# taz.de -- Tory-Parteitag in Großbritannien: Ein Feuerwerk an Ankündigungen
       
       > Premier Sunak spricht in seiner Abschlussrede viel von „Wandel“.
       > Klassische Tory-Themen streift er nur, aber stellt sich als Nachfolger
       > Thatchers dar.
       
 (IMG) Bild: Premierminister Rishi Sunak beim Parteitag der Torys am 4. Oktober in Manchester
       
       BERLIN taz | „Die erfolgreichste multiethnische Demokratie der Welt“ –
       Rishi Sunaks Charakterisierung von Großbritannien in seiner Rede zum
       Abschluss des Jahresparteitags der von ihm geführten britischen
       Konservativen klang wie eine direkte Entgegnung des Premierministers auf
       seine eigene Innenministerin Suella Braverman.
       
       Die hatte vor wenigen Tagen behauptet, der Multikulturalismus sei
       gescheitert. Dass Braverman jetzt im Publikum enthusiastisch nickte, als
       Sunak sie vom Podium aus auf diese Weise in die Schranken wies, rückte zum
       Parteitagsende in Manchester einiges wieder gerade, was in den vergangenen
       Tagen von der Tory-Rechten an bizarren Eindrücken erzeugt worden war. „Ich
       bin stolz, der erste britisch-asiatische Premierminister zu sein“, rief er
       zu donnerndem Applaus, „und ich bin ich noch stolzer, dass das keine große
       Sache ist“.
       
       Für Rishi Sunak, der vor einem Jahr Liz Truss ablöste, war es der erste
       Parteitag als britischer Premierminister. Viele fürchten, es könnte auch
       der letzte sein. Sunak hielt dagegen. „Langfristige Entscheidungen für eine
       leuchtendere Zukunft“, so das diesjährige Parteitagsmotto, ganz so als
       stünden die Tories am Anfang einer neuen Blüte und nicht an deren Ende.
       „Unsere Mission ist, das Land fundamental zu verändern“, sagte Sunak, ganz
       so als hätte seine Partei gerade erst die Macht errungen und nicht schon
       2010.
       
       Sunak war bestrebt, sich abzugrenzen – von seinen innerparteilichen
       Gegnern, von der aufstrebenden Labour-Opposition und von all seinen
       lebenden Vorgängern, ob Labour oder Tory. Die britische Politik
       funktioniere seit 30 Jahren nicht mehr, analysierte er: zu viele
       eingefahrene Interessen, zu viel kurzfristiges Denken. [1][Labour]-Chef
       Keir Starmer „ist die wandelnde Definition der dreißig Jahre Stillstand,
       die ich beenden will“.
       
       Dreißig Jahre sind nicht nur die letzten 13 Jahre konservative Regierung
       unter David Cameron, Theresa May, [2][Boris Johnson] und Liz Truss, sondern
       auch die 13 Jahre Labour-Regierung davor unter Tony Blair und Gordon Brown
       sowie deren konservativer Vorgänger John Major. Sunak stellte sich so
       direkt in die Nachfolge der 1990 abgetretenen Margaret Thatcher. Er nannte
       die Konservativen „die Partei der Krämerstochter und des Apothekersohns“,
       also Thatcher und er selbst.
       
       ## Preisdeckel für Busfahrscheine
       
       Kern von Sunaks Rede war ein wahres Feuerwerk an Ankündigungen. Die
       umstrittene Hochgeschwindigkeitsbahn HS2, die von London aus zunächst nach
       Birmingham und später nach Nordengland führen soll und deren Kosten
       komplett aus dem Ruder laufen, wird jenseits der weit fortgeschrittenen
       Strecke London–Birmingham gestoppt und 36 Milliarden Pfund (41,6 Milliarden
       Euro) frei gewordene Gelder in bessere lokale Verkehrsverbindungen
       gesteckt, die Sunak zu zunehmender Begeisterung seiner Zuhörer akribisch
       aufzulisten begann, sowie in einen landesweiten Preisdeckel für
       Busfahrscheine von 2 Pfund (2,30 Euro). Sunak nannte HS2 „das ultimative
       Beispiel des alten Konsenses“, den er überwinden wolle.
       
       Daneben streifte der Premier eher kursorisch vertraute Programmpunkte der
       Tories, vom Kampf gegen illegale Einwanderung bis zur Reform der
       Schulabschlüsse. Weiter argumentierte er nachdrücklich für ein Verbot des
       Tabak- und Zigarettenverkaufs. Und zum Abschluss betonte er wieder das
       Thema „Wandel“. Wer Großbritannien verändern wolle, solle mit den
       Konservativen stehen, rief er zu Applaus. „Es ist Zeit für Wandel, und das
       sind wir.“
       
       4 Oct 2023
       
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