# taz.de -- Alkoholverbot um Bremens Hauptbahnhof: Der Wunsch nach sozialer Säuberung
       
       > Zum Wohle der Volksgesundheit den Alkoholkonsum zurückdrängen? Da gäbe es
       > viel zu tun. Bremens Verbot aber zielt nur auf Vergrämung
       > Hilfsbedürftiger.
       
 (IMG) Bild: Ein Prosit aufs Alkoholverbot! Ulrich Mäurer (SPD) beim Freimarkt 2015
       
       Kennen Sie noch Edmund Stoiber (CSU)? Das war der bayrische
       Ministerpräsident, der sich gegen das [1][peinliche Gerücht] zur Wehr
       setzen musste, er stemme stets nur Maßkrüge [2][voll Kamillentee]. Ulrich
       Mäurer (SPD), dem Bremer Innensenator, auf dessen Betreiben Bremen jetzt in
       Bahnhofsnähe Alkoholkonsum verbietet, wird so etwas nie unterstellt.
       
       Er ist ein gern fotografierter Volksfestbierfassanstecher. Und im Mai 2023
       hat Bürgermeister Andreas Bovenschulte (SPD) im Bürgerpark mit gekonnten
       Holzhammerschlägen den Zapfhahn in ein Haake-Beck-Fässchen [3][getrieben].
       
       Damit hatte die Biergartensaison begonnen, also die Zeit, in der die
       Gastronomie den öffentlichen Raum fröhlich besetzt, um Leute mehr oder
       minder gepflegt abzufüllen: Bremen ist ja ein Bier-Ort. Bremer Bier ist
       eine geografisch geschützte Herkunftsbezeichnung. Und vielfach wird klar
       gemacht: Saufen ist hier eine geradezu erwünschte Tätigkeit, wenn nicht gar
       eine lokalpatriotische Pflicht.
       
       So hat der örtliche Fußballverein [4][keine Promillegrenze für den
       Stadionbesuch erlassen], und dem Innensenator ist es wichtig, für
       anreisende Fans eine Alkoholverbotsausnahmeregelung zu formulieren. Zudem
       hängt die Stadt voller Plakate, die zum Alkoholkonsum ermutigen. Auch im,
       am und um den Bahnhof herum. Also da, wo künftig Alkohol an den
       Bushaltestellen verboten sein soll.
       
       ## Mit Alkoholverboten gegen Crack? Klingt logisch!
       
       Nun mag sein, dass sich Bremens räumliches Verbot, anders als die in
       Berlin-Buch, Freiburg und so weiter, als gerichtsfest erweist. Schließlich
       gibt es ein massives Crack-Problem im Bahnhofsumfeld. Da ist es nur
       logisch, Alkohol zu verbieten, denn Crack ist ja bereits verboten. Zudem
       beobachtet die Kriminalitätsstatistik einen massiven Anstieg
       rauschbedingter Straftaten, den Fachleute dort lokalisieren: Eine abstrakte
       Gefahr wäre demnach vorhanden.
       
       Auch will man keine so delirierend ausufernde Prohibitionszone einrichten,
       [5][wie Hamburg sie plant]. Schwierig wird indes zu argumentieren, dass es
       keine milderen Mittel gegeben hätte, gefährlichen Alkoholkonsum
       zurückzudrängen, Mittel, die Arme weniger diskriminieren und Menschen ohne
       Obdach weniger verdrängen würden.
       
       Verwunderlich ist das nicht. Denn die Regelung verfolgt kein
       gesundheitspolitisches Ziel. Sie ist getragen vom Wunsch nach sozialer
       Säuberung.
       
       8 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.spiegel.de/panorama/oktoberfest-stoibers-ehre-oder-die-geruechte-vom-kamillentee-a-507288.html
 (DIR) [2] https://www.derstandard.at/story/1047285/in-den-masskrug-kommt-nur-kamillentee
 (DIR) [3] https://www.bremer-biergipfel.de/
 (DIR) [4] https://www.augsburger-allgemeine.de/sport/promillegrenze-im-stadion-regeln-der-bundesliga-vereine-id67542486.html
 (DIR) [5] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Alkoholverbot-in-der-Naehe-des-Hamburger-Hauptbahnhofs-geplant,hauptbahnhof588.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Benno Schirrmeister
       
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