# taz.de -- Gefährliche TikTok-Trends: Deo-Aroma auf Lunge
       
       > Challenges bei TikTok sind sehr beliebt bei Jugendlichen, selbst wenn sie
       > lebensgefährlich sind. Nun warnt das Bundesinstitut für Risikobewertung.
       
 (IMG) Bild: Schmerz-Challenge mit Deospray als Zeitvertreib
       
       BERLIN taz | Auf TikTok jagt ein Trend den nächsten. Ein großes
       [1][Oversized T-Shirt wird unter dem Namen „SubwayShirt“ zum neuen
       Modetrend] und ein Friseur in der Schweiz wird durch seinen [2][schlechten
       Haarschnitt, den „Edgar“], zur neuen Pilgerstätte für junge Männer.
       Unterhaltsam, mehr oder weniger sinnvoll, aber harmlos. Für viele
       Challenges auf der Social-Media-Plattform gilt das aber nicht – im
       Gegenteil: Sie sind hochgefährlich.
       
       Erst [3][Ende August ging die „Hot-Chip-Challenge“], bei der sich die
       Teilnehmerinnen und Teilnehmer beim Verzehr der schärfsten Tortilla-Chips
       filmten, viral. Die Videos wurden millionenfach geschaut und ermutigten
       viele zum Teilnehmen. Normale Symptome nach dem Verzehr seien laut
       Hersteller schwitzen und tränen. Für einige Jugendliche endete es aber mit
       schweren Atemschwierigkeiten und Magenproblemen.
       
       Doch wie alles auf TikTok wurde diese Mutprobe schnell von einer neuen
       abgelöst: die Deo-Challenge. Auch sie wurde bei vielen Jugendlichen schnell
       beliebt, wobei sich besonders zwei Varianten durchsetzten. Bei der ersten
       Variante sprühen sich die Jugendlichen so lange wie möglich auf ein und
       dieselbe Hautstelle. Im Extremfall können so schnell Temperaturabsenkungen
       von bis zu –30 °C erreicht werden. Dies kann zu Kälteverbrennungen führen.
       Die betroffenen Stellen können dadurch absterben und müssen dann ersetzt
       werden.
       
       In der zweiten Variante atmen die Jugendlichen die Aerosole des Deos
       bewusst ein. Diese hoch konzentrierten Inhaltsstoffe können so direkt das
       Herz und den Kopf schädigen, was unmittelbar zu Bewusstseinsverlust,
       Herzversagen und Atemlähmung führen kann. Laut Medienberichten sollen in
       Deutschland bereits Jugendliche an den Folgen dieser Mutprobe gestorben
       sein.
       
       ## Bundesinstitut warnt
       
       Expertinnen und Experten des Bundesinstituts für Risikobewertung [4][warnen
       nun vor den missbräuchlichen Anwendungen für alle Altersgruppen]. Auch
       TikTok hat inzwischen eine Warnung ausgesprochen. Suchen Jugendliche nach
       Videos der Challenge, werden sie keine mehr finden, stattdessen kommt ein
       Hinweis: „Einige Online-Challenges können gefährlich, verstörend oder
       inszeniert sein“.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass die App solche Suchen sperren musste. Denn
       die Deo- und die Hot-Chip-Challenge sind keine Phänomene aus dem Jahr 2023.
       Immer wieder nehmen Jugendliche an gefährlichen Mutproben auf TikTok teil.
       
       Bei der sogenannten „Mouth Taping“-Challenge klebten sich Jugendliche vor
       dem Schlafengehen den Mund zu. Dies kann zu Sauerstoffmangel im Gehirn
       führen. Bei der „Salt“-Challenge versuchten die Teilnehmenden so viel Salz
       wie möglich zu schlucken, was zu einer Vergiftung führen kann. Und bei der
       „Cinnamon“-Challenge wurde versucht, Zimt in großer Menge durch die Nase
       einzuatmen, wodurch die Atemwege beschädigt wurden.
       
       Besonders erschreckend ist die sogenannte „Blackout“-Challenge, die seit
       2021 bei vielen Jugendlichen Anklang findet. Dabei müssen sich die
       Teilnehmenden so lange würgen, bis sie ohnmächtig werden. Mehrere Kinder
       und Jugendlichen sind an den Folgen der Challenge verstorben, trotzdem gab
       es viele Nachmacher. Nur warum?
       
       „TikTok-Challenges sind im Grunde genommen eine Art Mutprobe, die vor allem
       bei Jugendlichen Anklang finden. Durch Hashtags oder das Verlinken, das
       Nominieren weiterer Freund*innen, erreichen solche Challenges eine große
       Reichweite und Aufmerksamkeit“, sagt Lisa Mutschke, Expertin vom Institut
       für Medienpädagogik (JFF). Besonders beliebt seien die Challenges, die
       viral gehen und so zum Trend werden.
       
       Besonders das Alter spiele laut Mutschke eine wichtige Rolle. „Die App ist
       vor allem bei 10- bis 16-Jährigen sehr beliebt. In dieser Lebensphase
       entwickeln junge Menschen eine eigene Identität und streben nach einer
       gewissen Selbstwirksamkeit. TikTok begünstigt dies – die Inhalte sind
       leicht zugänglich und äußerst interaktiv gestaltet.“ Wenn viele Jugendliche
       die gleichen Challenges sehen und daran teilnehmen, bekräftigt das das
       Gefühl von Gemeinschaft und Zugehörigkeit.
       
       ## Klassische Mutproben ins Netz verlegt
       
       Doch durch die gefährlichen Mutproben entsteht nicht nur ein
       Gemeinschaftsgefühl. „Sie schaffen einen Anreiz, sich mit anderen zu
       messen, um so Anerkennung zu erfahren“, so Mutschke. Das Jugendliche sich
       gegenseitig herausfordern, sei demnach kein neues Phänomen. „Mutproben
       unter jungen Menschen gab es schon immer. Nur finden diese mittlerweile
       eben im digitalen Raum statt und sind auf Social Media nicht mehr
       wegzudenken“.
       
       Mutschke bezweifelt, dass sich die Kinder und Jugendlichen den Gefahren der
       Challenges nicht bewusst seien. Allerdings werden junge Menschen auf Social
       Media täglich mit einer Flut an Informationen, Bildern und Videos
       konfrontiert. Das kann ziemlich herausfordernd sein. „Wichtig ist, dieses
       Bewusstsein zu stärken und immer wieder einen Reflexionsprozess
       anzustoßen.“
       
       Dafür ist es wichtig, dass sich Eltern und Lehrkräfte direkt mit ihnen
       austauschen. Jedoch hat Mutschke schon häufig beobachtet, dass viele von
       ihnen noch unsicher sind, weil sie wenig über Social-Media-Phänomene wissen
       oder überfordert sind. Wenn dieser Eindruck auch bei den Kindern und
       Jugendlichen entsteht, kann es sein, dass sie sich nicht mehr an Eltern und
       Lehrkräfte bei Herausforderungen mit Medien wenden.
       
       22 Sep 2023
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Tiktok-Trend-Subway-Shirt-fuer-Frauen/!5950216
 (DIR) [2] /Neuer-Frisurentrend/!5954831
 (DIR) [3] /Tiktok-Hype-um-Takis-Chips/!5956380
 (DIR) [4] https://www.bfr.bund.de/cm/343/deo-challenge-missbraeuchliche-anwendung-kann-die-gesundheit-schwer-schaedigen.pdf
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Laura Verseck
       
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