# taz.de -- Hubert Aiwanger und das Nazi-Pamphlet: Die Unschuld längst verloren
       
       > Auch wenn das widerliche Flugblatt nicht von Hubert Aiwanger verfasst
       > worden ist, bleiben zu viele Fragen. Eine Entschuldigung hingegen fehlt.
       
 (IMG) Bild: Aiwanger sollte ehrlich aufklären, statt zu relativieren
       
       Nehmen wir es doch einfach mal an. Nehmen wir doch mal an, das
       [1][widerliche Nazi-Flugblatt, das 1987 im Burkhart-Gymnasium die Runde
       machte], sei nicht von Hubert Aiwanger verfasst worden, sondern [2][von
       seinem Bruder]. Nehmen wir also weiter an, die Süddeutsche Zeitung sei bei
       ihren Recherchen übers Ziel hinausgeschossen, habe Zeugen zu viel geglaubt,
       voreilige Schlüsse gezogen oder sei gar einem Jagdeifer verfallen, der
       seriösen Journalistinnen und Journalisten schlecht ansteht. Wäre der Kas
       dann bissen? Sprich: Hätte sich die Sache erledigt? Mitnichten.
       
       Natürlich gilt die Unschuldsvermutung auch für einen Aiwanger. Und
       natürlich sprechen wir von einem damals 16-Jährigen. Auch Politiker müssen
       sich nicht ein Leben lang vorhalten lassen, welchen Mist sie unter
       Umständen als Jugendliche verzapft oder angestellt haben. Sarah-Lee
       Heinrich, Bundesvorsitzende der Grünen Jugend, hat gar nicht so lange vor
       ihrer Wahl noch recht radikale Tweets abgesetzt, die sie heute nicht mehr
       wiederholen würde. Jürgen Baumgärtner, CSU-Abgeordneter im Bayerischen
       Landtag, war als Jugendlicher sogar Neonazi – eine Vergangenheit, von der
       er sich glaubhaft verabschiedet hat.
       
       Gern würde man auch Aiwangers Schultasche ein für allemal schließen. Doch
       der Fall ist anders gelagert. Zu viele Fragezeichen stehen noch im Raum.
       Hat Helmut Aiwanger [3][das Pamphlet] wirklich alleine verfasst und warum?
       Seine Äußerungen dazu sind dürr und wenig schlüssig. Eine Klasse
       wiederholen zu müssen, kann wütend machen – ist aber kein Motiv,
       Holocaust-Opfer zu verhöhnen. Und Hubert Aiwanger hat das Pamphlet mit sich
       rumgetragen, vielleicht verbreitet. Ein Bedauern darüber hat man nicht
       gehört.
       
       ## Nur lauwarme Relativierungen
       
       Und nicht zuletzt das große Fragezeichen: Wie hält der Mann es heute mit
       rechtem Gedankengut? Da haben viele ihre Zweifel. Vor allem [4][nach
       Erding], nach seinem Auftritt bei Lanz. Nicht zuletzt, weil sich Aiwanger
       nie entschuldigt hat; man hört allenfalls lauwarme Relativierungen.
       
       Mit der reinen Stilisierung der eigenen Person zum Opfer ist es deshalb
       nicht getan. Bedroht sei er von seiner Schule worden, unter Druck gesetzt.
       Lächerlich! Das Bild der Unschuld vom niederbayerischen Lande braucht
       Aiwanger nicht zu malen. Stattdessen sollte er aufklären, wie es zu der
       Hetzschrift kam und was seine Rolle dabei war. Andernfalls wäre es an der
       Zeit, ihm die Tür zu zeigen. Das könnte sein Chef Markus Söder tun. Oder
       seine Partei, die Freien Wähler. Zwei unwahrscheinliche Szenarien. Bleiben
       die bayerischen Wählerinnen und Wähler. Am 8. Oktober wird gewählt. Und ja,
       die Wähler in Bayern sind – frei.
       
       27 Aug 2023
       
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 (DIR) Dominik Baur
       
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