass man als Eltern alles falsch macht, braucht man nicht mal von Natur aus
       sehr anfällig für Selbstzweifel sein, man braucht nur zwei Kleinkinder. Im
       Alter von 2 und 5 können sie in Kombination eine absurde Menge an absurden
       Forderungen und starken Gefühlen entwickeln, denen kein Mensch ständig
       gerecht werden kann.
       
       ## Das Unangenehme vergessen
       
       Und wenn ich ihnen dann so zusehe, wie sie durch den Regen rennen,
       jauchzend vor Vergnügen, dann vergesse ich, dass sie sich vor einer halben
       Stunde noch die Köpfe einschlagen wollten wegen eines Balls, den noch
       Sekunden davor keiner wollte. Ich vergesse, dass die Kinder nach diesem
       Spektakel noch baden müssen und dass Haarewaschen mit dem Kleinen gerade
       ist, als würde man versuchen, einem kleinen Krokodil die Zähne zu putzen.
       Ich vergesse, dass gleich wieder jemand pullern muss oder hungrig ist,
       obwohl es gerade eben erst Essen gab.
       
       Manchmal frage ich mich, ob die Kinder sich später an eine genervte, müde
       und ungeduldige Mutter erinnern werden. Oder an eine Mutter, die sie
       anlächelt, während sie durch den Regen laufen. Ich kann es nicht
       beeinflussen, denn ich bin definitiv beides und die Kinder werden ihre
       eigene Perspektive auf ihre Kindheit entwickeln. Sie werden vieles erst
       später richtig verstehen und ich vermutlich auch.
       
       1 Aug 2023
       
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